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Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes

Titel: Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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nie von ihm verlangt worden. Jetzt, da Septos ihm berichtet hatte, dass der Leichnam des ehemaligen Hohen Meisters der Bruderschaft regelrecht tobte, schlug ihm das Herz bis zum Hals, wenn er allein daran dachte, ihn in Augenschein zu nehmen.
    Geschweige denn, ihn etwas zu fragen!
    Was, bei allen Dämonen, war das für ein grauenhaftes Phänomen? Er hatte noch nie davon gehört, dass sich Leichen von Menschen so verhielten. Die Dunkelwesen, die von Dämonen erzeugt werden konnten, kamen aus einer ganz anderen Ecke: Sie waren Manifestationen stygischer Kräfte im Diesseits, kleine Dämonen also, Knotenpunkte von zerstörerischen Energien. Es gehörte zu ihrer Natur, ein für die Lebenden möglichst erschreckendes Aussehen anzunehmen. Doch sie waren an den Dämonen gebunden, der im Diesseits aufgetaucht war – wie auch immer er hierher geraten war. Doch Körper von Toten?
    Hätte ihm vor Wochen jemand die Frage gestellt, ob so etwas möglich wäre, hätte er es als lächerlich abgetan. Welch Grauen erregende Kraft steckte nur in Chasts Leiche?
    Zum x-ten Male warf er sich auf seiner Pritsche herum, und wieder kam das Gemecker der anderen Schlafenden, er solle endlich ruhig sein. Da er hier oben in der Abtei unerkannt bleiben musste, konnte er sich nicht einmal gegen diese Kerle zur Wehr setzen.
    Eine Zeit lang versuchte er sich mit anderen Dingen abzulenken. Ötzlis Rückkunft musste kurz bevorstehen, aber Marius war glücklicherweise schon in Savalgor aktiv, und Rasnor hoffte auf eine baldige positive Nachricht, was Malangoor anging. Wenn das klappte, würde er wenigstens in dieser Sache vorankommen. Seinen Besuch hier in Hegmafor hatte er bereits als Misserfolg abgehakt. Irgendwann übermannte ihn der Schlaf, doch nun quälten ihn grässliche Träume. Es endete damit, dass er von drei Brüdern geweckt wurde, die an seiner Pritsche aufmarschiert waren, um sich bei ihm lautstark zu beschweren. Wütend kleidete er sich an und verließ den Schlafsaal.
    Bis die Nacht herum war, trieb er sich in dunklen Ecken herum, versuchte im Zeughaus einen Platz zu finden, wo er sich niederlegen konnte, und wanderte ziellos im Tempel und im Skriptorium umher. In Letzterem war noch ein fleißiger Mönch zugange, der bis tief in die Nacht arbeitete – auch von ihm wurde er verscheucht.
    Als endlich der Tag anbrach, war er wie gerädert.
    Jetzt bin ich vielleicht so erledigt, dass mir selbst Chasts Leiche nichts mehr ausmacht, dachte er müde.
    Als Septos ihn beim Frühstück im Refektorium erblickte und sich zu ihm setzte, zeigte er sich bestürzt. »Ihr seht nicht gut aus, Hoher Meister.
    Habt Ihr schlecht geschlafen?«
    Rasnor sah keinen Sinn darin, es zu leugnen. »Ja, hab ich.«
    Lustlos zerbröckelte er das fade Abteibrot zwischen den Fingern, um die Essigtunke auf seinem Teller aufzusaugen. »Da war ein Kerl, der hat derart geschnarcht… es war nicht auszuhalten.«
    »Oh, das tut mir Leid«, sagte Septos einfühlsam.
    »Nun ja, wenn wir die Sache dort unten rasch erledigen könnten… es wäre mir ein Vergnügen, Euch danach meine Kammer zur Verfügung zu stellen.
    Den ganzen Tag über, wenn Ihr wollt!«
    Rasnor blickte zu Septos auf. Gerade hatte er noch überlegt, ob ihm nicht eine gute Ausrede einfiele, den Gang hinab in die Verliese abzusagen, vielleicht wegen seiner Müdigkeit, seiner mangelnden Konzentration…
    Abrupt stand er auf. »Du hast Recht, Bruder Septos. Gehen wir hinab und bringen diese leidige Sache hinter uns.« Er blickte aus dem Fenster, das hinaus auf den Innenhof führte. Unschlüssig deutete er auf den massigen Turm, der auf der anderen Seite des Hofes aufragte. »Können wir denn jetzt, bei Tage, dort hinüber ins Sanctum, ohne dass es auffällt?« Septos sah sich verstohlen um, aber es hielt sich niemand in der Nähe auf, der ihnen hätte zuhören können. »Es gibt noch einen geheimen Zugang von der Bibliothek aus. Der ist tagsüber der bessere.« Beinahe wäre Rasnor ein verärgertes Stöhnen entfahren – es würde einfach keinen Aufschub und keine Ausflüchte geben. Aber er beherrschte sich noch rechtzeitig. »Los, Septos. Ich will das hinter mich bringen.«
    Der Prior schob sich noch etwas in den Mund, dann erhob er sich kauend und mit. zu versichtlicher Miene. »Wie Ihr wünscht, Hoher Meister.« Sie stellten ihr Geschirr zurück, verließen das Refektorium und wandten sich der Bibliothek zu, einem hohen, fast turmartigen Gebäude im nördlichen Teil der Abteianlage.
    »Die Alchimisten glauben«,

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