Hitzetod
verrauchte Wand zu seiner Linken.
»Jackie Malone. Du sagst, du hast nichts gehört?«
»Das habe ich deinen Kollegen in Uniform schon erzählt. Überhaupt nichts.«
Bonner bedachte sie mit seinem Polizistenblick. »Hast du ihnen nichts erzählt oder hast du ihnen erzählt, du hättest nichts gehört?«
»Ihr habt doch meine Aussage. Ich habe nichts gehört.«
»Sie wurde gleich nebenan ermordet, Herrgott noch mal.«
»Ich habe nicht gelauscht. Ich bin Gewerbetreibende, vergiss das nicht. Ich muss mich konzentrieren.«
»Du hast also nichts Besonderes bemerkt? Nichts Ungewöhnliches gehört?«
»Sie war doch eine Spezialistin, Eddie. Da war alles ungewöhnlich. « Damit warf sie ihm einen wissenden Blick zu, halb belustigt, halb herausfordernd. »Hab ich recht?«
Bonner klappte sein Notizbuch zu. Er machte das Ganze sowieso nur pro forma. Die Frau wusste nichts, so viel war klar.
»Was ist mit ihrem Sohn? Wo ist Andy hin, weißt du das?«
Melissa schaute auf die Uhr und blies einen weiteren Rauchfaden aus. »Wer wird aus dem schon schlau? Ein dreizehnjähriger Gernegroß. Wahrscheinlich ist er mit seinem anderen Onkel unterwegs. Er war nicht oft hier, das wisst ihr bereits. Hast du mit seinem Onkel gesprochen?«
»Wir suchen ihn.«
Melissa zuckte die Schultern. »Ich wünschte, ich könnte dir helfen, Schätzchen, aber ich habe rein gar nichts gehört oder gesehen.« Sie drückte ihre Zigarette in einem kleinen Teller auf dem Tisch aus und trank ihre Teetasse leer. »Das war jetzt der dienstliche Teil, oder?«
»Fürs Erste.«
»Gut.« Sie stand auf und zog die Strickjacke aus. Ihre Stimme nahm plötzlich einen durch und durch gebieterischen Ton an. »Dann geh nach nebenan und auf die Knie.«
Sie griff hinter sich, um einen unwahrscheinlich aussehenden Gegenstand mit Riemen und Schnallen vom Küchentisch zu nehmen. Bonner nickte, während er sich mit der trockenen Zungenspitze nervös die Mundwinkel leckte.
Manchmal liebte er seinen Beruf wirklich.
Später an diesem Nachmittag trat Delaney mit einer raschen Drehung des Fußes seinen Zigarettenstummel aus, während er zusah, wie ein Polizeiwagen auf dem Parkplatz vor dem Polizeirevier White City anhielt. Die Hecktüren schwangen auf und heraus stiegen zwei uniformierte Beamte, die einen Mann zwischen sich führten. Mitte vierzig, schmuddelige schwarze Jeans, dazu Perlen, Armreifen und langes, fettiges Haar. Halb Hippie, halb Hell’s Angel, mehr Metall im Gesicht, als Gott oder die Natur je vorgesehen hatten. Jackie Malones älterer Bruder. Er warf Delaney, der lässig an der Wand lehnte, einen finsteren Blick zu und spuckte auf den Boden.
»Hätte ich mir denken können.«
Delaney ging zu den Polizisten hinüber. »Ich hab ein Wörtchen mit ihm zu reden, danke, Jungs.«
»Er gehört Ihnen.«
»Keine Spur von dem Jungen?«
Einer der Uniformierten schüttelte den Kopf. »Wir haben uns auch umgehört. Schon eine ganze Weile hat ihn niemand mehr gesehen.«
»Okay.«
Im Gehen rieben die Polizisten sich die Hände, als wollten sie den Makel von Russell Martin loswerden.
»Was willst du, Delaney?«
Delaney schob den Mann unsanft an die Wand.
»Vielleicht sagst du mir erst mal, wo der Junge ist?«
Wütend versuchte Martin loszukommen. »Und vielleicht sage ich dir, dass du mich am Arsch lecken kannst?«
Delaney rammte ihm kurz das Knie in den Unterleib; Martin krümmte sich vor Schmerz, doch Delaney zerrte ihn am Hals hoch und schob den Kopf so dicht an ihn heran, dass ihre Gesichter sich beinahe berührten.
»Wenn du mir dumm kommst, Russell, dann mach ich dich platt. Kapierst du, was ich da sage?«
Russell wandte den Blick ab, und Delaney schlug ihn, so fest er konnte, mit der flachen Hand ins Gesicht.
»Kapierst du, was ich da sage?«
Martin ächzte und rieb sich den Kopf. »Ich habe Rechte.«
»Du hast das Recht, dich nicht zu äußern. Aber wenn du davon Gebrauch machst, schwör ich dir, dass deine Freundin nicht mehr viel von dir hat. Wenn du mir blöd kommst, du Stück Zigeunerscheiße, dann sorge ich dafür, dass gar keine Frau mehr was von dir hat.«
»Was willst du von mir?«
»Ich will wissen, wo Andy ist.«
»Ich hab keine Ahnung, wo der ist. Hab ihn schon wochenlang nicht mehr gesehen.«
Wieder versetzte Delaney ihm einen Schlag an den Kopf. »Ich warne dich, verarsch mich nicht.«
Martin war den Tränen nah. »Ich weiß nicht, wo er ist. Das schwöre ich.«
»Ist mir egal, was du schwörst; du lügst mich an und das
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