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Hinter dem Blau: Ein kleines Mädchen verliert seinen Vater. Eine junge Frau findet zu sich. (German Edition)

Hinter dem Blau: Ein kleines Mädchen verliert seinen Vater. Eine junge Frau findet zu sich. (German Edition)

Titel: Hinter dem Blau: Ein kleines Mädchen verliert seinen Vater. Eine junge Frau findet zu sich. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa von Heyden
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oder was? Dass er in Deutschland Frau und Kinder hat, hat er nicht erwähnt, oder?«
    »Du hast es gelesen: Wenn er gekonnte hätte, wäre er dageblieben.«
    »In Thailand?«, wiederhole ich ungläubig. »Hatte der einen kompletten Dachschaden?!«
    »Ja, manchmal passiert so etwas und man verliebt sich, obwohl man verheiratet ist und Kinder hat. Als er zurück in Deutschland war, ist er kurze Zeit später auf die Idee mit dem Umzug nach Lingen gekommen.«
    »So ein Theater, nur weil er diese Tante aus Thailand nicht haben konnte?«
    »Rede nicht so über deinen Vater.«
    »Ja, jetzt kommt wieder mein Lieblingssatz: ›Dein Vater war krank.‹ Gott, ich kann es nicht mehr hören. Ich als Tochter werde wohl sagen dürfen, dass er ein Arsch war, oder?!«
    Caro steht in der Tür. Sie trägt ihre Laufschuhe.
    »Ich bin erst mal weg«, sagt sie und geht raus. Ich schaue ihr durch das Küchenfenster nach, wie sie die Straße entlang in Richtung Wald sprintet.
    Ich setze mich an den Rechner im Arbeitszimmer meiner Mutter, google »Malteser Hilfsdienst« und schreibe dann eine E-Mail an die Pressestelle. Ich will wissen, wo genau mein Vater da in Thailand war und ob es jemanden gibt, mit dem ich über diese Zeit sprechen kann.
    Sehr geehrte Damen und Herren,
    ich wende mich heute mit einer besonderen Anfrage an Sie und hoffe sehr, dass Sie mir weiterhelfen können.
    Ich bin die Tochter von Dr. Hans Schulz, einem Bonner Arzt, der 1980 zwei Monate in einem Operationszentrum der Malteser in Khao-I-Dang gearbeitet hat. Mein Vater ist tot und ich möchte jetzt gern mehr über diese Arbeit beim Malteser Hilfsdienst erfahren.
    Vielleicht haben Sie Informationen über damals und heute, die Sie mir schicken können? Mich würde außerdem interessieren, was aus dem Lager geworden ist.
    Ich freue mich auf Ihre Antwort
    und verbleibe mit freundlichen Grüßen
    Helena Schulz
    Ich habe immer noch nicht geduscht, aber trotzdem rufe ich erst noch Magnus an und berichte ihm von meinen Recherchen, den Dias und der Krankenschwester. Zuvor hatte ich Scheu, das alles mit ihm zu teilen. Thorsten ist noch nicht lange tot und ich will ihn mit dem Thema Suizid und Depressionen nicht belasten.
    »Eine Freundin in Thailand? Das klingt wie in einem schlechten Film.«
    »Finde ich auch. Ich hätte mit allem gerechnet, aber mit so einer Story? Ne!«
    »Und was hast du noch rausgefunden?«
    »Wie mein Vater gestorben ist. Er hat sich mit seinem Skalpell so krasse Verletzungen zugefügt, dass er nicht zu retten war. Ich habe mir die Stellen mit einem Stift auf meinen Körper gemalt …«
    »Warte mal, halt, stopp. Was hast du gemacht?«
    »Na, die Schnitte und Einstiche aufgemalt. In dem Autopsiebericht stand, sie sahen wie Schwalbenschwänze aus. Ich wollte das begreifen.«
    »Sunny, ich glaube, du musst jetzt auf dich aufpassen. Nicht, dass du dich in dieser Geschichte verlierst.«
    »Quatsch, mach dir keine Sorgen.«
    »Ich mache mir aber Sorgen. Ist das nicht alles ein bisschen zu viel? Ich knabbere immer noch an Thorstens Beerdigung und du mutierst hier zur Selbstmord-Expertin. Ich meine, das ist nicht nur deine Abschlussarbeit, sondern auch dein Leben.«
    »Nein, glaub mir, das ist okay. Man muss sich damit beschäftigen, dann ist es so wie mit allen schlimmen Dingen.«
    »Was passiert denn dann?«
    »Man verliert die Angst.«
    »Dann fehlt jetzt ja nur noch, dass du an den Ort des Geschehens fährst«, sagt Magnus.
    »Ist klar«, antworte ich spöttisch, merke aber in dem Moment, dass irgendwie etwas Wahres daran ist. So wie ich mir die Punkte auf den Körper gemalt habe, muss ich nach Lingen fahren und mir das alles noch einmal anschauen. Sonst habe ich den Rest meines Lebens Angst.
    Am nächsten Morgen blinkt eine neue E-Mail in meinem Posteingang auf.
    Sehr geehrte Frau Schulz,
    herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Leider hat es einen Moment gedauert, da wir zuerst ein wenig recherchieren mussten.
    Wie uns der damalige Leiter des Malteser Auslandsdienstes mitteilte, waren in dem Lager Khao-I-Dang vorwiegend Khmer untergebracht, die einer gemäßigten politischen Richtung angehörten und in der späteren Entwicklung keine Rolle mehr spielten.
    Das Lager war ungefähr 15 Kilometer von Aranyaprathet, in Prachinburi (heute Sakeo) entfernt. Die Malteser unterhielten dort ein kleines Krankenhaus (betonierte Platte, Bambuswände, Bambusdach), in dem auch chirurgische Eingriffe durchgeführt wurden. Mitte der Achtzigerjahre spezialisierte sich das

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