HISTORICAL BAND 295
Vorwarnung sprang er auf, riss sie in seine Arme und trug sie zum Bett. Dort ließ er sie auf die Felldecken fallen und legte sich auf sie, sodass sie nicht aufstehen konnte. Zugleich hielt er ihre Handgelenke fest umfasst. Einen Moment lang verharrten sie so, während Elgiva sich nicht rührte, sondern abwartete, betete und versuchte, möglichst gleichmäßig zu atmen. Ebenso bemühte sie sich, die erregende Wärme seines Körpers nicht zur Kenntnis zu nehmen. Wenn Wulfrum jetzt die Situation ausnutzen wollte, könnte sie ihn nicht mehr aufhalten. Für einen winzigen Augenblick konnte sie nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob sie ihn überhaupt aufhalten wollte. Entsetzt über solche Gedanken rief sie sich zur Ordnung. Er war der Feind, von ihm konnte keine Wärme ausgehen.
Wulfrum legte die Stirn in Falten. Was geht ihr in diesem Moment wohl durch den Kopf? Frauen waren doch verschlagene, falsche Geschöpfe, auf deren Wort man, anders als bei einem Mann, nicht vertrauen konnte. Eine so erlesene Schönheit wie Elgiva stellte sogar eine noch größere Gefahr dar. Er wusste, sie hatte ihm einen Teil der Wahrheit erzählt, aber er war sich ebenso bewusst, dass sie ihm einiges verschwiegen hatte. Dennoch hatte sie zumindest einige der Fragen beantwortet, die ihm in den letzten Tagen in den Sinn gekommen waren. Den Rest würde er nach und nach auch noch herausfinden.
Elgiva sah, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte. Sie verkrampfte sich und reagierte mit dem üblichen Widerwillen, als er sie küsste. Der Druck seiner Lippen war sanft, aber auch fordernd, keinen Widerstand duldend. Der Kuss dauerte lange an, sehr lange sogar. Schließlich legte er den Kopf ein Stück weit zurück, damit er sie ansehen konnte.
„Gib dich mir hin, Elgiva.“ Es war mehr eine Bitte als eine Forderung, seine Stimme war rau vor Verlangen. Ihr Körper versteifte sich daraufhin nur noch mehr. Als er ihren Gesichtsausdruck bemerkte, überspielte er seine Enttäuschung rasch mit Spott. „Nicht? Das dachte ich mir schon.“
Sie hielt seinem Blick stand und bemühte sich, ihr heftig schlagendes Herz zu ignorieren. „Ich werde mich Euch niemals hingeben.“
Seine Augen loderten förmlich. „Hast du dich Aylwin hingegeben?“
Im ersten Moment war sie völlig verblüfft. Er konnte doch unmöglich eifersüchtig sein? Die Versuchung, ihn zu belügen, war verlockend. Sie wollte ihm sagen, dass sie seinem Feind gehört hatte, aber aus einem unerfindlichen Grund brachte sie das einfach nicht fertig.
„Nein.“
„Dann war er ein Zauderer?“
„Er hat sich aus Respekt zurückgehalten. Ich kann natürlich nicht erwarten, dass Ihr das versteht.“
„Ich verstehe sehr gut: Du wolltest nicht das Bett mit ihm teilen.“
Ihre Wangen röteten sich, zum Teil, weil er mit seiner Vermutung so recht hatte, zum Teil aber auch, weil er sie mit derartiger Überzeugung aussprach.
„Komm schon, gib es zu.“
„Ich gebe nur eines zu, nämlich dass ich Euch verabscheue!“
Falls sie erwartet hatte, ihn damit wütend zu machen, wurde sie gleich eines Besseren belehrt. „Nein, das tust du nicht“, widersprach er und nahm eine Locke ihres Haars zwischen die Finger, um damit zu spielen. „Und du wirst zu mir kommen.“
Sie presste die Lippen zusammen. Glaubte dieser hochmütige Barbar tatsächlich, sie würde sich ihm an den Hals werfen, nur weil er das so wollte?
„Du meinst, dazu wird es niemals kommen, richtig?“
Prompt errötete sie noch heftiger, was ihm Antwort genug war und sein Lächeln noch breiter werden ließ.
„Niemals ist eine lange Zeit, Elgiva, und Zeit habe ich mehr als genug.“
Dann spürte sie, wie er sein Gewicht verlagerte und sie nicht länger aufs Bett drückte. Vor Erleichterung zitterte sie am ganzen Leib, während sie ihre schmerzenden Handgelenke rieb. Sie sah ihm zu, wie er das Bett verließ, um ihr Kleid aufzuheben. Er warf es ihr zu, sie fing es ein wenig ungeschickt auf.
„Zieh dich an.“ Er sah ihre überraschte Miene und fügte hinzu: „Ja, ich lasse dich in Ruhe. Jedenfalls für den Moment.“
Elgiva stand auf und zog ihr Kleid an, während er jede ihrer Bewegungen genau beobachtete. So sehr sie sich bemühte, ihr wollte einfach nichts einfallen, was sie in diesem Moment sagen konnte. Wortlos ging sie an ihm vorbei zur Tür, die immer noch verriegelt war. Der Riegel entpuppte sich als zu schwer und zu unhandlich für ihre zitternden Finger, und sie mühte sich vergeblich damit ab. Plötzlich stand
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