HISTORICAL BAND 295
Augenblicke zuvor wie rasend übereinander hergefallen. „Falls du es dir anders überlegst …“
„Das werde ich nicht.“ Sie hob den Rocksaum an und hastete weiter den Gang entlang. „Euer Zimmer liegt am Ende dieser Treppe. Sicher habt Ihr Verständnis, wenn ich Euch darum bitte, von hier aus allein weiterzugehen.“
Sie musste seinem Duft entkommen – dem süßen holzigen Rauch des Kaminfeuers und seinen Küssen, die nach Beerenwein schmeckten.
„Gute Nacht, Sir“, rief sie ihm noch über die Schulter zu. Dann eilte sie so schnell davon, wie es auf wackeligen Beinen möglich war. Sobald alle schliefen, würde sie zu Morags Hütte laufen, um sie vor dem Highlander zu warnen. Obgleich sie angesichts der Wirkung, die Finn auf sie hatte, zu glauben begann, dass er für sie eine größere Gefahr darstellte als für irgendjemand anderen.
Tief im Wald außerhalb des Dorfs erkundete ein einsamer Rächer die Grenzen seines neuen Herrschaftsbereichs. Durch Glück oder schicksalhafte Fügung war er an einen Ort gelangt, an dem Gerüchte über Geister Reisende fernhielten. Der ideale Platz, um seine Arbeit zu vollenden. Auf der Suche nach Kräutern für seinen Trank hatte er die Highlands durchkämmt. Jetzt besaß er alle nötigen Zutaten. Bald würde er sich am Earl of Caladan rächen.
Als er die südliche Waldgrenze erreichte, blieb er für einen Moment im Regen stehen und sah zur Burg hinüber. Um seinen Stolz zurückzugewinnen, war ihm kein Preis zu hoch, kein Opfer zu groß.
Meist genügte der Anblick des Burgturms, um ihn anzuspornen. Doch an manchen Tagen wollte er mehr und verbarg sich im Schatten der Bäume, um einen Blick auf die süße Belohnung zu erhaschen, die ihn erwartete.
Violet of Caladan.
Sie war Teil der Beute, die ihm zufallen würde. Lady Violet war die köstliche Nachspeise, die einem echten Festessen folgen würde. In seinem Leben war ihm nicht viel Süßes vergönnt gewesen, also würde er dieses Vergnügen voll auskosten.
Vom Fluss her blies ihm ein starker Wind entgegen, und er wollte sich gerade abwenden, als er in einiger Entfernung eine zierliche Gestalt ausmachte, die eilig in den Wald lief.
Wenn nötig, würde er mit dem Neuankömmling kämpfen. Die dafür nötige Waffe trug er bei sich. Er fingerte an dem kleinen Beutel mit Kräutern, der von seinem Gürtel baumelte.
Doch bei der Gestalt, die in den Wald eilte, handelte es sich nicht um einen leichtsinnigen Dorfbewohner, der im Schutze der Dunkelheit wilderte. Nein, es war eindeutig eine Frau. Eine, die er wiedererkannte, als eine Windböe die dunkle Kapuze nach hinten wehte.
Lady Violet.
Was wollte sie mitten in der Nacht im Wald? Und warum fürchtete sie sich nicht wie die anderen Dorfbewohner?
Bei ihrem Anblick verspürte er eine Erregung, die sich mit einer Art Blutrausch vermischte. Hoffentlich suchte sie den Wald nicht aus Gründen auf, die seinen Zorn erregten. Ein Treffen mit einem anderen Mann …
Er ballte die Hände zu Fäusten und grub die Nägel in die Handflächen, bis diese bluteten. Das verschaffte ihm Erleichterung. Heimlich folgte er ihr, wie schon so oft. Und wenn sie Widerstand leistete – eine Freiwillige, die seinen neuesten Trank probierte, konnte er immer gebrauchen …
4. KAPITEL
Hinter einem Strauch verborgen beobachtete Finn, wie Violet aus einer Waldhütte hinaus in den Regen trat. Beinahe eine Stunde hatte sie darin verbracht. Er nahm an, dass sie ein altes Weib besucht hatte, das Krankheiten behandelte. Rund um die Hütte standen Töpfe mit ungewöhnlichen Pflanzen. Ein angenehmer Duft drang aus dem Kamin, als ob die Alte frische Kräuter verbrannte.
War Violet so ernsthaft krank, dass sie mitten in der Nacht eine Heilerin brauchte? Er beobachte, wie sie sich die Kapuze über das dunkle Haar zog.
Damit sie nicht schrie, hielt er ihr die rechte Hand vor den Mund, während er sie unter seinen Umhang zog. Sie schien ihn allein an der Art zu erkennen, wie er sie festhielt, denn ihr Körper entspannte sich. Zögernd ließ er sie wieder los.
„Finn?“ Regentropfen hafteten an ihren Wimpern, als sie sich umdrehte und ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. „Was macht Ihr hier?“
Jetzt, da er sie in Sicherheit wusste, verspürte er Zorn über ihren Leichtsinn.
„Genau das, worum dein Vater mich in erster Linie gebeten hat: dich beschützen.“ Bevor der Earl sich dem Trunk hingegeben hatte, hatte er betont, dass ihm nichts mehr am Herzen lag als Violets Sicherheit.
„Hat er
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