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Historical Exklusiv Band 06

Historical Exklusiv Band 06

Titel: Historical Exklusiv Band 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caryn Cameron Merline Lovelace
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schlechte Laune während der vergangenen beiden Tage nur zu deutlich gezeigt hatte. James hatte sich um Geduld bemüht, hatte ihr eine heitere Fassade gezeigt und gelächelt, bis ihn jeder Muskel in seinem Gesicht schmerzte.
    Jetzt presste er die Zähne zusammen. Wäre er nicht sicher gewesen, dass es sie umbringen würde, hätte er der Frau befohlen, das verdammte Kleid sofort wieder anzuziehen.
    Wie erstarrt stand er da und sah zu ihr hin, während sie herankam. Röte stieg ihr in die Wangen, und ihre Brüste hoben und senkten sich. Doch sie schenkte ihm ein Lächeln, das nichts von der Verlegenheit verriet, die sie empfinden musste.
    "Du hattest Recht, du schrecklicher Mann. Jetzt kann ich endlich wieder atmen."
    Das konnte sie wohl, stimmte James ihr innerlich schweigend zu. Von sich dagegen konnte er das nicht behaupten. Seine Kehle war wie zugeschnürt.
    Ein Hauch von Belustigung trat in ihre braunen Augen. "Vermutlich sollte ich mich bei dir bedanken, aber es widerstrebt einer Missionarstochter, dem Schuft zu danken, der sie dazu überredete, ihre Kleider abzulegen."
    Trotz des Schmerzes in seinen Lenden musste James lächeln. "Wie ich schon sagte, Miss Abernathy – du bist eine äußerst ungewöhnliche Missionarstochter."

13. Kapitel
     
    Zurückblickend erkannte Sarah, dass sie ihre Tugend in dem Augenblick verlor, da sie das schwarze Trauerkleid ablegte. Nicht im wörtlichen Sinne natürlich, aber im tatsächlichen. Als sie mit nichts am Körper als ihrer Leibwäsche ins Licht trat, gab es für sie keinen Weg mehr zurück.
    Zusammen mit dem Kleid und der Tugend legte sie auch die Bürde ab, die sie so lange getragen hatte. Sie konnte nichts tun, um den Schmerz und die Angst zu lindern, die Abigail und Charlie empfinden mussten. Sich um sie und die älteren Jungen pausenlos zu sorgen, half niemandem weiter. Auch konnte sie kein Schiff an den Horizont zaubern oder das Atoll verlassen, bis der Herr in seiner unendlichen Güte dafür sorgte. Sie konnte nur akzeptieren, dass James und sie zusammen für eine unbegrenzte Zeitspanne gestrandet waren, und allmählich anfangen, ihre Weiblichkeit zu entdecken.
    Den ersten Eindruck davon bekam sie an demselben Tag, da sie in Hemd und Hose vor ihm erschienen war. Tödlich verlegen zog sie die Schultern nach vorn und drehte sich zur Seite, wann immer sie James' Blick begegnete. Aber als er sich während des Tages ganz normal verhielt und auch keine spöttischen Bemerkungen über ihre Fast-Nacktheit machte, beruhigte sie sich allmählich. Bis Mittag war sie in der Lage, sich nicht ständig abzuwenden und rot zu werden wie eine chinesische Laterne, wann immer sie seinem Blick begegnete. Bis zu den Nachmittagsregenfällen hatte sie beinahe vergessen, wie dünn der Stoff war, den sie trug.
    Sie wurde daran mit aller Macht erinnert, als James von einem Ausflug zurückkehrte, auf dem er Möweneier gesammelt hatte. Der heftige Regenguss war zu einem leisen, gleichmäßigen Rauschen geworden. Sarah stand am Rande der kleinen Lichtung, die James vor der Hütte geschlagen hatte. Sie hatte das Gesicht dem warmen Regen zugewandt und lauschte auf das melodische Plätschern der Tropfen auf den Blättern, so dass sie sein Kommen nicht hörte.
    Mit der erstaunlichen Schnelligkeit, die in den Tropen üblich war, hörte der Regen auf, und die Sonne trat hervor. Erfrischt und mit den ersten Anzeichen von Zufriedenheit, seit sie ins Meer gefallen war, hob Sarah die Arme und versuchte, mit den Fingern ihr schweres Haar zu entwirren. Es hatte sich bisher allen Versuchen widersetzt, sich kämmen zu lassen.
    "Zum Teufel damit", murmelte sie und wiederholte damit James' Lieblingsfluch.
    Sie gab es auf und ließ die Arme sinken. Dann drehte sie sich um und erschrak, als sie James sah, der wie zu Stein erstarrt wirkte. Der Regen schien ihm das Haar an den Kopf geklebt zu haben und hatte seinen gebräunten Schultern und seiner Brust schimmernden Glanz verliehen. Dunkle Bartstoppeln bedeckten sein Kinn. Seine nasse Hose klebte ihm an den Schenkeln. Er sieht, dachte Sarah, sehr wild und fast primitiv aus. Außerdem, stellte sie fest, starrte er sie durchdringend an.
    Nie zuvor hatte sie sich entblößter gefühlt. Oder verletzlicher. Oder, dachte sie, weiblicher.
    Mit aller Kraft kämpfte Sarah gegen das Bedürfnis, die Arme vor der Brust zu kreuzen. Wenn sie gezwungen sein würde, die nächsten Tage, Wochen oder Jahre in erzwungener Gemeinschaft mit diesem Mann zu verbringen, konnte und wollte sie

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