Historical Band 303
Einige trugen immer noch ihre Fesseln an Händen und Fußknöcheln.
Da entdeckte Bram am anderen Ende der Burg eine Frau, die sich ängstlich an der Mauer zusammenkauerte. Wenn sie dort blieb, würde sie nicht überleben. Um sie herum schlugen die Gefangenen auf ihre Peiniger ein. Sie schlachteten die Engländer mit jeder Waffe ab, die sie finden konnten.
Beim Anblick der verzweifelten Frau musste Bram an Nairna denken. Genau so wenig, wie er Nairna an solch einem Ort gelassen hätte, konnte er diese Frau jetzt hier zurücklassen. Während er jede Deckung nutzend zu ihr lief, wanderten seine Gedanken zu Nairna. Er konnte nur hoffen, dass seine Frau auf Glen Arrin in Sicherheit war. Trotzdem hatte er sie nur schweren Herzens verlassen.
Alles hatte ihn an den Abend erinnert, als er sie nach der Hochzeit verließ. Als er ihr den Abschiedskuss gab, hatte er nicht im Traum daran gedacht, dass es ihr letzter Kuss für die nächsten sieben Jahre sein würde.
Und wenn es ihm heute Nacht nicht gelang, aus dieser brennenden Burg zu entkommen, dann hatte er seine Frau wirklich zum letzten Mal gesehen.
Bram starrte die Unbekannte an, die das Gesicht zur Wand gedreht hatte und vor Entsetzen leise vor sich hin weinte. Er sollte nicht in ihr Schicksal eingreifen. Er wusste es, doch das änderte nichts an seinem Entschluss.
Er hielt seinen Schild schützend vor sich und wich den kämpfenden Männern aus. Schließlich war er bei ihr. „Bist du eine Geisel?“, wollte er wissen.
Sie umklammerte ihre Arme und schien ihn nicht zu hören. Als er ihr die Kapuze abstreifte, sah er, dass sie nur wenig jünger war als Nairna. Ihr verzweifelter Blick schweifte hierhin und dorthin, als wüsste sie nicht, wohin sie fliehen sollte.
„Wenn du von hier fort willst, kann mein Bruder dir Zuflucht bieten“, bot Bram ihr an. „Meine Frau wird sich um dich kümmern. Ich verspreche dir, es wird dir nichts geschehen.“
Die Frau sah ihn an, als müsste sie noch mit sich kämpfen. Er las Misstrauen in ihrem Gesicht. Aber ihre Furcht, zurückgelassen zu werden, schien größer zu sein. Schließlich raffte sie ihre Röcke und stand auf. „Bitte, hilf mir, nach Hause zu meinem Vater zu kommen“, flehte sie ihn an. Ihr Gälisch hatte einen starken Akzent.
Bram nahm sie bei der Hand und zog sie durch das Loch in der Mauer nach draußen. Er entdeckte Alex und Ross, die auch gerade flüchteten und führte die Frau zu den Pferden.
Als Alex, Ross und die anderen sie erreicht hatten, schrie der Clan-Führer ihn wütend an. „Bram, was in Gottes Namen soll das? Sie kommt nicht mit uns.“
„Wir können sie aber nicht hierlassen“, widersprach er.
„Sie ist eine von denen“, zischte Alex. „Wenn du sie mitnimmst, werden Cairnross’ Männer ihr bis nach Glen Arrin folgen.“
„Nein“, unterbrach ihn die Frau. „Wenn ihr meinem Vater eine Nachricht schickt, wird er mich holen und euch eine Belohnung geben.“
„Und wer ist, bitteschön, dein Vater?“, fragte Alex.
Die Frau sah ihn kühl an. „Guy de Montpierre, Duc D’Avignois.“
Plötzlich schien Alex’ Interesse geweckt. Er musste gar nichts sagen, Bram konnte seine Gedanken lesen. Wenn sie die Tochter eines französischen Duc retteten, konnte das eine Belohnung für ihren Clan bedeuten.
„Ich bin Marguerite de Montpierre“, fuhr die Frau hoheitsvoll fort. „Und ich wurde Lord Cairnross anverlobt.“ Die Abscheu, die ihr ins Gesicht geschrieben stand, ließ keinen Zweifel daran, dass sie diesen Mann nicht zu heiraten gedachte.
Bram überlegte, warum der Duc seine Tochter mit einem englischen Lord und nicht mit einem französischen Edelmann verheiraten wollte. Aber er stellte keine Fragen. Vielleicht war sie ja ein Bastard.
„Bis Euer Vater kommt, bieten wir Euch Schutz“, erklärte Alex. „Aber betet zu Gott, dass Cairnross Euch nicht findet.“
Die Frau zog sich wieder die Kapuze über, und Bram hob sie in den Sattel.
Die Burg stand jetzt in hellen Flammen und war kurz davor, einzustürzen.
„Ich bin froh, dass sie zerstört ist“, bemerkte Marguerite.
„Wie lange wart Ihr hier?“, fragte Bram und stieg hinter ihr in den Sattel. Dann trieb er das Pferd zur Eile an.
„Nur eine Woche. Aber die Gefangenen …“ Die Erinnerung ließ sie schaudern.
Bram schwieg. Er wollte gar nicht wissen, was seit seiner Flucht alles geschehen war. Er kannte die Foltermethoden der Soldaten nur zu gut. Ihm wurde das Herz schwer, wenn er daran dachte.
„Habt Ihr je einen Mann
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