Historical Weihnachtsband 1993
Kuß auf die Wange und schlug seinem Sohn derb auf den Rücken. „Dann laßt uns gleich darauf trinken, daß ich gerade eine zweite Tochter bekommen habe", sagte er. „Das nenne ich ein schönes Weihnachtsgeschenk, John, das du uns damit machst!"
„Dazu brauchen wir ein wenig Musik." Alanna wandte sich an Brian, der ihr zunickte und hinausrannte, um seine Flöte zu holen. Als er wiederkam, mahnte die Schwester: „Es muß aber ein munteres Lied sein, Brian, die frisch Verlobten sollen ihren ersten Tanz haben!"
Brian stellte einen Fuß auf die Sitzfläche eines Stuhles und begann zu spielen. Als lan Alanna die Hand auf die Schulter legte, spürte er, daß sie unter seiner Berührung leicht zusammenzuckte.
„Gefällt Ihnen der Gedanke an eine nahe Hochzeit, Mrs. Flynn?"
"Ja, sehr." Mit feuchten Augen lächelte sie zu dem jungen Paar hin, das sich im Kreise drehte. „Sie wird ihn glücklich machen, und sie werden sich ein gemütliches Heim schaffen und eine richtige Familie gründen. Genau das wünsche ich ihm."
Ian grinste, und der Vater goß sich gerade einen weiteren Becher Punsch ein. Darauf begann er, den Takt mitzuklatschen.
„Und was wünscht du dir selber?"
Sie drehte sich zu ihm herum. „Auch ich habe immer nur davon geträumt." Ihr Blick hielt den seinen fest, und Ian beugte sich näher zu ihr.
„Wenn du mir jetzt auch deine Antwort auf meine Frage gäbest, könnten wir heute am Heiligen Abend gleich eine doppelte Verlobung feiern."
Alanna schüttelte den Kopf, obwohl sie einen Stich in der Brust empfand. „Nein, dieser Abend gehört Johnny." Dann ließ sie es mit einem leisen Lachen geschehen, daß der Bruder ihre Hände faßte, um mit ihr nach einer alten irischen Weise zu tanzen.
Draußen hatte es wieder ganz leicht zu schneien angefangen. Drinnen im Haus aber füllten Kerzenlicht, Musikklänge und Lachen die Räume. Alanna mußte an ihre Mutter denken. Wie glücklich wäre sie wohl gewesen, die Familie so fröhlich und vereint an diesem segensreichen Abend beisammen zu sehen! Dann erinnerte sich Alanna auch an Rory, den heiteren und hübschen Rory, der sie alle beim Tanzen übertroffen und mit seiner klaren Tenorstimme dazu gesungen hätte.
„Werde glücklich!" Impulsiv schlang sie beide Arme um Johnny. „Glücklich in Freiheit und Sicherheit!"
„Nun, nun, was soll das denn?" Gerührt und ganz verlegen erwiderte er ihre Zärtlichkeit und zog sie mit sich fort.
„Ich habe dich lieb, dummer Kerl!"
„Das weiß ich doch." Er bemerkte, wie sein Vater sich abmühte, Mary einen altmodischen Tanzschritt zu zeigen, und grinste über das ganze Gesicht. „He, Ian, befreien Sie mich von dieser Frau. Hin und wieder muß jeder Mann einmal verschnaufen."
„Doch nicht ein Ire", meinte Ian und faßte Alannas Hand, „und schon gar nicht ein Schotte!"
„Ach, ist das wirklich so?" Mit einem Lächeln warf sie den Kopf in den Nacken und machte sich daran, ihm zu beweisen, daß eine Irin selbst einen Schotten beim Tanz übertreffen konnte.
Dann irgendwann, als die Kerzen längst heruntergebrannt waren, gingen alle zu Bett. Doch die Ruhe dauerte nicht lange, denn schon beim ersten Morgenlicht des neuen Tages begann man wieder mit dem Feiern. Beim Schein des Feuers im Kamin tauschte man unter dem Weihnachtsbaum die Geschenke aus. Es bereitete Alanna große Freude zu sehen, wie Ian sich über das Tuch freute, das sie für ihn gewebt hatte. Mochte es sie auch so manche Nachtstunde gekostet haben, die blauen und grünen Wollfäden zu einem Muster zu verarbeiten, so hatte es sich doch gelohnt.
Wenn Ian sie verließ, würde er ein Stück von ihr mitnehmen können. Gerührt bemerkte sie, wie leid es ihm tat, daß er keine Geschenke hatte, die er verteilen konnte. Wie auch hätte er etwas beschaffen sollen?
Später standen sie dann Seite an Seite in der Dorfkirche. Obwohl Alanna der Epistel von der Geburt des Erlösers mit dem gleichen Staunen lauschte wie früher als Kind, entging es ihr nicht, daß andere Frauen immer wieder zu ihr und Ian herüberschauten, Neugier und auch ein bißchen Neid im Blick. Und so ließ sie es geschehen, daß er ihre Hand in die seine nahm.
„Du bist heute sehr schön, Alanna." Draußen vor dem Gotteshaus, wo die Leute schwatzten und Weihnachtswünsche tauschten, küßte er ihre beiden Hände. Und obgleich sie wußte, daß das Wasser auf die Mühlen der Klatschbasen im Dorf bedeuten mußte, schenkte sie Ian ein verheißungsvolles Lächeln. Immerhin war sie Frau genug,
Weitere Kostenlose Bücher