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Hirschkuss

Hirschkuss

Titel: Hirschkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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Tischen.
    »Sie meinen, Herr Mattusek besitzt eine Barbiepuppe?« Anne war ehrlich erstaunt.
    »Wo hat der die?«, wollte Kastner jetzt wissen.
    »Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen: in der Forsthütte.«
    »Ja, aber die kann doch auch seiner Tochter gehören«, wandte Annes Kollege hektisch ein.
    »Der – Mattusek – hat – keine – Tochter«, erwiderte Nachtweih, jedes Wort klang wie ein Hammerschlag. »Und jetzt soll einer behaupten, dass das normal ist.« Er sah die Ermittler angriffslustig an. »Ich sag euch: Der Typ hat ein Frauenproblem. Und zwar ein massives.«
    Anne und Sepp Kastner befanden sich schon wieder auf dem Rückweg zum Auto, da blieb Anne plötzlich stehen und sagte: »Seppi, das ist doch total bescheuert, wenn wir jetzt wieder runter ins Tal gehen, wo wir doch eh schon hier oben, fast bei der Almhütte sind, wo der Nachtweih die Barbiepuppe gesehen haben will.«
    »Ja, aber wir haben doch überhaupts keinen Durchsuchungsbeschluss«, wandte Kastner ein. Anne schaute auf ihre Schuhe, an deren Rändern etwas Erde hing, und hob dann den Blick in Richtung Bäume und Wald. Dann sagte sie: »Wenn wir jetzt warten, bis wir einen Durchsuchungsbeschluss kriegen, also dann … Außerdem ist höchst fraglich, ob wir bei dieser Sachlage überhaupt einen bekommen.«
    Eine knappe Dreiviertelstunde später standen die Ermittler zwischen den beiden Hütten der oberen Liedler Alm und hielten nach Mattusek Ausschau. Auf dem Bänkchen vor der kleineren Hütte, die direkt am Wald stand, lag ein Rucksack, doch von dem Waldinvestor war nichts zu sehen. Die Tür zur Hütte war ebenso geschlossen wie die Fensterläden. Allerdings hing das Vorhängeschloss nur lose in dem Metallbügel, über das beim Verschließen der Riegel geschoben wurde. Annes Herz klopfte schneller. »Entweder sitzt der da drin im Dunkeln, oder er ist im Wald. Schau du mal hinter die Hütte«, zischte Anne Kastner zu, während sie einen Schritt nach vorn trat und klopfte. Als niemand reagierte, drückte sie die Tür vorsichtig auf. Drinnen war es dunkel, nur das Tageslicht, das durch die offene Tür fiel, erhellte den kleinen Gang, der links zu den Schlafkammern und rechts in die Stube führte.
    »Hallo? Herr Mattusek? Sind Sie da?«, rief die Polizistin halblaut ins Dunkel. Da niemand antwortete, trat sie in die Hütte und knipste die kleine Taschenlampe an, die sie stets bei sich trug. Schnell verschaffte sie sich einen Überblick über die Sachen, die auf dem Tisch in der Stube lagen, doch da war nichts Auffälliges. Dann wandte sie sich den Gegenständen auf der Eckbank zu. Sie hob jedes einzelne Kissen hoch und schaute darunter. Sie ging in die Knie und leuchtete unter die Bank. Dann prüfte sie die beiden Schlafkammern. Doch von einer Barbiepuppe fand sie keine Spur. Als Anne gerade unter das Stockbett in der hinteren Kammer leuchtete, hörte sie hinter sich Schritte. Sie erschrak und richtete sich hastig auf. Es dauerte einige Sekunden, bis sie die Umrisse des Mannes erkannte, der im Türrahmen stand. Es war Sepp Kastner.
    Es war schon nach drei, als die beiden Ermittler wieder in die Polizeidienststelle in der westlichen Seegemeinde zurückkehrten. Sofort telefonierte Anne mit dem Chef der Kripo in der Kreisstadt, Sebastian Schönwetter, und bat ihn um die Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses für den Bungalow von Wolfgang Mattusek.
    »Aber wo liegen denn da die Verdachtsmomente, die eine solche Durchsuchung rechtfertigen würden?«, fragte Schönwetter, und Anne wusste, dass er recht hatte.
    Die Ermittlerin druckste herum: »Nun ja, es ist ja auch eine gewisse Dringlichkeit. Ich meine, heute ist Donnerstag. Seit Samstag wird eine Frau vermisst. Es geht hier immerhin um ein Menschenleben. Und wir haben nicht die geringste Spur!«
    Sie aktivierte die Lautsprecherfunktion des Telefons, damit Kastner hören konnte, was Schönwetter erwiderte. »Aber was liegt denn gegen diesen Mattusek vor?«
    »Seine Holzfäller sagen, dass er ein Frauenproblem hat.«
    Schönwetter schnaufte. »Also, wissen Sie, damit kann man keinen Durchsuchungsbeschluss begründen. Ich meine, es gibt auch Exfußballprofis, die ein Frauenproblem haben, aber deswegen wird man nicht eine Hausdurchsuchung bei denen machen.«
    »Aber Mattusek war zu dem Zeitpunkt, als die Frau beim Joggen verschwand, genau in dem Waldstück, vermutlich.«
    »›Vermutlich!‹«, wiederholte Schönwetter. »Auf solch vagen Vermutungen stellt mir doch kein Staatsanwalt einen

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