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Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes

Titel: Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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mit geringfügiger Schieflage. Roscoe, der vor ihm zum Stehen kam, öffnete umständlich seinen klobigen Helm, während Ain:Ain'Qua nur mit dem Kinn einen kleinen Sensor berührte und sich sein Pneumoplasthelm daraufhin fast lautlos zusammenfaltete und im Kragen seines Anzugs verschwand. Ein weiterer Druck seines Kinns transformierte das tetragonale Kristallgitter seines hauchdünnen Druckanzugs zu amorpher Basis zurück und ließ es in den winzigen Tank seines Halsrings strömen. Augenblicke später war der gesamte Anzug in dem kaum drei Zentimeter dicken Ring verschwunden.
    Er versuchte den Puls seiner zwei Herzen zu beruhigen, denn er war aufgeregt. Ihm stand nun selbst eine nicht ganz alltägliche Begegnung bevor: Er würde die Frau treffen, die von der größten Konzentration an bewaffneten Kräften gejagt wurde, an die sich sein wohl gebildeter Verstand erinnern konnte. So etwas hatte es noch nie gegeben.
    Er trat hinter Roscoe hervor, spähte in den Raum, und sah zwei Frauen.
    Verwirrt starrte er Roscoe an.
    Die beiden klammerten sich aneinander und wichen mit entsetzten Gesichtern zurück. Die eine war mittelgroß, besaß einen nach menschlichen Maßstäben wohl geformten Körper und hatte lange dunkelbraune Haare. Die andere war nur ein kleines Mädchen.
    »Sind Sie es?«, fragte er die Große und deutete hinaus. »Die Frau, die mit diesem Hopper dort draußen kam?«
    »Sie... sie kann sie nicht verstehen«, sagte Roscoe zögernd.
    »Sie spricht nicht unsere Sprache.«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Nein, tut sie nicht«, fügte sie hinzu.
    Ain:Ain'Qua starrte verwirrt zwischen ihr und Roscoe hin und her. »Eben noch sagten Sie...«
    Plötzlich löste sich das Mädchen von der Frau und kam mit zögernden Schritten auf ihn zu. Ihre grünen Augen waren weit geöffnet, ihr Gesicht ein Ausdruck des maßlosen Erstaunens. Er sah sie an – und endlich verstand er. Sie war es – sie war die gesuchte Frau!
    Sein Blick für Menschen war nicht so unterscheidungsfähig wie für die Angehörigen seiner eigenen Art. Nun aber sah er, dass sie eine voll entwickelte Frau war, jung zwar und sehr zierlich, aber kein kleines Mädchen, wie er anfangs gedacht hatte. Und dann sah er noch etwas anderes. Oder besser: er fühlte es.
    Mit einem Mal wusste er, warum dieser Roscoe solch eine Verrücktheit gewagt hatte. Man sagte ihm, dem Pontifex, nach, dass er eine große Ausstrahlungskraft besitze. Aber dieses Mädchen mit den rotbraunen Haaren war ihm mindestens ebenbürtig.
    Sie ging langsam auf ihn zu; kaum reichte sie ihm bis zur Brust, aber sie war seltsam furchtlos.
    Erstaunen und Neugierde schienen sie vorwärtszutreiben, trugen den Sieg über die Furcht davon, die sie eigentlich hätte empfinden sollen.
    Als sie ihn erreicht hatte, hob sie die Hand und fuhr ihm mit ungläubig-erstaunter Miene mit den Fingerspitzen der rechten Hand über die nackte, leicht grünliche Haut seines rechten Unterarms.
    Die zwei Herzen in seiner Brust pochten dumpf. Sie war so zierlich und klein, dass sie allenfalls ein Drittel von ihm wiegen konnte. Ihre Hand würde wie die eines kleinen Kindes in der seinen verschwinden, ihre Oberschenkel durften wohl kaum den Umfang seines Unterarms erreichen. Und trotzdem hatte sie ihn berührt und schien mehr Faszination denn Besorgnis zu empfinden. Dann umkreiste sie ihn. Erfüllt von einer seltsamen Wärme, blieb er stehen und beobachtete sie.
    Es gab eine unerklärliche Anziehungskraft zwischen Menschen und Ajhan – doch dies hier war mehr als das. Ein Schauer fuhr sein Rückgrat herab, als er spürte, dass sie beide von der gleichen Art waren: Kreaturen, die für ihre Ideale kämpften, die einen Glauben hatten und die sich nicht von den Verlockungen der Macht, des Reichtums oder des Ruhmes verführen ließen. Ob sie im menschlichen Sinn schön war, vermochte er nicht zu sagen, aber er empfand sie so. Und sie war gleichzeitig so zerbrechlich, dass sich ein mächtiges Bedürfnis in ihm regte, sie zu beschützen. Sein Vorsatz, sie nötigenfalls mit Gewalt zum Reden zu bringen, zerschmolz wie Butter in der Sonne.
    Schließlich hatte sie ihn umrundet, wandte sich kurz zu Roscoe und sagte etwas in einer ihm unbekannten Sprache. Dann sah sie zu ihm auf – wie ein kleines Mädchen zu ihrem Vater.
    Und lächelte.
    Beinahe hätte er die Fassung verloren.
    Seit ihrer ersten Begegnung mochten sie sich – die Menschen und die Ajhan. Menschen fühlten so etwas wie Ruhe und Entspanntheit in Gegenwart eines Ajhan,

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