Hölle unter Null Grad
Besatzungsmitglieder absaufen oder einen durchgehenden Reaktor erleben.«
Ehe Akrul noch etwas sagen konnte, klang hinter mir Gelächter auf. Die Lautstärke war kaum zu übertreffen. In der GWA gab es nur einen Mann, der solche Töne hervorbrachte.
MA-23 war der eigenwilligste und ungewöhnlichste Agent, den ich in unserem Verein kannte.
Akrul begann zu grinsen. Diese Reaktion konnte ich ihm bei allem Wohlwollen für den Leutnant nicht übernehmen.
Die nachfolgenden Worte strapazierten meine Trommelfelle bis an die Grenze des Erträglichen. Mein Kollege war natürlich wieder der Meinung, er würde nur etwas lauter als üblich sprechen.
»Sei gegrüßt, Muskelmann«, empfing er mich. MA-23, der laut GWA-Geheimakten auf den Namen Hannibal-Othello-Xerxes Utan hörte. Er behauptete, seine Mutter wäre eine gebildete Frau gewesen, die eine besondere Vorliebe für antike Feldherren, Kaiser und Könige hatte.
Aufseufzend drehte ich mich um. Mein Blick fiel auf den unverschämt lächelnden Zwerg, der in respektloser Haltung in der Tür stand. Ich weiß, ich habe es schon früher erwähnt, aber in mir keimte wieder jene gereizte Stimmung auf, die mich bei Hannibals Anblick häufig überfiel. Wie war dieser Gnom, dieses hagere und rothaarige Geschöpf nur in die GWA geraten! Diese Frage hatte ich mir schon oft gestellt. Sein Gesicht war von Sommersprossen übersät. Die blaue Uniform schlotterte an seinem Körper.
Als ich ihn näher betrachtete, konnte ich nur mit Mühe an mich halten. Hannibal begann prompt zu kichern, lachen konnte man wirklich nicht mehr dazu sagen. Wenn Hannibal nicht so intelligent gewesen wäre, hätte man meinen können, er freute sich über seine eigene Geräuschkulisse.
So aber ahnte ich, daß ihm meine innere Reaktion nicht verborgen geblieben war. Der Kleine war von der Natur nicht gerade mit Schönheit gesegnet. Sein Gesicht wirkte zerfurcht, von zahlreichen stark ausgeprägten Falten und Fältchen durchzogen. Er besaß eine kleine Statur und reichte mir gerade bis zum Brustbein. Wir kannten uns gut. Bei den letzten Einsätzen war er mein Mitarbeiter gewesen.
Was ich aber jetzt sah, verschlug mir doch die Sprache. Mein liebenswerter Kollege, der größte Komiker der GWA, hatte zusätzlich zu den Sommersprossen und Falten noch unübersehbare Pockennarben bekommen. Jetzt verstand ich, warum der Chef bei meinem Abflug schmunzelnd gemeint hatte, ich sollte mich in New Orleans auf eine Überraschung gefaßt machen. Er hatte nicht übertrieben.
Der Kleine beobachtete mich amüsiert. Meine drohenden Blicke ignorierte er in einer Art, an die ich längst gewöhnt war. Ich hatte es jedenfalls noch niemals erlebt, daß Hannibal vor einem Vorgesetzten Respekt gezeigt hätte.
Akrul verfolgte interessiert die Szene. Der Zwerg stolzierte auf mich zu, als bestünde sein Körper nur aus geballter Kraft. Unter den zu kurzen Hosenbeinen wurden dürre Beine sichtbar.
»Sei gegrüßt, Langer«, rief Hannibal erneut. »Haben sie dich in Washington tatsächlich wieder laufenlassen? Bist wohl ein hochanständiger Mensch geworden, was?«
Akrul lachte schallend über diesen »Witz«. In Hannibals hellblauen Augen schienen tausend Teufelchen zu tanzen. In meiner Laufbahn als GWA-Agent hatte ich es noch nicht erlebt, daß jemand auf den Gedanken gekommen wäre, in dem Kleinen einen gefürchteten Schatten zu vermuten. Das war einfach unmöglich! Soviel Phantasie konnte ein normaler Mensch gar nicht aufbringen.
Diese natürliche Tarnung war der Grund, warum ihm der Alte schon manche Untat verziehen hatte, die zu einem disziplinarischen Verfahren ausgereicht hätte. Hannibal
Weitere Kostenlose Bücher