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Hilfe, ich habe Urlaub

Hilfe, ich habe Urlaub

Titel: Hilfe, ich habe Urlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erma Bombeck
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ihn, was er auf seinem Abstieg in den Canyon
    »gesehen« habe.
    Mir kamen die Tränen, als er beschrieb, wie er die großen Felsen mit den Armen umspannte, um die Sonnenwärme zu spüren, die diese bis tief in die Nacht speicherten. Er erzählte von den Schreien der riesigen Greifvögel, die über seinem Kopf kreisten, und die Kühle, wenn ihr Schatten auf ihn fiel. Das Echo ihrer Schreie gab ihm Hinweise auf Ausmaße und Tiefe des Canyons. Er spürte, wie der Wind durch das Unterholz am Wanderpfad strich und kühle
    Feuchtigkeit aus dem ruhelosen Fluß mit sich trug, der sich sein Bett in den Talboden gegraben hatte.
    Er entwickelte sogar ein Gespür für die unterschiedliche Schichtung des Gesteins, in dem Zeit und Gletscher ihre Spuren hinterlassen hatten.
    Als er geendet hatte, schwor ich mir, nie wieder davon zu reden, daß Menschen zu alt oder zu behindert sein könnten, um zu reisen und den Ort, wo sie sich gerade befanden, zu genießen.
    Als meine Eltern noch jünger waren, sind sie viel gereist.

    Als es meinem Vater später schwerzufallen begann, sich zu bewegen, hatten sie verkündet, die Zeit ihrer Reisen sei nun vorbei.
    Ich war der Ansicht, sie seien noch zu jung, um ihre Reisepässe einfach in die Schublade zu legen, und sagte ihnen das auch. Warum sollten sie zu Hause herumsitzen und ein schönes Leben haben, während wir unsere Koffer mit Fußtritten durch Abfertigungsschlangen bugsierten, in Reisebusse ein-und ausstiegen, Einreiseformulare ausfüllten und mit der Landessprache kämpften. Außerdem waren uns auf unseren Reisen zu viele ältere Menschen aufgefallen, die über Felsen stiegen, auf Kamelen ritten, Berge bestiegen und der beste Beweis dafür waren, daß es möglich ist, die Welt zu sehen, wenn man es nur wirklich will.
    Meine Mutter hatte geantwortet, es wäre nett, wenn wir mit ihnen zusammen in Urlaub fahren würden, aber wir sollten eine einfache Reise buchen. Etwas nicht zu Ausgefallenes, das für uns noch interessant genug sein würde und für sie nicht zu anstrengend.
    »Ich hatte gehofft, daß du das sagen würdest«, erklärte ich.
    »Also - wo fahren wir hin?«
    »Den Amazonas runter.«
    Bevor Sie jetzt aber vollkommen amateurhaft loslegen und Ferien mit Ihren Eltern planen, sollten Sie sich ein paar Fragen stellen und diese ehrlich beantworten.

    Trug Ihre Schwiegermutter auf Ihrer Hochzeit Trauerkleidung?

    Streiten Sie sich bis heute mit Ihrer Mutter darüber, ob ein Dreijähriges noch an einem Schnuller nuckeln darf?

    Sagen Ihnen Ihre Eltern noch, Sie sollen sich bei Tisch gerade halten und nicht mit vollem Mund sprechen?

    - Haben Sie irgend etwas gemeinsam außer der Tatsache, beide denselben Planeten zu
    bewohnen?
    Zum Glück mochten wir vier uns wirklich und kamen auf der Reise gut miteinander aus.
    Wir flogen nach Manaus, wo die dunklen Wasser von Brasiliens Rio Negro auf das
    schlammige Wasser des Rio Solimoes treffen, um den Amazonas zu bilden. Dann stiegen wir auf ein Kanu um, mit dem wir uns einen Weg durch Kakaobäume, Gummiplantagen und Kanäle mit riesigen Wasserlilien und tropischen Vögeln suchten. Das Tempo war eigentlich recht
    gemächlich, aber nach der Rückkehr in die Stadt ging meinem Vater die Puste aus. Einkaufen steht für ihn auf einer Stufe mit Tortenwerfen. Er schlug also vor: »Ich warte auf der Parkbank hier auf euch. Laßt euch Zeit.« So begann das Privatabenteuer meines Vaters.
    Von diesem Augenblick an lebte er sein eigenes Urlaubsleben. Während er seine Nachmittage auf der Bank verbrachte, unterhielt ihn ein Schlangenbeschwörer, beteiligte er sich an einer politischen Debatte und wurde von zwei leichten Mädchen angemacht.
    In jeder Stadt, die wir besuchten, auf jedem Ausflug, den wir machten, suchte er sich einen Fleck im Zentrum, wo er alles, was in der Stadt vor sich ging, mitbekam. Wenn wir wissen wollten, was los war, fragten wir ihn.
    Er wollte unbedingt die achtunddreißig Meter hohe Christus-Erlöser-Statue sehen, die auf einem Gipfel über Rio aufragt. Aber die Bahn brachte uns nur einen Teil des Wegs nach oben.
    Den Rest mußte man gehen. Das war anstrengend für ihn.
    Wir brauchten fast eineinhalb Stunden, bis wir oben anlangten, aber für ihn war das ein persönlicher Triumph, genau wie die ganze Reise. Er und meine Mutter stellen den Beweis ihrer Mühen im Küchenregal aus. Sie hatten einen Schnappschuß von sich machen und ihn auf den kitschigsten Souvenirteller von ganz Südamerika drucken lassen. Sie bezahlten fünfzehn

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