Hilfe, ich habe Urlaub
für acht Uhr abends. Wenn meiner Mutter das Essen geschmeckt hatte, klopfte sie sich auf den Bauch, streckte ihre Zunge ein paar Zentimeter heraus, leckte sich die Lippen und sagte: »Lecker, lecker.« Meine Mutter redet normalerweise anders.
Ab und zu fielen mir wirklich wieder ein paar Brocken Spanisch ein - meistens die, die ich nicht brauchen konnte. Alles war gut (bueno), weil ich das Wort für schlecht vergessen hatte.
Wir mußten viel lächeln, verbeugten uns oft, nickten, und wenn die Sache wirklich frustrierend wurde, platzte ich heraus: »Mein Sohn kommt mit einem Wörterbuch nachgereist. Halten Sie durch. Übermorgen kommt er an, und die Dinge werden sich bessern.« Natürlich hatten die keine Ahnung, wovon ich redete.
Am allerersten Morgen in der Villa kam die Haushälterin, Marguerita, zu mir und ging mit mir in die Küche. Sie hängte mir einen sehr großen Einkaufskorb über den Arm und deutete zur Tür. Deutlicher kann man nicht werden. Ich sollte auf dem Markt Lebensmittel kaufen, und Maria würde sie zubereiten.
Ich versammelte die Frauen unserer Familie und gab jeder einen Auftrag. Eine sollte »Fleisch finden«, eine sollte in die Bäckerei, eine zu einem Fischladen und eine zu den Ständen mit Obst und Gemüse. Dann gab ich eine Universaldrohung aus, die besagte, daß keine es wagen sollte, mit leeren Händen zurückzukommen.
Es war kein Problem, auf die gewünschten Sachen zu zeigen. Was uns zu schaffen machte, waren nur die Rückfragen auf Katalanisch, wenn wir sagen sollten, wieviel wir brauchten. Die Kaufleute waren sehr verständnisvoll. Sie begriffen, daß wir überhaupt nichts begriffen, und häuften uns ihre Ware in die Körbe.
Nach ein paar anstrengenden Stunden auf dem Markt ließ ich mich in einem kleinen
Straßencafé in einen Stuhl fallen, wo mein Mann mich erwartete, und winkte nach einem Kellner. »Una cabeza«, sagte ich deutlich. Der Kellner starrte mich entgeistert an. Ich wiederholte meinen Wunsch.
Dann drehte ich mich zu meinem Mann um: »Ist es noch zu früh, um ein Bier zu bestellen, oder was?«
»Du möchtest cerveza«, sagte er. »Du hast gerade einen Kopf bestellt.«
Ich schluckte. Es wurde Zeit, daß mein Sohn mit dem Wörterbuch ankam.
Vier Jahre hatte er an der Universität von Südkalifornien studiert, und nun fing es an, sich ein wenig zu lohnen. Er war in der Lage, unsere Rückflüge telefonisch bestätigen zu lassen, dem Personal zu sagen, was wir essen wollten, frische Handtücher zu bestellen und Auskunft über Sehenswürdigkeiten zu erhalten.
Es gab weder Fernsehen noch Radio im Haus, was keine Rolle spielte, weil, wir sowieso nicht in der Lage gewesen wären, etwas zu verstehen. Also mußten wir unsere Phantasie bemühen, um unsere Abende zu gestalten. Es war lange her, seit wir das getan hatten. Jemand hatte in weiser Voraussicht das Spiel »Trivial Pursuit« mitgebracht, und jeden Abend versammelten wir uns wie ein Rateteam in der Bibliothek. Ich hatte schon immer die Theorie, daß Familien, die Spiele spielen, sich gegenseitig auf die Nerven gehen. Meine Meinung hat sich nicht geändert.
Ich selbst bin für Spiele zu ungeduldig. Vor allem Denkspiele regen mich auf. Wenn ich auf etwas keine Antwort weiß, sage ich: »Ich weiß es nicht, und es kümmert mich nicht«, und ich gebe den Würfel weiter. Ich spiele Spiele und hoffe, daß sie bald vorbei sind. Andere Leute spielen Spiele und kosten jede Sekunde aus.
Mein Sohn war am schlimmsten. Jedesmal, wenn er eine Frage beantworten sollte,
verlängerte sich die Spieldauer um zehn Minuten. Er behauptete, es gäbe keine Frage, die man nicht mit den Mitteln der Logik beantworten könne.
Logik braucht Zeit. Viel Zeit.
»Also«, sagte meine Tante und zog eine Karte, »aus Wissenschaft und Natur: Wie viele Teile hat der Magen einer Kuh?«
»Das weißt du nicht«, sagte ich. »Gib den Würfel weiter.«
»Einen Augenblick«, meinte er. »Gib mir eine Chance.«
»Du hast keine Ahnung von Kühen«, beharrte ich.
»Das weißt du doch nicht«, verteidigte er sich.
»Ich weiß, daß du mit sieben Jahren an einem Namenswettbewerb für eine Kuh teilgenommen hast. Dein Vorschlag war: dicker Willie. Du hast überhaupt keine Ahnung von Kühen.«
Dann versenkte er sich in eine Art Hypnose und sagte: »Laß mal sehen - ein Wagen hat ein Fach für Handschuhe, ein U-Boot hat mindestens eine Trennwand, ein Schlafwagenabteil im Zug ist auch abgetrennt. Ich schätze, bei einer Kuh sind es vier.«
»Stimmt«,
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