Historical Saison Band 15
erneut jenen distanzierten Ausdruck an.
„Denk darüber nach und teile mir mit, wie du dich entschieden hast.“ Dominic legte die Einladungskarte auf einen kleinen Tisch und ging zur Tür.
„Warte, bitte.“ Als er stehen blieb und sich umdrehte, erklärte sie: „Ich würde sehr gern mit dir die Vauxhall Gardens besuchen.“
„Danke.“ Ein Teil seiner inneren Anspannung lockerte sich. Nach einer Verbeugung wollte er sich wieder abwenden, aber Arabella hielt ihn noch einmal zurück.
„Willst du nicht für eine kleine Weile hierbleiben?“ Sie wies auf das Sofa. „Setzen wir uns – unterhalten wir uns ein bisschen.“
Die plötzliche Änderung in ihrem Verhalten verblüffte ihn. Diesen Wunsch konnte er ihr nicht abschlagen. Außerdem – wenn sie reden wollte, musste er die Gelegenheit nutzen und ihr zuhören. Und vielleicht würde sie endlich die Fragen beantworten, die ihn seit fast sechs Jahren quälten.
„Erzähl mir, wie du diesen Tag verbracht hast.“ Arabella sank auf das grün-weiß gestreifte Sofa und schlang ihre Finger etwas zu fest ineinander.
„Das willst du wissen?“
„Ja, es interessiert mich. Bisher hast du mir noch gar nichts über dein Leben verraten.“
„Du hast nicht danach gefragt.“ Dominic nahm neben ihr Platz.
„Dann habe ich meine Pflichten vernachlässigt“, sagte sie mit einem Lächeln, das ihre Augen nicht erreichte.
„Nur aus einem Pflichtgefühl heraus sollst du kein Interesse zeigen“, mahnte er und berührte ihre verkrampften Hände.
Als sie seinen Blick erwiderte, erlosch ihr Lächeln.
In der Halle erklang ein lautes Klirren. Erschrocken zuckte Arabella zusammen.
„Was zum Teufel …“ Dominic sprang auf, um nachzusehen, was da draußen geschah.
Aber Arabella erhob sich ebenfalls und versperrte ihm den Weg. „Gemmell ist ein bisschen ungeschickt. Bitte, du darfst ihn nicht schelten, ich flehe dich an!“ Sie war blass geworden. Beinahe sah sie verängstigt aus.
„Niemanden werde ich schelten, ich möchte nur feststellen, ob jemand einen Unfall erlitten hat.“
„Dominic …“ Arabella trat näher zu ihm. Unsicher sah sie zu ihm auf. Dann glitten ihre Fingerspitzen langsam über sein Gesicht, und alles in seiner Welt schien innezuhalten.
Wie seltsam sie ihn berührte … als wollte sie sich vergewissern, dass er es wirklich war. Er rührte sich nicht. Sie strich über seine Nase, den Mund ließ sie aus. Stattdessen zeichnete sie die Konturen seines Kinns nach. In dem Grübchen verweilten ihre Finger, fühlten sich auf seiner Haut wie Eis an.
Unverwandt schaute er in ihre Augen. Nun wanderten die Fingerspitzen allmählich nach oben, und ihm stockte der Atem.
Sein ganzer Körper spannte sich an.
Endlich erreichten die Finger seine Lippen, federleicht und zitternd.
Dominic hörte auf, zu denken, und ergriff die Initiative. Die Verlockung war zu stark, es gab nur noch eine Möglichkeit … er küsste ihre süßen, zarten Finger, jeden einzelnen.
Und als sie in seine Arme sank und ihren Körper an seinen schmiegte, küsste er ihren Mund. Das erschien ihm in diesem Moment ganz natürlich, sogar selbstverständlich.
Während Arabella den Kuss erwiderte, vergaß sie, dass sie es nur tat, um Archie und ihre Mutter zu schützen. Leidenschaftlich küsste sie Dominic, alles andere versank im Nichts. Und er umfing sie, als würde sie ihm etwas bedeuten, als würde er sie lieben.
Dies war der Mann, den sie damals gekannt und geliebt hatte. Unter ihrer Hand spürte sie seine kraftvollen Herzschläge, die Wärme seines Körpers, und sie empfand die gleichen Gefühle wie früher als neunzehnjähriges Mädchen. Mit seinen Lippen verehrte er sie geradezu, und sie glaubte an die Illusion, die seine Zärtlichkeit erzeugte, an Liebe, an Geborgenheit an seiner Brust.
Hingebungsvoll umschlang sie seinen Nacken, schwelgte in diesem wundervollen Kuss. Wie hatte sie die vielen Jahre ohne ihn ertragen? Ihr Herz klammerte sich an seines, wollte es nicht mehr loslassen.
Lüge, alles Lüge, wisperte eine Stimme in ihrem Kopf. Da dachte Arabella an alles, was er getan hatte. An ihren vaterlosen Sohn. Und die Erinnerungen kühlten ihre Glut wie ein Sprung in eisige Fluten. Sie riss sich los und taumelte zurück. Entsetzt über ihr Verhalten, presste sie eine Hand auf ihren Mund.
„Arabella?“ Verwirrt starrte Dominic sie an, mit dunklen, leicht verschleierten Augen.
„Oh, ich …“ Sie trat noch weiter zurück und schüttelte den Kopf. Um zu erklären, was
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