Höhlenwelt-Saga - 08 - Die Magie der Höhlenwelt
die
Luft trockener und die Stimmung unter den Menschen und den
Ajhan wie elektrisiert. Die Nachrichten über die Unruhen im Sternenreich des Pusmoh waren allgegenwärtig. Ötzli hatten sie schon
vor seiner Abreise von Schwanensee erreicht, und es hätte ihn
überrascht, wären sie gerade hier auf Soraka nicht in besonderem
Maße spürbar gewesen. Dass sich die Atmosphäre aber derartig
wandeln würde, hätte er nicht gedacht. Doch zurzeit schien sich
alles zu wandeln. Auf nichts mehr war Verlass, in der Hohen Galaktischen Kirche herrschte Umbruch, seit der Pontifex auf der
Flucht war, der Doy Amo-Uun pflegte Ötzli zu nächtlicher Stunde
mit neuen, drängenden Anfragen zu überfallen, und die Nachrichten über Unruhen in der GalFed mehrten sich weiterhin. Die Lage
schien bedenklich, ja sogar explosiv, und Ötzli hatte nun das Bedürfnis gepackt herauszufinden, inwieweit er selbst in Gefahr
schwebte. Er hatte vor, vom Doy Amo-Uun Rechenschaft zu fordern. Lucia und Sash waren unterwegs zur Höhlenwelt, um dort
das Gleiche zu tun: Informationen zu sammeln und seine Pfründe
zu sichern. Im Raumhafen wartete bereits das Shuttle auf ihn,
das ihn zu der großen, unheimlichen Festungsanlage fliegen sollte. Auf einem Schweber glitt er zum Shuttleport und bestieg dort
das schnelle planetarische Flugzeug, das ihn in wenigen Stunden
mehrere tausend Meilen über Land brachte. Gegen Abend erreichte es die große Insel vor der Küste, und im Sonnenuntergang
überflog er den zentralen Gebirgszug, auf dem sich die riesige
Pusmohfestung erhob.
Er wurde von einer Drakken-Eskorte empfangen und bestieg
abermals eine Schwebeplattform. Als er dann im Strom der Güter
durch die riesigen Tunnel glitt, spürte er, dass es selbst hier einen
Stimmungswechsel gegeben hatte. Das Licht in den Tunneln und
Hallen hatte sich von mildem Orange in kaltes Blauweiß verwandelt, und die ehemals gedämpften Geräusche der Fabrikationsanlagen zischten, hämmerten und stampften nun in hellen, enervierenden Tönen. Sie ließen den Puls eines Besuchers schneller
schlagen. Als Ötzli die große Halle mit dem riesigen Kreis aus
schwarz glänzendem Material erreichte, in welchem ihn die Stimme des Pusmoh zu empfangen pflegte, hatte er sich schon lange
von der Nervosität anstecken lassen. Sie schien inzwischen das
ganze Sternenreich des Pusmoh befallen zu haben.
Der Doy Amo-Uun, jener riesige, groteske Mann, erwartete ihn.
Dieses Mal jedoch stand er ganz in der Nähe, am Rand des Kreises. Bisher war Ötzli vom Doy stets nur auf herablassende Weise
empfangen worden. Diesmal war eben alles anders. »Kardinal
Lakorta!«, rief der Doy aus, als Ötzli von der Schwebeplattform
herabsprang. »Was bin ich froh, dass Ihr da seid!«
Ötzli mahnte sich, nicht sogleich in Triumphgefühle zu verfallen.
Eine solche Begrüßung war fast zuviel der Ehre, aber die Macht
des Doy, derer er sich durchaus bewusst war, dominierte selbst
diese Situation.
Der Doy überragte Ötzli um eine Haupteslänge und war in eine
seltsame kegelförmige Robe gekleidet, die völlig steif schien und
beinahe so wirkte, als bestünde sie aus einem festen Material. Sie
reichte bis ganz hinab zum Boden und verbarg die eigentlichen
Körperkonturen des Doy vollständig.
Auch seine Füße oder Schuhe waren nicht zu sehen, da die Robe
unten am Roden weit auseinander stand. Sie war aus einem dunkelroten, filzartigen Material gefertigt, besaß glänzende violette
und gelbe Borten und war mit zahlreichen Knöpfen, Schlaufen,
Spitzen und anderen Verzierungen besetzt. Unter dem hoch aufragenden, steifen Hut, einem Unikum, das in drei ulkig verdrehte
Spitzen auslief, beherrschte das übertrieben scharf geschnittene
Gesicht die Erscheinung des Doy Amo-Uun. Hakenförmige Augenbrauen, tief Hegende, kohlschwarze Augen, weit hervortretende
Wangenknochen, eine alles beherrschende Hakennase, wulstige
Lippen und ein massiv vorspringendes Kinn – der Doy wirkte wie
eine Karikatur, doch gab es an ihm nichts zu lachen. Womöglich
war er das mächtigste Einzelwesen im gesamten Sternenreich des
Pusmoh. Von seiner Art her hatte Ötzli ihn noch nie anders als
ungeduldig, herablassend und fordernd erlebt. »Doy Amo-Uun«,
erwiderte Ötzli steif und blieb sogleich stehen. Dem riesigen Mann
zu nahe zu kommen, war ihm unangenehm.
Diesmal aber trat der Doy Amo-Uun sogar auf ihn zu; es war
das erste Mal, dass sich dieser riesenhafte Kerl in Ötzlis Gegenwart überhaupt bewegte. Als Ötzli
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