HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
scheint, werde ich am Ende doch noch ein bisschen zu tun bekommen. Als Mitglied von General Lees persönlichem Stab habe ich ja die meiste Zeit in Richmond oder zumindest hinter den Linien verbracht. Aber der General meinte, diesmal könne das anders aussehen. Donovan hat sich mit den Yankees schon ein halbes Dutzend Scharmützel geliefert. Er sagt, es sei die reinste Hölle, mit Ruhm und Glorie habe das nichts zu tun. Wenn ich vernünftig wäre, würde ich den Kopf unten behalten und am Leben zu bleiben versuchen. Aber danach ist mir gar nicht zumute. Ein Mann ist kein Mann, wenn er nicht die Feuertaufe mitgemacht hat. Ich bin geradezu versessen darauf, für die Ehre von Familie und Vaterland zu kämpfen.
„Verdammter Narr!“ Donovan rieb sich die brennenden Augen mit dem Handrücken. „Ich versuchte ihm klarzumachen, wie hässlich das alles wäre und wie sinnlos, aber er glaubte mir nicht. Er hat es nicht mal eingesehen, als er mit herausgeschossenen Därmen dalag. Er starb in dem Glauben, es sei die edelste Tat, die er hätte vollbringen können.“
„Mach weiter“, bat Varina freundlich.
Donovan blinzelte seine Tränen fort, fasste das Papier fester und kam zum nächsten Absatz.
Aber dies ist nicht der Grund, warum ich Dir schreibe. Ich wollte Dir erfreuliche Neuigkeiten zukommen lassen. Heute war ich bei einem Juwelier und kaufte einen feinen goldenen Ehering. Wenn dieser Feldzug vorüber ist, gehe ich zurück nach Richmond, zeige ihn der süßesten Lady in Virginia und bitte sie, meine Braut zu werden.
Donovan brachte keinen weiteren Ton heraus. Er hüstelte linkisch, und ihn ergriff ein derart düsteres Gefühl, dass er dafür keine Worte fand. Den restlichen Text zu lesen wäre für ihn eine einzige Tortur, aber Varina wartete. Es war leichter, fortzufahren, als ihr zu erklären, warum er aufhören wolle.
Bisher habe ich Dir nie etwas von Lydia geschrieben. Sie ist nicht nur ein Engel, sondern auch noch die hübscheste Frau in ganz Richmond. Deshalb kann ich es immer noch nicht begreifen, dass sie ausgerechnet mich erwählt hat – schließlich ist die Stadt voller schneidiger Offiziere. Mir scheint, Donovan billigt unsere Beziehung nicht ganz. Vielleicht, weil Lydia Witwe und um einiges reifer ist als ich. Aber was zählen solche Dinge, wenn sich zwei Menschen lieben? Und ich bin verliebt, Varina. Dass ich Lydia kennengelernt habe, ist das glücklichste Ereignis in meinem Leben. Wenn ich morgen sterbe und nur gewusst habe, dass sie mich liebt, ist das …
„Das reicht.“ Donovan warf den Brief auf den Umschlag, er war zu erregt, um fortfahren zu können. „Du wirst mir hiervon nicht noch mehr zumuten. Erst erklärst du mir, was das soll.“
„Tut mir leid, ich wollte nur, dass du verstehst.“
„Was gibt es da zu verstehen?“
Varina drückte das Baby an sich, sie war blass, aber entschlossen. „Dieser Brief kam gleichzeitig mit der Nachricht von seinem Tod bei mir an. Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich an ihm klammerte, an jedem Wort. Wie dankbar war ich, dass Virgil in seinem armen, kurzen Leben eine Freundin hatte und die Liebe kennenlernte! Und ich sagte mir, wenn ich diese Lydia jemals, unter welchen Umständen auch immer, treffe, werde ich sie, um Virgils willen, wie eine Schwester umarmen.“
„Varina!“ Donovan war außer sich. „Siehst du nicht, worum es da ging? Sie hat Virgil benutzt und ihn nicht die Spur geliebt.“
„Wie kannst du dessen so sicher sein?“ Varina sprach ruhig, aber das verbarg nicht ihre widersprüchlichen Gefühle.
„Das hat sie mir selbst gesagt. Es ist noch keine Woche her. Sie erklärte, sie habe ihn sehr gern gehabt, sich in ihrer Situation aber nicht erlauben können, überhaupt einen Mann zu lieben.“
„Sie hatte ihn gern.“ Varinas flache Stimme drückte die eigensinnige Weigerung aus, die Wahrheit zu akzeptieren.
„Virgil gehörte zu Lees engsten Mitarbeitern. Er war jung und vertrauensvoll, also das ideale Ziel. Versuch nicht, sie zu verteidigen, Varina.“
„Aber Virgil kannte die Wahrheit nicht. Er starb glücklich und in dem Glauben, dass Lydia ihn liebte.“
„Er starb einen grässlichen Tod. Ich weiß das, weil ich dabei war.“ Donovan schwankte, als ihn die Erinnerung überfiel. Blut … überall war Blut gewesen. Es durchweichte die graue Uniform. Dann die zerschmetterten Organe, die mühsamen Atemzüge, das quälende Husten und am Ende der gnädige Tod, der Virgils klare junge Augen brechen ließ.
Er sah seine
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