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Hinter der Nacht (German Edition)

Hinter der Nacht (German Edition)

Titel: Hinter der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib
verbrennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre mir´s nichts nütze. Die Liebe
ist langmütig und freundlich; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft
alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf. Plötzlich hielt ich es
nicht mehr aus. Obwohl mir klar war, dass niemand meinen Abgang verstehen
würde, sprang ich auf und rannte wie von der Tarantel gestochen aus der Kirche.
Unwillige Blicke und verhaltenes Geflüster folgten mir, aber das war mir egal.
Sollten sie doch alle glauben, was sie wollten. Von wegen undankbare Tochter
und so. Sie lagen sowieso falsch. Mein Ausbruch hatte nichts damit zu tun, dass
ich wenig von der erneuten Eheschließung meiner Mutter hielt. Aber all dieses
Gerede von der Liebe hatte mich auf einmal erkennen lassen, dass es das war,
was ich in meinem Traum verloren hatte und ohne das ich nicht weiterleben
wollte. Die Liebe. Diese Erkenntnis traf mich wie ein Blitz, und es tat so weh,
dass ich es keine Sekunde länger in der Kirche aushielt.
    Gleichzeitig war
ich zutiefst verwirrt. Ich verstand nicht, woher dieses plötzliche Gefühl der verlorenen
Liebe kam, das stärker war als alles, was ich jemals empfunden hatte. Denn, mal
abgesehen von ein paar unreifen Schwärmereien, war ich noch nie verliebt
gewesen. Ich hatte nie etwas erlebt, was ein so starkes Gefühl rechtfertigte,
oder jemanden getroffen, dem es gegolten hätte. Und doch kam ich mir vor, als
hätte ich einen Teil von mir selbst über Nacht verloren.
     
    Draußen empfing
mich leichter Nieselregen. Der Kirchenvorplatz war leer, bis auf zwei
Motorradfahrer, ganz in schwarzem Leder mit ihren Helmen auf dem Kopf, die an
ihre Maschinen gelehnt da standen, als ob sie auf jemanden warteten. Ihre Köpfe
drehten sich in meine Richtung, als die schwere Tür hinter mir zufiel, und
einen verrückten Augenblick lang hatte ich das Gefühl, dass ich es war,
auf die sie warteten . Dann wandten sie sich wieder ab und der Moment war
vorbei.
    Trotz des Regens
ging ich zu einer niedrigen Mauer, die den Kirchplatz vom benachbarten
Grundstück abgrenzte, und ließ mich darauf nieder. Ich wollte nur ein paar
Minuten frische Luft schnappen, bevor ich mich zurück in die emotionsgeladene
Atmosphäre in der Kirche wagte.
    „Excuse me, can you help us?“
    Ich blickte auf,
und einen Moment lang setzte mein Herzschlag aus. Vor mir stand einer der
beiden Motorradfahrer. Er hatte den Helm abgenommen, und ein Paar leuchtend
grüne Augen sahen mich forschend an. Auf einmal fühlte ich mich recht
kurzatmig.
    „I and my
brother …“
    Mein Blick
folgte seiner ausgestreckten Hand, mit der er auf den zweiten Motorradfahrer
deutete, der jetzt ebenfalls seinen Helm abnahm. Zum Vorschein kamen kurze,
glänzende schwarze Haare und die dunkelsten Augen, die ich je erblickt hatte.
Doch trotzdem hatte ich bei seinem Anblick das überwältigende Gefühl, dass alle
Dunkelheit aus mir herausgesogen wurde. Es wurde strahlend hell. Mehr weiß ich
nicht, denn in diesem Moment setzte mein Herzschlag aus. Und zum ersten Mal in
meinem Leben fiel ich einfach in Ohnmacht.
    Als ich wieder
zu mir kam, lag ich auf der Mauer, meine Beine auf den Knien des blonden Jungen
und mein Kopf im Schoß des Dunklen. Beide sahen mich besorgt an, aber als ich
die Augen aufschlug, machte die Besorgnis den zwei schönsten Lächeln Platz, die
ich jemals gesehen hatte. Engel. Sie mussten Engel sein. Anders ließ sich ihre
Wirkung auf mich nicht erklären. Mühsam richtete ich mich auf. Mein Benehmen
war mir extrem peinlich.
    „ I’m really
sorry“, murmelte ich atemlos, während ich hektisch versuchte, mein
Schulenglisch zusammenzukratzen. „Normalerweise bin ich nicht so…“ Mir fiel
kein passendes Wort ein. „Aber…“
    „Hey, kein
Problem“, versicherte mir der Blonde. „Mach dir keine Sorgen! Alles in
Ordnung!“
    Der Schwarze
sagte nichts. Aber er sah mich unverwandt an. Sein Blick schien bis in meine
tiefste Seele zu dringen. Ich merkte, wie mir schon wieder schummrig wurde und
schaute schnell weg. Sofort wurde es kälter und dunkler um mich. Was war nur
los mit mir? Es musste diese verdammte Hochzeit sein, die mich völlig
unzurechnungsfähig machte. Aber irgendetwas hatten diese beiden Fremden an
sich…
    Vorsichtig stand
ich von der Mauer auf und atmete tief durch, was nicht ganz einfach war, da
mein Herz immer noch verrückt spielte. Sofort erhoben sich auch die beiden und
sahen mich prüfend an. „Bist du

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