Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
Vom Netzwerk:
Minuten kommen sollte.
    Er kratzte sich am Kopf und zwirbelte danach seine weißblonden Haarstacheln wieder in Form. »Vielleicht ist er ein Vampir.«
    Eher bist du einer, dachte ich, kicherte aber pflichtbewusst und kickte Dom ein Steinchen zu, das er mit der Außenseite seines Turnschuhs zurückschoss. »Oder ein Zombie.«
    Â»Wie auch immer, in jedem Fall ist er ein Freak.«
    Ich stimmte ihm zu. Insgeheim musste ich mir allerdings eingestehen, dass mir Rosalias Theorie immer noch am besten gefiel.
    Â»Herzchen, glaubst du wirklich, ich wüsste, wer hier letzte Woche eine Dose Katzenfutter gekauft hat?«
    Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen stieg. Teils aus Scham – ja, das hatte ich geglaubt –, teils aus Wut. Herzchen? Ich war siebzehn, durfte Bier trinken, auch wenn ich es nicht mochte, und sollte mich langsam mal entscheiden, welche Partei ich wählen wollte. Was bildete sich diese Spinat-Herzchen-Wachtel im grünen Kittel ein? Dom rettete die Situation, ehe mir eine freche Antwort einfiel.
    Â»Außergewöhnlich ist«, er legte den Kassenbon auf den Tresen und klopfte ein paarmal mit dem Zeigefinger drauf, »dass er häufiger hier war. Regelmäßig, möchte ich fast sagen.«
    Â»Genau«, mischte ich mich ein, um ein freundliches Gesicht bemüht. »Und er hat immer nur eine oder zwei kleine Dosen gekauft. Immer dasselbe Futter. Kaninchen in Glibber.«
    Die Verkäuferin überlegte, dann nickte sie langsam. »Ja, ich glaube, jetzt weiß ich, wen ihr meint. Was wollt ihr denn von dem jungen Mann?«
    Bingo! Junger Mann, das klang, als könnte er es sein. Mein Puls nahm an Fahrt auf. »Wie sah er aus? Blondes Haar, etwa bis hier?« Ich deutete auf einen Punkt unterhalb meiner Augen.
    Â»Wenn mich nicht alles täuscht.« Die Kassiererin zuckte mit den Schultern und zwinkerte. »In jedem Fall ein hübsches Kerlchen. Gut gebaut. Stimmt, er erwähnte mal, dass er auf dem Weg ins Fitnessstudio sei. Man sah schon, dass er was fürs Aussehen tut. Wenn ich zehn Jahre jünger wäre …«
    Dom wandte sich grinsend ab und spielte mit ein paar Gummihühnchen, die kopfüber neben der Kasse hingen und Quietschlaute von sich gaben, wenn er draufdrückte.
    Â»Ich muss dringend mit ihm sprechen. Wissen Sie zufällig, wo er wohnt, wie er heißt oder sonst irgendetwas?«
    Â»Nein, tut mir leid.« Sie rieb sich sinnierend über die Lippen, kam aber zu keinem Ergebnis. »Er hat immer bar bezahlt und selten mehr gesagt als Guten Tag und Danke. Er wird ja bestimmt wiederkommen, aber wann, kann ich euch nicht sagen. Wollt ihr ihm eine Nachricht hinterlassen?«
    Ich wechselte einen Blick mit Dom.
    Â»Er ist dir schon mal abgehauen«, meinte er leise. Mich irritierte die Idee, dass er eventuell vor mir geflüchtet war. Absurd, warum hätte er das tun sollen? Aber Herrgott, er war aus dem Fenster im siebten Stock getürmt – was konnte absurder sein?
    Â»Das scheint dir ja sehr wichtig zu sein?«, fragte die Verkäuferin und zwinkerte erneut. War das ein Tick oder fand sie das witzig?
    Wieder reagierte Dom schlagfertiger als ich. Er lehnte sich leicht über den Tresen, setzte seine Kupplermiene auf und raunte im verschwörerischen Ton: »Er hat meiner Freundin das Leben gerettet, wissen Sie? Sie brauchen nicht zufällig eine Hilfskraft über die Ferien?«
    So kam es, dass ich am übernächsten Tag einen Vorstellungstermin beim Inhaber der Zoofachhandlung hatte. Klar, warum auch nicht? Da meine Poi-Gigs ins Wasser fielen, ging mir auch das Honorar durch die Lappen, das zwar klein, aber bereits fest in mein mageres Budget eingeplant gewesen war. Vogelsand in Regale einsortieren, Goldfische füttern und Kaninchengehege reinigen konnte ich auch mit einer Hand. Die Arbeit mit den Tieren würde mir Spaß machen und schon beim Betreten des Ladens hatte ich den Geruch nach Sägespänen, Futtergetreide, Aquarienwasser und Fell als angenehm empfunden. Es gab schlechtere Ferienjobs.
    Als ich abends nach Hause kam, war Papa schon weg. Das Portemonnaie hatte er mitgenommen, stattdessen lag ein Zettel auf der Kommode, ich möge doch morgen früh endlich mal wieder Oma besuchen. Das hatte ich mir ohnehin vorgenommen. Ich zerrte die Alufolie von einem Fertignudelgericht, was einhändig nicht so einfach war, und ließ die essbare Masse ein paar lauwarme Runden in der

Weitere Kostenlose Bücher