Himmlische Leidenschaft
fuhr er fort. »Sie hatten zwei kleine Kinder. Ted und Emily«
Trotz seines neutralen Tonfalls spürte sie, wie ungeheuer schwer es Case fiel, über seine Nichte und seinen Neffen zu sprechen. Sie wollte ihn bitten, nicht weiterzusprechen.
Aber noch größer war ihr Bedürfnis, endlich die Finsternis in seiner Seele zu verstehen.
»Hunter wollte nicht in den Krieg wegen der Kinder, aber Belinda und ich bearbeiteten ihn so lange, bis er einwilligte.«
»Dein Bruder scheint mir nicht zu den Männern zu gehören, die sich leicht beeinflussen lassen.«
»Zum Teufel, vielleicht war er einfach genauso froh, von Belinda wegzukommen, wie sie darauf brannte, mit den Männern in der Nachbarschaft ins Bett zu gehen.«
Die Verachtung in seiner Stimme ließ Sarah zusammenzucken.
»Ich bin voller Begeisterung in den Krieg gezogen, bereit, für Ehre und Zivilisation zu kämpfen«, sagte Case. »Aber selbst junge Narren werden irgendwann mal erwachsen. Wenn sie überleben. Ich kam ziemlich schnell dahinter, daß Krieg die reine Hölle für Kinder und gute, anständige Frauen ist, und sie waren das einzige, wofür es sich zu kämpfen lohnte.«
Sie rieb ihre Wange sanft an seiner Brust, sehnte sich danach, die Anspannung zu lindern, die ihn verkrampfte.
»Es half mir, nicht den Verstand zu verlieren, indem ich an meine Nichte und meinen Neffen dachte«, berichtete Case. »Besonders an Emily Sie war so aufgeweckt, so voller Lachen und Wißbegier und Fröhlichkeit. Sie liebte alles und jeden.«
Er zögerte einen Moment und fuhr dann mit monotoner Stimme zu sprechen fort.
»Wenn es ganz schlimm kam während des Krieges, pflegte ich die kleine Porzellantasse und Untertasse hervorzuholen, die ich als Heimkehrgeschenk für Emily gekauft hatte. Dann saß ich einfach nur da und betrachtete das winzige Puppengeschirr und dachte an ihr fröhliches Lachen und betete, daß der verdammte Krieg endlich ein Ende haben würde.«
Verstohlen legte Sarah die Arme um Case. Sie hielt ihn umschlungen, während sie ihm schweigend zu verstehen gab, daß er nicht allein mit seinen quälenden Erinnerungen war.
»Ich kehrte ein paar Wochen eher als mein Bruder aus dem Krieg zurück«, fuhr er fort. »Und ich fand ... ich fand ...«
Ein heftiger Schauder überlief Case und ließ seine Stimme brechen.
»Ist ja gut«, sagte sie beschwichtigend. »Du brauchst es mir nicht zu erzählen.«
Seine Arme schlossen sich um sie, und er preßte sie an sich, als wäre sie das Leben selbst. Sie protestierte nicht gegen die fast schmerzhafte Kraft seiner Umarmung, denn sie wußte, daß Kummer und Trauer sein Herz noch viel fester umklammert hielten.
»Culpeppers«, murmelte er schließlich.
Der Klang seiner Stimme ließ Sarah erzittern.
»Südstaatler«, sagte er. »Wie ich.«
»Nicht wie du. Niemals.«
Case schien sie nicht zu hören. Seine Augen waren offen, blicklos, starr auf einen Horizont gerichtet, den nur er sehen konnte.
Und was er sah, war unaussprechlich grauenhaft.
»Sie kamen drei Tage vor mir auf unsere Ranch«, sagte er heiser. »Sie ermordeten jeden Mann im Tal, stahlen oder schlachteten die Tiere, brannten die Häuser und Scheunen nieder. Nachdem sie den Frauen endlich den Gnadenschuß gegeben hatten, nahmen sie sich die Kinder vor und ...«
Das Schweigen, das folgte, war sogar noch unerträglicher als der Ausdruck seiner Augen.
Sarah fiel wieder ein, was Lola einmal über die Culpeppers gesagt hatte.
Sie verkauften Kinder an die Comancheros, nachdem sie den Kleinen Dinge angetan hatten, die selbst Satan noch an Brutalität und Grausamkeit übertreffen würden.
»Als ich Em und Ted schließlich fand, hatte ich keine Schaufel dabei«, flüsterte Case. »Ich habe ihre Gräber mit meinen bloßen Händen ausgehoben. Dann habe ich begonnen, die Culpeppers zu verfolgen.«
Sarah blickte in seine Augen und weinte lautlos, hilflos, denn sie wußte jetzt, was es war, was Case jeden Glauben an Lachen und Hoffnung und Liebe genommen hatte.
Seine Erinnerungen mußten sogar noch schlimmer sein als ihre eigenen.
»Verstehst du jetzt, warum ich dich weggestoßen habe?« fragte er.
Schweigend blickte sie ihn an, während sie mit ihm litt.
»Teds und Ems Tod ...« Seine Stimme erstarb. Er zuckte die Achseln. »Es hat etwas in mir abgetötet. Ich kann dir nicht geben, was du verdient hast.«
»Was ich verdient habe?« fragte sie verständnislos.
»Einen Ehemann. Kinder. Liebe. Ich habe keine Liebe mehr in mir. Sie ist so tot wie Klein
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