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Historical Weihnachtsband 1990

Titel: Historical Weihnachtsband 1990 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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bezweifelte sie, daß er jemals wieder über solche Dinge reden wollte.
    Und dasselbe mußte auch für seinen Kuß gelten. Für sie mochte die Erinnerung an diesen Kuß eines der Ereignisse sein, das sie ihr Leben lang nicht mehr vergaß. In Jacks abwechslungsreichem Leben jedoch war es wohl eine alltägliche Begebenheit. Es hätte sie nicht überrascht zu erfahren, daß Jack am selben Tag noch eine andere junge Frau geküßt hatte. Rasch genug war er ja zusammen mit Gray davongefahren, und keiner von beiden war bis spät in die Nacht zurückgekehrt. Sosehr sie solche Dinge auch verletzen mochten, mußte Mary sie doch als wahr anerkennen. Wenn sie sich nämlich an einen Traum klammerte, führte das zu nur noch größeren Seelenqualen. Jack hatte ihr selbst gesagt, wo seine Zukunft lag, und sie konnte sich nur schaden, wenn sie sich etwas anderes vorgemacht hätte.

    Wichtiger als Freude oder Schmerz war, daß die Wahrheit über ihre Gefühle in ihrem Herzen eingeschlossen blieb. Nicht nur vor Jack mußte sie die verbergen, sondern auch vor allen anderen. Sie schüttelte sich bei der Vorstellung, was geschehen mochte, falls irgendjemand ahnte, was sie empfand. Wie man sie auslachen würde, welchen Spaß man sich mit ihr machen würde. Die arme Mary ist in Jack verliebt. Seht ihr, wie sie nach ihm schmachtet?
    Die arme Mary.
    Eigenartig, obwohl sie ihr ganzes Leben in Northampton unter diesen Menschen verbracht hatte, war ihr bisher noch nie aufgefallen, wie sie von ihnen behandelt wurde. Seltsam, daß ihre Rolle sie bis dahin nicht gestört hatte, während sie nun plötzlich unter ihr litt. Es machte ihr nichts aus, anderen Menschen zu helfen, aber es schmerzte sie, wie jemand behandelt zu werden, der keine Gefühle hatte. Und nicht nur keine Gefühle, sondern auch fast keine Gestalt, denn Mary hatte den Eindruck, wenn sie nicht so viele Aufgaben hätte, wäre sie unsichtbar.
    War etwas kaputtgegangen? Frage Mary, sie wird es wieder reparieren. Hatte jemand irgend etwas verloren? Mary wird es für dich suchen. Aber was war mit Mary? Mit ihrem Herzen?
    Bisher war sie sich der Existenz dieses Organs kaum bewußt gewesen, doch nun war es erwacht und verlangte nach Nahrung. Und obwohl sie sich nicht wünschen wollte, daß Jack sie nie in die Arme genommen hätte, konnte sie doch nur fürchten, was die Zukunft für sie bereithielt.
    Was sollte aus ihr werden, nachdem Jack fortgegangen war? Die wahrscheinliche Antwort schien düster und unheilvoll. Aber sie war machtlos, das ihr Geschehene oder ihre Gefühle zu ändern. So ging sie ihren Pflichten nach und dürstete nach jeder weiteren Stunde, während sie sie gleichzeitig fürchtete.
    ★
    Unter anderem war Mary in diesem Jahr spät dran mit dem Verschicken der Weihnachtskarten. Fand sie mal ein wenig Frieden, um sich hinzusetzen und zu schreiben, wurde sie bald von dem nächsten Notfall abgelenkt, der nicht ohne ihr Zutun gelöst werden konnte. Wo immer sie auch sein mochte, der Ort wurde zum Zentrum der Aktivität. Vier Tage vor Weihnachten schließlich nahm sie ihre Karten und Schreibfedern und schlich in die Bibliothek hinunter. Leise schob sie die Tür hinter sich zu.
    Sie öffnete die Schachtel und breitete die Karten vor sich aus. Dann machte sie sich daran, die Bilder den Personen auf ihrer Liste zuzuordnen. Die Gruppe von Sängern wäre gut für Martha Washburn, mit der sie zusammen zur Schule gegangen war.
    Emilys Familie würde die mit dem heimkehrenden Förster gefallen. Mary griff nach einer Karte mit einem Kind, das sich aus einem Fenster mit Butzenscheiben lehnte und den Rotkehlchen, die sich davor im Schnee versammelt hatten, Brotkrumen hinstreute. Ein Vögelchen, das kleiner war als die anderen, saß auf einem Stechpalmenbusch. Es hatte den Kopf zur Seite gelegt, als wäre es sich nicht ganz sicher, ob es dem Kind vertrauen sollte. Dennoch hatte man den Eindruck, daß es schließlich ebenfalls essen und keines der Vögelchen bei dieser mitleidigen Tat zu kurz kommen würde.
    Tante Alice hätte diese Karte gemocht, dachte Mary seufzend. Einen Moment zögerte sie, dann legte sie die Karte zur Seite. Sie wollte später entscheiden, wer sie bekommen sollte.
    Sie nahm die Karte mit den Sängern, klappte sie auf und tauchte ihre Feder ein.
    Dabei überlegte sie, was sie Martha Washburn schreiben sollte. Doch kaum hatte sie den Gruß und das Datum niedergeschrieben, als die Tür geöffnet wurde, und Sophie den Kopf hineinsteckte.
    „Weißt du, wo Florence

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