Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
hätte sein können. Es stand einer Adeptin nicht zu, einem solchen Mann zu widersprechen, das spürte selbst Hellami.
Aber Leandra ließ sich nicht beirren. »Ich habe ihre Kraft gespürt!«, sagte sie. »Sie tötet nicht nur, sie kann auch beschützen. Mich hat sie beschützt, wisst Ihr? Ich habe noch nie mit einem Schwert gekämpft - in meinem ganzen Leben nicht. Ich hätte es gar nicht führen können. Die Jambala hat den Kampf für mich übernommen.
Als der Dämon mit seinen Stacheln nach mir stieß, hat sie ihn abgewehrt. Sie hat mich beschützt und mir dann die Kraft gegeben, ihn zu töten. Ich weiß es, ich habe es gespürt.«
Die Magier sahen sie unschlüssig an, da sie ihre Worte mit so viel Leidenschaft vorgetragen hatte. Schließlich wurde ihr klar, dass sie damit Bamtoris Andenken beschmutzt hatte. »Es tut mir Leid«, sagte sie und senkte den Kopf. »Ich wollte Bamtori nicht herabsetzen ...«
»Schon gut«, sagte Jockum und winkte ab. »Aber weißt du auch, was das bedeutet, wenn du sagst, die Jambala habe nur dich wirklich akzeptiert?«
Leandra sah ihm gerade in die Augen. »Ja, Hochmeister, ich ...« Sie wusste, was er meinte, fand aber keine Worte, es zu beschreiben.
Ötzli fuhr herum und maß Leandra mit ärgerlichem Blick. »Wir können dieses Schwert nicht irgendwo über einen Kamin hängen, weil es so schön ist!« Zur Untermalung seiner Worte machte er eine ausholende Geste. »Nicht jetzt, da uns solche Gefahr droht. Du als neue Trägerin der Jambala bist nun der Magiergilde aufs höchste verpflichtet! Du wirst neben uns stehen, wenn wir gegen die drohenden Gefahren vorgehen. Und das ist kein Spaziergang, ist dir das klar?«
Leandra bemühte sich, den Altmeister kühl anzusehen. Er hatte mit äußerster Schärfe gesprochen, und es wurde immer deutlicher, dass er sie nicht leiden konnte. Das mochte auch daran liegen, dass ihm schon wieder ein mächtiges magisches Artefakt vorenthalten wurde.
Ötzli grunzte und wandte sich ab. Leandra spürte Hellamis warme Hand auf ihrem Rücken, und das gab ihr Mut.
Sie wollte schon fragen, was jetzt zu tun wäre, besann sich aber eines Besseren. Das stand ihr noch nicht zu.
»Was ist mit dem Yhalmudt?«, fragte Munuel. »Haben wir ihn wieder?«
Leandra zog ihn aus ihrer Manteltasche. »Ja, Munuel, ich fand ihn in dem Wagen ...«
Sie reichte ihm die kleine Muschel.
Er nahm sie und hielt sie unschlüssig vor sich hin. Ötzli sah in eine andere Richtung.
»Du behältst ihn, Munuel!«, sagte Jockum. »Das heißt nicht, dass ich dein Verhalten billige.« Er sah kurz zu Leandra, und auch in seinem Blick lag nicht gerade pures Wohlwollen. »Aber du hast die größte Erfahrung mit ihm, Munuel. Ich erwarte, dass du ab jetzt verantwortungsvoll mit ihm umgehst. Wann immer du beabsichtigst, ihn aus der Hand zu geben, will ich vorher davon wissen. Hast du mich verstanden?«
»Ja, Hochmeister.« Er nickte und streifte dann das Lederband über den Kopf.
»Der Plan bleibt bestehen«, sagte Jockum. »So, wie wir ihn besprochen haben.« Dann sah er zu Leandra.
»Was allerdings dich angeht... nun, das will ich noch überschlafen.«
Leandra sah zu Boden, und Hellamis Hand, die sie auf ihrem Rücken spürte, kam ihr nur noch wie ein Strohhalm vor, eine letzte Verbindung zu einer anderen Zeit, einem anderen Ort. Zweifellos würde sie jetzt fortgehen und sich der Gilde unterordnen müssen. Sie würde das tun müssen, was man von ihr verlangte. Sie sah zu dem Schwert, das unweit von ihr auf dem Boden lag. Sicher, es klang nach einer großen, verantwortungsvollen Aufgabe, wovon sie seit langem geträumt hatte. Dort unten im Wald jedoch, bei dem furchtbaren Dämon, hatte sie miterlebt, dass nicht alles so verlockend war, wie es aus einigem Abstand betrachtet wirken mochte.
Sie blickte zu Hellami, und wären nicht die drei Männer gewesen, hätte sie ihre Nähe gesucht. Sie spürte einen Kloß in der Kehle. Und dann wurde ihr klar, woher ihr Unbehagen stammte. Sie konnte jetzt nicht mehr selbst entscheiden, was sie tun wollte. Man würde ihr Befehle erteilen, denen sie sich nicht entziehen konnte.
Aber für den Moment blieb sie noch verschont. Jetzt, nachdem die entscheidenden Dinge besprochen waren, spürte jeder eine bleierne Müdigkeit in sich, besonders die drei Magier, die sich während des Kampfes so sehr verausgabt hatten. Bald nach ihrem Gespräch begaben sie sich zur Ruhe.
Während die drei Magier am Feuer schliefen, gingen Hellami und Leandra ein Stück
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