Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo

Titel: Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Kaul
Vom Netzwerk:
jedem Jahr etwa ein Drittel der Kili-Bergtouristen sein Ziel nicht erreicht und vorzeitig abbrechen muss.
    Eigentlich müssten wir uns hier in einer Woche alle noch einmal treffen - die Kameraleute, die Techniker, die Reporter und die Bergwanderergruppe aus Deutschland. Letztere versammelt sich genau jetzt erst in Deutschland zu ihrem Kili-Abflug; jeder Tag Tansania kostet Geld, also wird auch bei der Terminplanung gespart.
    Doch im Moment nerven wir, die TV-Team-Mitglieder, uns erst einmal gegenseitig. Uns hat so etwas wie ein Lagerkoller nach dieser langen Vorbereitungszeit gepackt, jedes Wort kann jetzt ein Wort zu viel sein, jede Frage überflüssig. Der Umstand, dass die Speisekarte im Kibo-Hotel zwar riesig, in Wirklichkeit aber schon fast alles »Aus« ist, schafft Ärger unter uns. Wer hat zuerst bestellt und dann doch nichts bekommen? Höchste Zeit, dass jeder in den nächsten Stunden eigene Weg geht. Jimmy Carters Geist und das nostalgische Kibo-Hotel - sie mögen uns unsere nervöse Streitlust vergeben.

Tansanische Klagemauer
    Gut zwei Kilometer vom Kibo-Hotel entfernt muss ich an diesem Sonntagnachmittag noch einmal richtig arbeiten: Ein offizieller Termin mit einem, nein, dem tansanischen Marketing-Direktor für den Kili-Tourismus, Charles Macha, steht an. Er war in den vergangenen Monaten unsere Klagemauer, wenn ein anderer
Offizieller wieder einmal festgestellt hatte, dass deutsche Live-Kameras auf dem höchsten Berg Tansanias nichts zu suchen hatten. Oder zumindest nur gegen die Zahlung astronomisch hoher Gebühren... Bei Charles Macha weinten wir uns aus, wenn nach langer, langer Vorbereitung ein tansanischer Schreibtischmensch behauptete, er kenne den ganzen Vorgang nicht. Nein, Fernsehen vom Kili - das sei bestimmt nicht gut. Immer dann, wenn wieder eine dieser Überraschungen passierte, musste Charles Macha ran. Er, der Marketing-Direktor, von dem wir eigentlich nur wussten, dass unser Unternehmen vielleicht gut gehen könnte, so lange sein nach oben gerichteter Daumen signalisierte, es könne gut gehen. Die reinste Zitterpartie für uns und unsere Kili-Hoffnungen - bis wir an diesem heißen Sonntagnachmittag den freundlichen Zweizentner-Mann treffen. Er ist mit Chauffeur und großer Limousine angereist, schüttelt uns kräftig die Hand und skandiert immer wieder die tansanischinternationale Beschwörungsformel: »Es wird alles gut!«
    Das ist er also, Charles Macha, von uns schon fast mit dem Mythos des Kili-Besitzers ausgestattet. Bei unserem Treffen wischt er sich immer wieder den Schweiß von der Stirn - »diese Hitze!« Aber schließlich sind wir ja hier in Afrika. Nein, die Nachfragen der Mitarbeiter aus dem Nationalpark sollten uns nicht erschrecken - auch nicht die Höhe der geforderten Kaution bei der Verzollung unserer Kameraausrüstung, das werde sich schon alles finden!
    Um den Kili selbst und das, was diesen »heiligen Berg« weltweit zum Modeziel gemacht hat, macht sich der tansanische Marketing-Direktor keine Sorgen. Er versteht auch meine Bedenken
nicht. 25 000 Bergtouristen im Jahr verträgt der Kili doch, das sei auch gut für die Bewohner hier, die Träger und die Bergführer, ebenso wie für die tansanische Wirtschaft. Bei den Besucherzahlen könne da durchaus noch einiges dazukommen, ohne dass Ökosystem und Sozialstrukturen in der Gegend aus den Fugen gerieten.

Ernste Kollateralschäden
    Bei meinen Gesprächen mit anderen Kili-Wanderern, die von ihrer Bergtour bereits wieder zurückkamen, habe ich in den vergangenen Tagen auch etwas anderes gehört. Wir, die Masse Mensch, kann diesen Berg auf Dauer auch ruinieren, obwohl er in einem Nationalpark liegt.
    Ein Beispiel, das mir dabei öfter genannt wird, ist der Weg von der Horombo-Hütte auf 3700 Meter zu den Zebra-Felsen. Fast jeder, der auf dieser Höhe ankommt, nutzt einen Tag der Aufstiegswoche zur Akklimatisierung und wandert zu den schwarzen Steilwänden ein paar hundert Höhenmeter weiter oben und wieder zurück. Durch Staub und über rutschige Steine. Alles Weitere ist inzwischen ein reines Rechenexempel. Da jedes Jahr über 80 Prozent der inzwischen rund 25 000 Kili-Wanderer die Marangu-Route benutzen, werden solche Wegabschnitte durch den Massenansturm von Wanderern ruiniert. Trotz einiger Wartungsarbeiten der Einheimischen kommt es zu Bodenerosion, an steilen Stellen fehlt eine ausreichende Drainage. Die notwendige Sanierung ist seit Jahren überfällig.

    Ähnliches erfahre ich über die inzwischen eingetretene

Weitere Kostenlose Bücher