Hilfe, ich habe Urlaub
Fluggesellschaft es ist, aber kurz bevor die Maschine am Flugsteig zum Stillstand gekommen ist, meldet sich der Kapitän über Lautsprecher und verkündet: »Sie haben soeben den sichersten Teil Ihrer Reise hinter sich gebracht!«
Wenn ich die Reihe der Taxis sehe, die am Bordstein auf die ankommenden Passagiere
warten, kann ich nur mit dem Kopf nicken und murmeln: »Ist das nicht die Wahrheit?«
Die Vertrauensseligkeit, mit der wir zu einem völlig Fremden in einen Wagen steigen und annehmen, er würde uns jetzt dahin bringen, wo wir hin müssen, ist fast schon rührend.
Ich hatte mal einen Fahrer, der sich auf der Autobahn nach San Diego mit ein paar anderen Verrückten bei heruntergekurbelten Fenstern ein lautstarkes Duell lieferte.
Ich erwartete, jeden Moment in den Lauf einer Kanone zu blicken.
Ein anderes Mal lehnte sich der Fahrer meines Taxis tatsächlich aus dem Fenster seines Wagens und reichte dem Chauffeur eines Luxuswagens einen Straßenplan, damit der ihm einen Kreis um mein Hotel zeichnete. Dabei fuhren wir ungefähr hundert Stundenkilometer.
Aber der Abend, an dem ich allein in New York ankam, war der absolute Höhepunkt in
meiner Karriere als Taxifahreropfer. Ein Kerl sah, wie ich mein Gepäck vom Band nahm, riß es mir aus den Händen und befahl: »Ich habe einen Wagen, folgen Sie mir!«
Erma, das Dummerchen, folgte ihm brav zu dem Parkplatz, wo er mein Gepäck in seinen
Kofferraum schmiß und sagte: »Steigen Sie ein. Ich besorge noch ein paar andere Fahrgäste.«
»Halt mal!« rief ich. »Das ist kein richtiges Taxi. Ich will ein richtiges Taxi mit einem richtigen Fahrer. Geben Sie mir mein Gepäck wieder.«
Er zuckte mit den Achseln und tat mir den Gefallen. Am Taxistand stieg ein netter junger Mann aus seinem Taxi, hielt mir die Tür auf und fragte: »Müssen Sie nach Manhattan? Na, dann geben Sie mir Ihre Tasche.« Das war schon besser.
Ich unterhalte mich immer gern mit Taxifahrern. Auf diese Weise kriege ich nicht nur mit, was die Leute so denken, sie erfahren auch, daß ich eine treusorgende Mutter bin, und werden es sich zweimal überlegen, bevor sie leichtsinnig losrasen.
Dieser hier war ein wunderbarer Fahrer.
»Was haben Sie denn getan, bevor Sie Taxifahrer wurden?« fragte ich.
»Ich habe im Priesterseminar studiert.« Ich sah seine großen braunen frommen Augen im Rückspiegel.
Ich habe wohl zum Himmel geblickt und stumm die Lippen bewegt: »Gott, ich danke dir.«
»Wieso haben Sie aufgehört?« fragte ich.
»Es wurde mir nahegelegt, als ich immer öfter diese Stimmen hörte.«
»Sie haben Stimmen gehört?«
»Das sollte ich Ihnen nicht erzählen«, sagte er. »Sie hören mir zu und sind dann hinter mir her.«
»Ich habe Verständnis dafür, wenn Sie nicht darüber reden wollen«, wehrte ich erschrocken ab.
»Eines Abends«, fuhr er sehr erregt fort, »genau hier auf diesem Sitz … nahm einer von ihnen Gestalt an. Ich dachte, ich könne es nicht aushalten. Mein Kopf schmerzte. Ich mußte den Wagen anhalten und aussteigen …«
»Sie brauchen mir das nicht zu erzählen.«
»Sie wollten mich nicht zurück in den Wagen lassen. Verstehen Sie?«
»Ja … ja, natürlich.«
Er schwieg, fixierte mich aber weiter im Rückspiegel.
Um die unbehagliche Stille zu brechen, meinte ich schließlich: »Was halten Sie denn von Shirley MacLaines Buch über übersinnliche Erfahrungen?«
»Sie ist eine Schwindlerin«, sagte er scharf.
»Das Gefühl hatte ich auch«, stimmte ich zu und nickte heftig, weil ich
Meinungsverschiedenheiten vermeiden wollte.
Ich saß mit einem Verrückten im Wagen, der als Taxifahrer eingetragen war und
offensichtlich nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte.
Ich bin schon mit promovierten Fahrern unterwegs gewesen, die im Handschuhfach ihre
Stellenbewerbung parat hatten, mit ausgemergelten Drogenabhängigen und mit einem Fahrer in Kalifornien, dem ich helfen sollte, eine Geschichte über den Abend zu verkaufen, als er Jack Nicholson und Warren Beatty im Wagen hatte. Das war vielleicht ein Herzchen!
In Istanbul waren wir mit einem Großwildjäger unterwegs, der vor jedem Zebrastreifen beschleunigte, um zu sehen, ob er die flüchtenden Fußgänger noch erwischen konnte.
Doch Todesfahrer und Irre nehme ich ja noch in Kauf, solange sie der englischen Sprache mächtig sind. Aber versuchen Sie mal in Amerika einen Taxifahrer zu finden, der Englisch spricht. Wenn ich in ein Taxi steige, sitzt am Steuer mit Sicherheit Boris Szorgyloklow, der vor
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