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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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mit Florence?«
    »Das hatte nichts zu bedeuten. Weil, das war, bevor Laura und ic h …« Plötzlich verstummte er mitten im Satz. »Oh nein, nicht schon wieder!«
    Durch die Fensterfront sah er draußen auf dem Bürgersteig Florence, mit einem Rudel Hunde im Gefolge. Das schlechte Gewissen packte Harry im Nacken wie eine kalte, nasse Hand. In der verzweifelten Hoffnung, dass sie ihn nicht sah, drehte er ihr den Rücken zu. Ihre letzte Begegnung war Silvester gewesen, auf der Party im Café Flore . Den ganzen Abend hatte sie ihn bedrängt, zu ihr zurückzukommen, hatte ihn in Gegenwart von Laura und Mathilde und Bobby umarmt und geküsst und ihm das Opfer vorgehalten, das sie für ihn gebracht hatte, als Beweis ihrer Liebe. Was warf sie ihm vor? Hatte er sie zur Abtreibung gezwungen? Sie hatte es doch freiwillig getan, ohne ihm etwas davon zu sagen! Als er sich geweigert hatte, ihr nach Hause zu folgen, hatte sie mit Tassen und Tellern nach ihm geworfen. Pompon hatte ihren Auftritt »phantastisch« gefunden.
    »Bin ich eigentlich ein Ungeheuer?«, fragte Harry. »Ganz ehrlich!«
    Gespannt schaute er in Mathildes grundanständiges Volksschullehrerinnengesicht.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte sie. »Aber ich glaube kaum, dass es jemandem geholfen hätte, wenn du noch eine zweite Familie gegründet hättest. Die erste ist dir schon ziemlich daneben gelungen.«
    Ihre Antwort empfand er wie eine Absolution. »Pompon behauptet, sie will ins Kloster«, sagte er erleichtert. »Was meinst d u – ist da was dran? Du kennst sie ja besser als wir alle.«
    »Keine Ahnung. Sie will darüber nicht sprechen. Ich weiß nur, dass sie dreimal am Tag die Messe besucht.«
    »Heiliger Strohsack! Und die vielen Köter, die sie überall aufliest! Angeblich ist schon ihre ganze Wohnung voll von den Viechern.« Vorsichtig spähte er zum Eingang. »Oh Gott, sie kommt!«
    Florence hatte die Drehtür noch nicht durchschritten, da hatte sie ihn auch schon entdeckt. Im nächsten Moment stand sie vor ihm, mit bleichem Gesicht und geröteten Augen. Harry versank fast in seinem Stuhl.
    »Keine Angst«, sagte Florence. »Ich lasse dich heute in Ruhe. Ich will mich nur von Bobby verabschieden. Er ist ja ein bisschen auch mein Sohn.« Dabei schaute sie ihn so traurig an, dass es Harry wehtat. »Erinnerst du dich noch, wie wir zusammen Münzen aus dem Auto geworfen haben? Damit Bobby lernt, dass Geld nichts bedeutet?«
    Harry nickte und wollte etwas Nettes sagen. Doch Florence wandte sich ab und ging zur Kasse, wo Bobby und Laura mit dem Patron sprachen. Hilfe suchend schaute Harry zu Mathilde. Sie warf ihm einen Blick zu, der eine seltsame Mischung war aus Vorwurf und Mitgefühl. Während Florence Bobby umarmte, kehrte Laura zurück an den Tisch. In beklommenem Schweigen verfolgten sie zu dritt die Abschiedsszene, ohne zu hören, was die zwei miteinander sprachen. Harry sah nur, wie Florence beim Reden Bobby immer wieder an den Händen fasste und ihn ganz dicht zu sich heranzog. Dann küsste sie ihn auf die Stirn und verließ das Lokal, ohne noch einmal zu grüßen.
    »Was hat sie gesagt?«, fragte Harry, als sie verschwunden war.
    »Sie will für meine Zukunft in Amerika beten«, erwiderte Bobby.
    »Na dann mit Gottes Segen!« Harry schaute auf die Uhr und stand auf. »Nun, ich denke, nachdem du die Rechnung erledigt hast, sollten wir langsam los. Der Zug wartet nicht.«
    18
    Die Lokomotive stand schon unter Dampf, als sie den Bahnhof Saint-Lazare erreichten. Harry war das nur recht. Abschiedsszenen waren ihm ein Gräuel. Je schneller der Zug abfuhr, desto besser.
    »Achtung an Gleis vier!«, dröhnte es aus den Lautsprechern. »Bitte die Türen schließen und von der Bahnsteigkante zurücktreten!«
    Eine kurze Umarmung, dann bestieg Bobby den Waggon. Harry reichte ihm die zwei Koffer, die er im Café Flore noch schnell für seinen Sohn mit einer Schnur zusammengebunden hatte, um irgendwie als Vater etwas zu tun. Denn Geld, das er ihm mit auf die Reise hätte geben können, besaß er nicht, so wenig wie gute Ratschläge fürs Leben.
    Als der Stationsvorsteher die Kelle hob, beugte Bobby sich aus dem Abteilfenster, um seinen Eltern ein letztes Mal die Hand zu drücken.
    »Ich schreibe euch, sobald ich ankomme.«
    »Für mich Poste restante «, sagte Harry. »Laura und ich werden bald umziehen.«
    »Gut. Aber versprich mir, dass du die Briefe abholst. Ich will versuchen, Visa für euch zu besorgen.«
    »Jetzt fang nicht schon wieder mit dem Blödsinn

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