Hitzetod
aufblitzen und das Blau seiner Augen leuchten ließ. Er beobachtete Siobhan, wie sie immer höher schaukelte, während ihre verzückten, angstvollen Schreie die heiße Abendluft erfüllten. Und er lächelte.
Durch das Seitenfenster starrte Delaney auf den vorbeirasenden Verkehr. Menschen, die zum Samstagnachmittagstee nach Hause eilten. Hunderte verschiedener Leben, jedes eingeschlossen in der Luftblase seines eigenen Autos. Seiner eigenen Welt. Er dachte an die zehntausende von Gesichtern, die er im Laufe der Jahre durch die Linse einer Autowindschutzscheibe gesehen haben musste. Heimkehrende Pendler. Vertreter, die früh Feierabend machten. Büroangestellte, die unbedingt zur Happy Hour in ihrer Stammkneipe sein wollten. Krankenschwestern, Lehrer, Beamte, Buchhalter und Verkäuferinnen, Bankdirektoren und Apotheker. Leute, die von neun bis fünf arbeiten und mit der Uhr abschalten konnten. Leute, die zu normalen Familien und in normale Leben zurückkehren konnten. Etwas, was Delaney nicht vergönnt war. Er fragte sich manchmal, wie sein Leben heute aussähe, wenn er statt Polizist Buchhalter oder Rechtsanwalt geworden wäre. Seine Frau wäre sicher noch am Leben, das wusste er. Sie würden ein nettes Haus in einem Vorort irgendwo am Rand Londons bewohnen, im Grüngürtel, eine ländliche Umgebung gleich vor der Haustür. Er würde mit den Kindern im Garten Fußball spielen und sich von seiner Frau einen Tadel einhandeln, weil sie das Gemüsebeet zertrampelt hatten. Doch Delaney war kein Rechtsanwalt, und seine Frau war nicht mehr am Leben und konnte sich nicht über abgeknickte Tomatenpflanzen beschweren. Sie war tot. Delaney wandte den Blick vom Fenster ab, und eine kalte Ruhe überkam ihn.
Bonner drehte das Lenkrad und steuerte das Auto von der Hauptverkehrsstraße in eine Vorortstraße, und während er das tat, beugte Delaney sich vor, streckte die Hände aus und schlang sie Bonner rasch über den Kopf, um dann die Kette der Handschellen stramm um seinen Hals zu ziehen.
Bonner scherte aus und bemühte sich, die Kontrolle über das Auto zu behalten. Seine Stimme war ein gequältes Krächzen. »Herrje, Jack. Was machen Sie da? Wollen Sie uns umbringen? Jack?«
Doch Delaney gab keine Antwort. Er ließ die kräftigen Muskeln in seinen Unterarmen spielen und zog noch fester zu. Unfähig zu sprechen, fing Bonner an zu würgen. Er hob die Hände an die Kehle und versuchte, Delaneys Griff aufzubiegen, und als seine Beine unkontrollierbar zuckten, trat sein Fuß mit voller Wucht aufs Gaspedal, sodass das Auto seitlich ausbrach, auf den Gehweg geriet und frontal gegen einen Laternenpfahl krachte. Bonner flog nach vorne und Delaney wurde mitgezogen, als der Airbag in das Gesicht des Sergeants hinein explodierte und das Gurgeln aufhörte.
27
Delaney gab Bonners Hals wieder frei und flüsterte ihm ins Ohr: »Nichts Persönliches.«
Unbeholfen schob er die Hände in Bonners Jackentasche und zog den Schlüssel für die Handschellen heraus. Die hatte er sich gerade von den Handgelenken gestreift, als die kaputte Beifahrertür aufgerissen wurde und ein großer, muskulöser Mann im Jogginganzug sich hereinbeugte.
»Ist mit Ihnen alles in Ordnung?«
Delaney nickte und holte tief Luft. »Ich glaube ja, aber wenn Sie ein Handy haben, könnten Sie vielleicht einen Krankenwagen rufen?«
Delaney öffnete die Hintertür und kletterte hinaus.
Der kräftige Mann musterte ihn verwundert, während er in der Tasche nach seinem Handy suchte. »Meine Güte, wie ist denn das passiert? Sie sind ja geradewegs in den Laternenpfahl gerast.«
Delaney zeigte ihm seinen Dienstausweis. »Es war ein Unfall, irgendwas mit der Lenkung.«
Der Mann deutete mit dem Kopf auf Bonner. »Und was ist mit ihm?«
»Der wird schon wieder. Der Airbag hat ihn ausgeknockt.«
»Sie können beide von Glück reden, dass Sie noch am Leben sind.«
»Wem sagen Sie das.«
Inzwischen hatte der Jogger sein Handy herausgezogen und tippte eine Nummer ein. »Einen Krankenwagen, bitte. Hier hat es einen Unfall gegeben.«
Er beschrieb, was passiert war und wo sie sich befanden, doch als er sich wieder nach Delaney umdrehte, war der verschwunden.
Stöhnend schlug Bonner die Augen auf und blickte sich um. Als unter Schmerzen die Erinnerung zurückkam, sah er blinzelnd zu dem kräftigen Mann auf, der gerade sein Gespräch beendete und ihm beruhigend zulächelte.
»Das wird schon wieder mit Ihnen. Ich habe einen Krankenwagen gerufen.«
»Der Typ, der
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