Historical Lords & Ladies Band 40
sodass Sie sich nicht an ihn erinnern können.“
„Lebt er noch in Indien?“
„Nein, in Schottland. Sein Landgut liegt in der Loch Lomond Region. Als jüngerer Sohn gelangte er erst nach dem Tod seines Bruders in den Besitz des Titels sowie des Vermögens.“
„Weiß er, dass Papa …“, Helen schluckte, bevor sie weiterredete, „dass Papa tot ist, und wie er gestorben ist?“
„Ich habe ihm geschrieben und warte auf seine Antwort. Inzwischen können wir nichts unternehmen.“ Der Anwalt sammelte seine Papiere zusammen, trat zu ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter. „Es tut mir unendlich leid, dass ich Ihnen so schlimme Neuigkeiten überbringen musste.“
„Konnten Sie meinen Vater denn nicht daran hindern, immer tiefer in Schulden zu geraten?“
Mr Benstead gestattete sich den Anflug eines Lächelns. „Er war sehr starrköpfig, meine Liebe, und hörte nicht auf Ihre Mutter, als sie noch lebte. Wie hätte er sich da von mir beeinflussen lassen? Ich habe ihn wieder und wieder gewarnt – ohne Erfolg. Es war nicht nur das Glücksspiel, Ihr Vater hat auch unglückliche finanzielle Spekulationen getätigt.“
Als sie ihm das Gesicht zuwandte, bemerkte er darin einen entschlossenen Ausdruck. „Falls ich jemals heiraten sollte, werde ich sicherstellen, dass mein Ehemann kein Spieler ist. Das soll im Ehevertrag festgehalten werden. Das heißt, wenn ich jemanden finde, der mich heiraten will“, setzte sie hinzu.
„Sie sind eine sehr hübsche junge Dame, und es wird Dutzende von jungen Männern geben, die sich um Sie bewerben.“
„In Schottland?“, fragte sie leicht belustigt.
„Wir wissen nicht, wie sich der Earl entscheidet. Sobald ich von ihm eine Nachricht erhalte, erstatte ich Ihnen Bericht.“
„Gibt es auch eine Lady Strathrowan?“
„Das ist anzunehmen. Genaueres weiß ich erst, wenn ich von Lord Strathrowan etwas höre.“
„Und in der Zwischenzeit?“
„Sie können hier wohnen, bis der Verkauf des Hauses abgeschlossen ist. Aber bitte beschränken Sie Ihre Ausgaben auf ein Minimum. Soll ich die Dienstboten informieren?“
„Das werde ich selbst erledigen. Ist genug Geld für deren Lohn da?“
„Nein, jedenfalls nicht, bevor das Haus verkauft ist …“ Er zuckte die Achseln. „Doch wenn die Gläubiger zuerst da sind …“
„Die Dienstboten müssen bezahlt werden“, rief Helen, „notfalls von meinem eigenen Geld.“
„Sie werden jeden Penny für sich selbst benötigen, Miss Sanghurst. Die Leute finden bestimmt schnell andere Stellungen.“
„Trotzdem werde ich sie bezahlen.“
Der Anwalt verabschiedete sich seufzend. Helen war genauso starrköpfig wie ihr Vater, und er hoffte, dass ihr das in Zukunft nicht schaden würde.
Helen blieb noch einen Augenblick sitzen. Jetzt stand ihr die unangenehme Aufgabe bevor, den Butler und die anderen Dienstboten zu informieren. Schließlich raffte sie sich auf und ging zur Tür. „Coster, würden Sie wohl alle Leute zusammenrufen? Ich muss ihnen etwas mitteilen.“
„Armes Mädchen“, murmelte er, während er sich in den rückwärtigen Teil des Hauses begab. „Steht ganz allein auf der Welt und noch dazu ohne einen Penny, wenn man den Gerüchten Glauben schenken kann.“ Er konnte sich vorstellen, was als Nächstes kam. Sie würden alle auf der Straße stehen.
Kaum zehn Minuten später erwies sich seine Vermutung als richtig. Das Haus sollte verkauft werden, und Miss Sanghurst würde bei ihrem Vormund leben. Bisher hatte niemand etwas von der Existenz eines Vormundes gewusst, doch um ihretwegen waren die Dienstboten froh darüber. Sie brauchte jemanden, der sich um sie kümmerte.
Als Daisy fragte, ob sie nicht für weniger Geld bleiben könnte, verließ Helen den Salon und lief die Treppe hinauf in ihr Zimmer, wo sie sich auf das Bett warf und hemmungslos schluchzte. Es war ihr unbegreiflich, dass ihr Vater, ohne an ihre Zukunft zu denken, sein ganzes Vermögen verspielt hatte. Und anstatt sich dem Schicksal zu stellen, hatte er seinem Leben ein Ende gesetzt und sie wie einen herrenlosen Hund einem Fremden überlassen.
Sie fand sein Verhalten unehrenhaft. Er hätte wissen müssen, dass diese Schande auf seine Tochter zurückfallen würde, die er angeblich liebte. Es hatte bereits begonnen. Lady Carruther hatte sie vor zwei Tagen in der Leihbibliothek geschnitten und Mrs Courtney ihre Tochter im Park daran gehindert, mit Helen zu reden.
Am Ende versiegten ihre Tränen. Sie wusch sich das Gesicht, frisierte sich
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