Historical Weihnachtsband 1993
zutage gefördert zu werden? Alanna hatte sich daran gewöhnt, Ians Berichten aufmerksam zu lauschen, wenn er nach den Zusammenkünften der Männer heimkehrte, und war stolz auf ihn, wenn andere seinen Rat suchten. Wie er empfand sie die neuerliche Steuer, die Port Bill, als ungerecht, gleich ihm verwarf sie den Einfall des Königs, die Kolonien für den Tee bezahlen zu lassen, den man in Boston ins Meer geschüttet hatte, um so einer Bestrafung zu entgehen.
Nein, jene Männer hatten recht gehabt, wie eben manchmal hinter einer Tollkühnheit nichts als Recht stehen mochte. Waren nicht auch etliche andere Städte und Provinzen aufgestanden, um Boston tatkräftig zu unterstützen?
Alanna dachte an die Flitterwochen in Schottland zurück, wo sie Ians Familie kennengelernt hatte und mit ihm durch die Wälder seiner Kindheit gewandert war.
Eines Tages würden sie beide dorthin zurückkehren und das Kind mitnehmen, um ihm die Heimat seiner Väter zu zeigen. Und auch nach Irland wollten sie später einmal reisen. Nein, dachte sie, als der Schmerz sie von neuem überkam und sie beinahe ohnmächtig werden ließ, unser Kind wird niemals jene vergessen, die vor uns gelebt haben. Nur bei der Erinnerung an die Vergangenheit konnte das Kind, einmal erwachsen, den eigenen Weg wählen und sein eigentliches Vaterland. Beide, Ian und sie, würden um dieses Recht kämpfen.
„Das Baby kommt." Gwen schenkte Ian ein schnelles Lächeln der Ermutigung. „Bald schon wirst du Vater sein."
Jetzt ist es gleich soweit, Ian", Alanna stöhnte vor Schmerzen. ,,Halt meine Hand fest
- o Allmächtiger, hilf!" Trotz der Angst, die er um seine Frau empfand, gab sich Ian standhaft. „Du bist so tapfer, Liebes, ich bitte dich, halt aus!"
„Du solltest wissen, daß ich Schmerzen ertragen kann. Großer Gott!" Alanna umklammerte die Hand ihres Mannes. „Es hat es eilig, auf die Welt zu kommen. Kein Zweifel, es schlägt nach seinem Vater, ungeduldig und eigensinnig."
Ian warf Gwen einen verzweifelten Blick zu. „Muß sie noch lange so leiden?" wollte er wissen. „Das ist nicht mitanzusehen."
„Bald ist es soweit." Gwen stieß einen leisen Ruf des Unwillens aus, als es eben jetzt klopfte.
„Mach dir keine Sorgen, ich werde ihnen schnell Beine machen." Serena ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt. Es überraschte sie, ihren Mann draußen stehen zu sehen. „Brigham, das Baby kann jeden Moment kommen, ich habe jetzt wirklich keine Zeit für dich."
„Dann mußt du sie dir eben nehmen." Er zog sie in den Flur. „Gerade erst habe ich die Nachricht erhalten, auf die ich lange gewartet hatte, eine Bestätigung aus London, ohne die ich dir nichts davon sagen wollte."
„Was kümmert mich eine Nachricht aus London?" grollte Serena, als sie Alanna durch die geöffnete Tür stöhnen hörte.
"Alles andere kann warten, Onkel", sagte Ian.
„Auch du solltest diese Nachricht vernehmen, heute, in dieser Nacht aller Nächte, Ian."
„Dann sag schon, was es ist, und geh endlich", fuhr ihn Lady Serena heftig an.
Brigham Langston umfaßte ihre Schultern und schaute ihr tief in die Augen. „Im vergangenen Monat hat das Parlament über einen Antrag beraten. Der Proscription Act, in dem alle Stuart-Anhänger damals geächtet wurden, ist aufgehoben worden."
Er schloß Serena in seine Arme, und ihr wurden die Augen feucht. „Der Name MacGregor ist nicht länger verfemt."
Mit diesen Tränen fiel eine Last von Lady Serena ab, die sie fast ein ganzes Leben lang mit sich herumgeschleppt hatte. „Gwen, Gwen, hast du das gehört?"
Ja, das habe ich, und bin, weiß Gott, dafür dankbar, aber im Moment habe ich alle Hände voll zu tun."
Lady Serena hastete an das Bett.
Einige wenige Minuten später verkündete der Klang der Kirchenglocken die Mitternacht und damit einen neuen Weihnachtsmorgen. Der kräftige erste Schrei eines Kindes mischte sich mit dem Geläute und verhieß neues Leben.
„Es ist ein Junge, ein Sohn!" Gwen hielt das Neugeborene in den Armen.
„Ist alles in Ordnung mit ihm?" Erschöpft lehnte sich Alanna an die Schulter Serenas.
„Wie geht es ihm?"
„Wunderbar", versicherte ihr Lady Serena und wischte sich die Tränen ab. „Gleich werden wir ihn dir in die Arme legen."
„Ich liebe dich." Ian umklammerte Alannas Hand und drückte sie an die Lippen.
„Und ich danke dir für das größte Geschenk, das ein Mann jemals empfangen kann."
„Hier ist er." Gwen drückte dem frischgebackenen Vater das Bündel in die Arme.
„Nimm
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