Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
Gefallen daran finden. Sie fürchtete, es sei zu teuer, doch da auch ich dachte, es könne Ihnen Freude machen, kaufte ich es.“
Mit großen Augen nahm Lucy das Päckchen entgegen, löste die samtene Hülle und betrachtete verwundert die kleine Silberdose. Sie öffnete den Verschluss und stieß einen entzückten Schrei aus, als das silberne Vögelchen darin zu singen begann. „Ach, wie hübsch! Sieh nur, Mama! Bitte, sag, dass ich es behalten darf.“
„Nun, es wurde ausdrücklich für dich gekauft.“ Mrs. Horne betrachtete es anerkennend. „Die Gabe abzulehnen wäre sehr unhöflich. Danke, Sir, Sie sind sehr gütig.“
„Es ist Bestechung, will ich zugeben“, erklärte Hal offen, doch mit einem unwiderstehlichen Lächeln, das Mrs. Horne sofort für ihn gewann. „Ich wollte mich bei Lucy einschmeicheln und damit auch bei Jo, denn ich weiß, wie sehr ihr ihre Familie am Herzen liegt.“
„Sie brauchen unsere Hilfe, um Jo für sich zu gewinnen?“, fragte Mrs. Horne skeptisch.
„Ja, möglicherweise. Ich glaube, ich habe ihr sehr wehgetan – allerdings ungewollt, versichere ich Ihnen …“
Mit einer Handbewegung unterbrach Mrs. Horne ihn. „Ich möchte keine Erklärungen, heben Sie sich die für meine Tochter auf. Dass sie verletzt ist, konnte ich ihr ansehen, obwohl sie es vor uns zu verbergen suchte. Jo weint nicht so schnell und redet auch nicht ständig über ihre Gefühle, wenn sie auch sonst sehr geradeheraus spricht. Sie werden ihr nicht erneut wehtun, nicht wahr?“
„Nein, ich hoffe, ich habe ihr etwas Erfreuliches zu sagen.“
Er unterbrach sich, denn aus der Halle hörte man Stimmen, und dann trat Jo in den Salon. Den Umhang hatte sie schon abgelegt und sah in ihrem dunkelgrünen Ausgehkleid ganz reizend aus. Das Haar hatte sie im Nacken mit einem Band zusammengefasst, aus dem sich ein paar Löckchen gelöst hatten, die sich sanft um ihre von der Kälte geröteten Wangen schmiegten. Hal fand, dass sie noch nie einen so lieblichen Anblick geboten hatte.
„Es ist bitterkalt draußen, bestimmt wird es bald schneien …“ Sie verstummte, als sie Hal erblickte, der sich erhob, um sie zu begrüßen. „Hal … Mr. Beverley. Ich wusste nicht, dass Sie in der Gegend sind.“
„Nun, ich habe mich ja auch nicht angekündigt. Ich dachte mir, dass ich in eigener Person schneller hier wäre, als ein zur Poststation gegebener Brief Sie erreicht.“
Nach Fassung ringend, ging Jo zum Feuer und wärmte sich angelegentlich die Hände. Ganz knapp hatte sie sich davor bewahren können, ihm in die Arme zu sinken. „Wie geht es Ellen und Mattie? Und Ihrem Vater? Ist er wohlauf?“
„Den beiden geht es wieder gut; Mattie hat ihre kleine Unpässlichkeit längst überstanden, doch mein Vater erlitt einen Anfall, kaum dass er zu Hause angekommen war. Ellen erbittet Ihre Verzeihung, weil sie wegen all der Aufregung nicht eher schrieb. Ich habe Ihnen einen langen Brief von ihr mitgebracht.“
Jo atmete tief ein und wandte sich endlich zu ihm um. „Es tut mir leid, dass Ihr Vater erkrankte. Sicher war die Reise zu viel für ihn.“
„Ja, das vermuten wir. Ich hätte schon längst mit ihm sprechen sollen – wie Sie es für richtig hielten, Jo.“
„Ja, es wäre wohl besser gewesen. Er scheint mir ein gütiger Mensch zu sein, und Mattie liebt er offensichtlich.“
„Das ist wahr.“ Hal spürte ihre Zurückhaltung. „Sollte ich vielleicht doch zuvor geschrieben haben, Jo?“
„Vielleicht.“ Ihr Blick fiel auf Lucy, die mit der Spieldose beschäftigt war. „Was hast du da, Schwesterchen?“
„Ist das nicht hübsch? Mr. Beverley hat es mir mitgebracht. Übrigens möchte er deine Geschichten lesen. Darf er?“
„Nun, wenn es ihm Ernst ist, warum nicht?“
„Soll ich besser morgen noch einmal vorsprechen?“, fragte Hal zartfühlend. „Ich muss mir sowieso eine Unterkunft suchen.“
„Das kommt nicht in Frage, Sir“, warf Lady Edgeworthy ein. „Natürlich sind Sie zum Bleiben eingeladen. Außerdem beginnt es eben zu schneien. Meine Haushälterin wird ein Zimmer für Sie herrichten, und ein Bursche wird Ihrem Reitknecht zeigen, wo die Ställe sind und wo er unterkommen kann.“ Sie stand auf und ging hinaus.
Nach einem Blick auf Jo erhob Mrs. Horne sich ebenfalls und sagte: „Lucy, kommst du bitte mit mir, ich muss dir etwas zeigen …“
Lucy wollte widersprechen, doch als sie den Gesichtsausdruck ihrer Mutter sah, folgte sie ihr wortlos aus dem Raum.
Eine Weile herrschte Schweigen.
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