Historical Weihnachtsband 1993
auf diese Weise mitzuteilen, daß er sie liebte.
„Ich weiß", flüsterte Blythe. „Kommt Jaime zum Essen ins Haus?"
„Er läßt dir ausrichten, du mögest ihm etwas aufheben. Er wird wohl bald da sein", antwortete Rafe. „Die Kuchen seien in der alten Spielzeugschachtel im Kinderzimmer."
„Liegt er eigentlich auf der Lauer wegen deinen Leuten oder wegen Seths?"
„Das weiß er wohl selber nicht so recht", gab Rafe zurück. „Er gibt sich alle Mühe, mich nicht zu mögen, weil er Seth gern hat. Aber ich bin Seths Bruder und dein Freund, also stellt sich Jaime vor, daß ich doch kein allzu schlechter Kerl sein könnte.
Es kommt ihm, glaube ich, nur darauf an, dich vor allem und jedem zu schützen."
„Er wird zwischen zwei Treuebegriffen hin und her gerissen", sagte Blythe traurig,
„das ist zu schwierig für ihn."
„Nicht mehr lange, Liebste. Seth und ich haben schon darüber geredet, daß wir die Farm gemeinsam wieder aufbauen wollen."
Ja, wenn ihr dann beide noch am Leben seid, dachte Blythe.
„Und wir werden es tun, Liebste, verlaß dich drauf!"
Nun drängten die Kinder wieder in die Küche, hungrig und aufgeregt. Von neuem fiel Blythe die spürbar erregte und freudige Spannung auf, als hätten sie alle ein wunderbares Geheimnis, und sie fragte sich, was dies wohl zu bedeuten hätte. So wurde sie von ihren belastenden Gedanken ein wenig abgelenkt.
Erst gab es ein wenig Hühnerbrühe. Etwas davon goß Blythe in eine kleine Schüssel und stellte einen Teller mit Toast und Bratensoße auf ein Tablett, das sie Rafe hinhielt. „Bringe es bitte dem General und lade Seth zu Tisch. Heute möchte ich beide Hamptons zu Gast beim Essen haben", sagte sie weich. „Beruhige Seth, da Jaime Wache steht!"
Wenig später traten die beiden Brüder Seite an Seite in die Küche. Seths abgezehrte Gestalt verschwand fast in Rafes weitem Offiziersmantel, doch auf dem Gesicht lag der Anflug eines Lächelns. Die Kinder begrüßten ihn liebevoll und zeigten ihm die Halstücher und die neuen Stoffpuppen. Rafe stellte fest, daß sich alle in Seths Gegenwart überaus wohlfühlten, und dachte wieder, wie sehr wohl Blythe während der letzten Jahre auf seinen Bruder angewiesen gewesen sein mochte. Das schmerzte sehr. Zwar quälte Rafe nicht länger die Eifersucht, doch nun eine Art Schuldgefühl, daß er ihr nicht hatte beistehen können, als es so nötig gewesen war.
Er fragte sich im stillen, ob denn das schlechte Gewissen ihn in Zukunft nun immer so quälen würde.
Weder er noch Seth aßen viel, wenngleich Blythe und Rafe sich bemühten, wenigstens Seth dazu zu bewegen. Doch die drei Erwachsenen empfanden ihre Freude dabei zuzuschauen, wie die Speisen in den kleinen Mündern verschwanden.
Vor allem die Apfelkuchen verschlangen die Kinder mit kaum verhüllter Gier. Nur für Jaime wurde ein besonders großes Stück zur Seite gelegt.
Nach dem Essen stand Margaret auf und kam auf Blythe zu.
„Miss Blythe, wir haben ein Geschenk für Sie."
Blythe sah sprachlos zu Rafe hinüber, und Seth bemerkte ihren Blick.
„Darf ich bitten?" Rafe erhob sich und bot ihr den Arm.
Margaret und die anderen kicherten und rannten eilends hinaus. Helles Gelächter, sonst eher selten, scholl herein.
„Ich habe Befehl, dich in etwa fünf Minuten hinauszubegleiten", sagte Rafe, „und ich glaube, Seth hat andere Pflichten."
Blythe schaute argwöhnisch von einem zum anderen. Rafe beugte sich über sie und küßte sie. "Außerdem mußt du die Augen schließen, und ja nicht versuchen, sie zu früh aufzumachen."
Blythe gehorchte und genoß das Gefühl, sich ganz von Rafe führen zu lassen, sich auf seinen Arm zu stützen. Was hatten sie bloß im Sinn? Um welches Geschenk konnte es sich wohl handeln? Sie vernahm hastige Schritte treppauf, treppab, unterdrücktes Gewisper, Türen wurden geöffnet und geschlossen.
Erst als Rafe Blythe neckend auf den Nacken küßte, begriff sie, daß sie allein waren.
Und dann folgte sie seiner Bewegung und wollte losgehen.
"Augen zu lassen", drängte er, und sie preßte die Lider noch fester zusammen. Dabei durchströmte sie unerwartete Vorfreude. Nun fühlte sie sich gut aufgehoben, und Rafe drückte sie eng an
sich. Wieder hörte sie, wie eine Tür aufging, und zuckte unter einem Schwall kalter Luft zusammen. Wenig später gab Rafe sie wieder aus seiner Umarmung frei. Seine Stimme klang so innig, daß es Blythe durch Mark und Bein ging. Jetzt darfst du die Augen wieder öffnen."
Sie tat es und
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