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Höhenangst

Titel: Höhenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Beim zweitenmal auch nicht. War das die Spirale der Gewalt, vor der meine Hausärztin mich gewarnt hatte?

    »Ich liebe dich so sehr, Alice!« stöhnte er hinterher. »Du hast keine Ahnung, wie sehr ich dich liebe. Laß mich nie im Stich. Das könnte ich nicht ertragen.«
    Ich sagte das Essen mit der Begründung ab, ich hätte die Grippe. Tatsächlich war ich so erschöpft, daß ich mich fast wie krank fühlte. Wir aßen das Huhn, das ich gekauft hatte, und gingen früh ins Bett. Eng umschlungen schliefen wir ein.

    24. KAPITEL
    Da Adam nun vorübergehend zum prominenten Helden avanciert war, bekam er eine Menge Zuschriften, die von den Zeitungen und Verlagen, an die sie geschickt worden waren, an ihn weitergeleitet wurden. Die Leute schrieben an ihn, wie sie an Dr. Livingstone oder Lawrence von Arabien geschrieben hätten, komplizierte Theorien und Klagen, die auf mehreren Seiten in winziger Schrift und ungewöhnlichen Tintenfarben erörtert wurden. Es waren auch bewundernde Briefe von jungen Mädchen darunter, die mich lächeln ließen und gleichzeitig ein wenig nachdenklich stimmten. Schließlich traf ein Brief von der Witwe Tomas Benns ein – einem der Männer, die auf dem Berg gestorben waren –, aber er war auf deutsch geschrieben, und Adam machte sich nicht die Mühe, ihn für mich zu übersetzen.

    »Sie möchte sich mit mir treffen«, meinte er müde und warf den Brief auf den Stapel zu den anderen.
    »Was will sie?« fragte ich.
    »Reden«, antwortete er kurz. »Hören, daß ihr Mann ein Held war.«
    »Wirst du dich mit ihr treffen?«
    »Ich kann ihr nicht helfen. Tommy Benn war ein reicher Mann, der seine Klasse verlassen hatte. Mehr ist dazu nicht zu sagen.«
    Unter den Briefschreibern befanden sich auch solche, die an zukünftigen Expeditionen teilnehmen wollten. In vielen Briefen ging es um Ideen, Obsessionen, Phantasien und eine Menge heißer Luft. Die meisten von ihnen ignorierte Adam. Ein- oder zweimal ließ er sich zu einem Drink einladen. Dann holte ich ihn in irgendeiner Bar in der Londoner Innenstadt ab, wo der Herausgeber einer Zeitschrift oder ein Forscher mit leuchtenden Augen auf ihn einredete.
    An einem regnerischen Dienstagmorgen nahm ich einen Anruf entgegen, der zunächst wenig vielversprechend klang. Die Verbindung war schlecht, und die Stimme am anderen Ende hatte einen ausländischen Akzent. Nachdem ich dem Anrufer nicht gerade Mut gemacht hatte, reichte ich den Hörer quer über das Bett an Adam weiter, der richtig unfreundlich war. Aber der Mann ließ nicht locker, und Adam erklärte sich schließlich bereit, sich mit ihm zu treffen.
    »Und?« fragte ich Adam, als er eines Abends spät nach Hause kam und sich ein Bier aus dem Kühlschrank holte.
    »Ich weiß nicht«, antwortete er, während er die Flasche an der Tischkante öffnete. Er wirkte verwirrt, erstaunt.
    »Worum ging es? Wer ist der Mann?«
    »Ein Typ im Anzug, der für einen deutschen Fernsehsender arbeitet. Er hat ein bißchen Ahnung vom Klettern. Angeblich wollen sie einen Dokumentarfilm über eine Bergbesteigung drehen. Sie wollen, daß ich die Expedition leite. Wann immer ich will, wohin ich will und mit wem ich will. Je anspruchsvoller, desto besser. Die Kosten tragen sie.«
    »Klingt gut. Wäre das nicht traumhaft für dich?«
    »Die Sache muß einen Haken haben. Irgend etwas kann an dem Plan nicht stimmen, aber ich bin noch nicht dahintergekommen, was es ist.«
    »Was ist mit Daniel? Ich dachte, du würdest nächstes Jahr mit ihm auf Expedition gehen.«

    »Daniel kann mich mal. Dabei ging es mir nur ums Geld. Ich kann einfach nicht glauben, daß dieses Angebot echt ist.«
    Allem Anschein nach war es echt. Man traf sich auf weitere Drinks, dann zu Besprechungen. Eines Abends, wir waren schon leicht angetrunken, erklärte mir Adam zu sehr fortgeschrittener Stunde, was er gern machen würde.
    Er wollte den Everest besteigen, dabei aber gar nicht erst den Versuch unternehmen, sich bis zum Gipfel vorzukämpfen. Statt dessen wollte er den ganzen Dreck vom Berg schaffen: Zeltfetzen und ausgefranste Seile, leere Sauerstoffflaschen, Müll, ja sogar ein paar von den Leichen, die noch immer dort oben in ihren nutzlosen Zelten lagen. Ich fand, daß das eine schöne Idee war, und brachte ihn dazu, sein Vorhaben auf einem Stück Papier, das ich anschließend mit der Schreibmaschine in eine präsentable Form brachte, zu umreißen. Volker sagte zu allem ja. Es würde einen großartigen Fernsehfilm geben, weil es eine gute

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