Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hitzetod

Hitzetod

Titel: Hitzetod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Pearson
Vom Netzwerk:
Alpträume zu schüren. Eine Tankstelle bei Nacht, das kalte Licht der Neonröhren ergoss sich über den Vorhof. Der Lieferwagen, dessen Hecktüren offen standen wie der Schlund einer bösen Kreatur. Ein schwarz gekleideter Mann rannte darauf zu und sprang hinein, während der Lieferwagen anfuhr. Der schwache Rauch, der, schweflig und gelb, aus den Gewehrläufen entwich.
    Delaney stand auf, taumelte zum Waschbecken in der Ecke des Zimmers und erbrach sich, wobei der bittere Whisky ihm in der Kehle brannte, als er um Luft rang. Er ließ kaltes Wasser laufen, schöpfte es mit der Hand und spritzte es sich über den Kopf. Dann füllte er ein Glas, das er in einem Zug leerte, nahm eine Flasche Mundwasser vom Regal über dem Waschbecken und gurgelte damit. Er hob den Kopf, konnte seinem eigenen Blick jedoch nicht standhalten; er ging zu dem Schrank neben der Tür und nahm den Schlüssel seines alten Saab vom Haken.
    Da die Nacht immer noch warm war, fuhr Delaney bei offenem Fenster, sodass die schwüle Luft ihm die Haare flach an den Kopf wehte und ihn wach klopfte. Die weißen Striche in der Mitte der Straße und die aufdringlich gelben Straßenlaternen rasten wie in einem Traum an ihm vorbei. Hin und wieder musste Delaney den Kopf schütteln, um seine Gedanken zu ordnen und sich auf die Straße zu konzentrieren. Die Hupe und das Quietschen der Bremsen nahm er kaum zur Kenntnis, als er seitlich ausscherte, um einem entgegenkommenden Taxi auszuweichen, und dann weiterfuhr.
    Delaney parkte sein Auto nicht ganz ordnungsgemäß in einer netten Vorortstraße nördlich der U-Bahn-Station Hampstead. Ein paar Meilen von seiner unpersönlichen kleinen Wohnung und Millionen Lichtjahre von seiner Welt entfernt.
    Im Rückspiegel schaute er sich selbst in die Augen und strich, wie um den Schmerz hinauszupressen, mit dem Handrücken darüber. Nachdem er einmal kräftig den Kopf geschüttelt hatte, kämmte er sich mit den Fingern das wirre Haar, nahm einen Schluck aus einer Wasserflasche, die er zuvor auf den Beifahrersitz geworfen hatte, und öffnete die Fahrertür.
    Eine ganze Weile schaute er an dem Haus hoch. Ein viktorianisches Reihenhaus mit Erkerfront, von der Straße zurückgesetzt, mit einem ordentlichen Rasen im Vorgarten und einem Kiesweg, der zu der Eichentür mit Buntglasfenstern führte. Dünne Fäden honiggelben Lichts fielen zwischen den Vorhängen hindurch.
    Delaney schloss das leise quietschende hölzerne Gartentor hinter sich und ging auf die Haustür zu, betrat den schmalen Vorbau und drückte auf den Klingelknopf. Melodische Glockentöne erfüllten die warme Luft, und als die Tür geöffnet wurde, grub Delaney von irgendwo ein Lächeln aus. Das Licht strömte heraus und offenbarte jenseits der Tür eine Wärme, die zuvor verborgen gewesen war wie Krokusse unter einer dicken Schneeschicht.
    »Hallo Wendy.«
    »Jack. Hast du eine Ahnung, wie viel Uhr es ist?«
    »Nicht die geringste.«
    »Es ist nach Mitternacht! Wir haben uns Sorgen um dich gemacht. Jetzt komm erst mal rein.« Delaney nickte dankbar und folgte ihr durch die Tür. Folgte ihr wie Alice durch das Kaninchenloch in eine völlig andere Welt.
    Wendy schloss die Tür hinter ihm. Siebenunddreißig, fünfzehn Zentimeter kleiner als Delaney. Attraktiv, gepflegt, dunkelblondes Haar und hellblaue Augen. Ein besorgter Blick. Sie trat einen Schritt vor und stellte sich auf die Zehenspitzen, um Delaney auf die Wange zu küssen; dann legte sie ihre Handfläche an die Stelle, wo ihre Lippen gewesen waren.
    »Du musst dich mal rasieren.«
    Delaney nickte, und Wendy nahm, plötzlich verlegen, ihre Hand weg. »Komm mit ins Wohnzimmer.«
    Delaney ging hinter ihr her, ohne dass seine schweren Schritte auf den vornehmen Teppichen zu hören waren. Es war ein Familienhaus. Bilder an der Wand, ein schwacher Geruch von Politur in der Luft, Fotos, ein mit Noten übersätes Klavier, dicke, bequeme Möbel, auf dem Fußboden ein abgetretener, aber teurer Läufer. Delaney setzte sich auf die Kante eines modisch abgewetzten Ledersofas und lächelte entschuldigend. »Ich wollte nicht stören …«
    »Es ist in Ordnung, Jack. Wirklich. Vor allem heute, an eurem Hochzeitstag. Wir haben uns richtig Sorgen um dich gemacht.«
    »Ich wollte mich eigentlich melden.«
    Wendy sah ihn an, in den Augen ein beinahe greifbares Mitgefühl. »Wo warst du?«
    Unschlüssig, ob er eine Antwort darauf hatte, dachte Delaney über die Frage nach und zuckte nur die Schultern.
    »Mein Gott, siehst du

Weitere Kostenlose Bücher