Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 6
also damit gemeint. Du hast deine Informationen über uns an Serpent verkauft, obwohl du dich vor ihm fürchtest.“
„So ist es, liebste Kate.“ Leclerc lachte ihr frech ins Gesicht. „Monsieur Serpent ist ein Mensch, den man besser als Verbündeten und nicht als Feind hat. Aber ich habe mit ihm ausgemacht, dass er dein Leben verschont und dich mir überlässt. Seinen gerechten Zorn wird er lieber an deinen beiden Begleitern abreagieren.“
Der Bohemien wollte noch mehr sagen, aber er wurde von Serpents rohem Lachen unterbrochen. „Haben Sie wirklich geglaubt, ich würde mich an mein Versprechen halten, Leclerc? Dann sind Sie ein noch größerer Dummkopf, als ich dachte. Ich werde diese rothaarige Hexe höchstpersönlich kaltmachen! Nur ihr habe ich es zu verdanken, dass meine süße Lola jetzt hinter Gittern verrotten muss!“
Kate erbleichte. Serpent meinte es ernst, daran zweifelte sie nicht. Er hatte für seine düstere Ankündigung nicht ohne Grund die englische Sprache benutzt. Serpent wollte, dass Kate genau mitbekam, was er plante. Sie sollte vor Angst zittern, bevor er ihr Lebenslicht auslöschte. Doch genau diesen Gefallen wollte sie ihm nicht tun.
Gewiss, Kate fürchtete sich. Die Überzahl der Apachen war wirklich erdrückend, und sie konnte gewiss von keinem Einzigen dieser Halsabschneider Gnade oder Verschonung erwarten.
Sie zermarterte sich das Gehirn auf der Suche nach einer Lösung. Ob sie die Paris-Maschine in Gang setzen und den Apparat irgendwie gegen die Verbrecher einsetzen konnte? Aber das war völlig illusorisch. Erstens stand die Maschine noch gar nicht unter Dampf, und zweitens würden die Apachen ihr gewiss nicht die Zeit lassen, um sich mit den Funktionen der Maschine vertraut zu machen. Außerdem waren die Banditen keine Trüffel, die man einfach aus der Erde ziehen und abernten konnte.
Kate war nur froh, dass sie Leclerc nicht geküsst hatte. Für diesen Schuft, der sie skrupellos an ihren schlimmsten Feind verraten hatte, konnte sie nur noch grenzenlose Verachtung empfinden. Kate schämte sich. Wie hatte sie nur überhaupt Gefühle für Leclerc entwickeln können? Da war es auch kein wirklicher Trost, dass dieser Kerl sich nun offenbar gar nicht mehr wohl in seiner Haut fühlte. Vermutlich malte er sich innerlich aus, was für ein Schicksal ihm selbst bevorstand, wenn die Apachen mit Kate und Benson und Fletcher abgerechnet hatten. Serpent und seine Leute würden ganz gewiss keinen Tatzeugen am Leben lassen, das konnte Kate sich nicht vorstellen.
Es gab keinen Ausweg mehr.
Aber wenn Kate schon sterben musste, dann wollte sie sich jedenfalls ihrer Haut wehren. Sie öffnete ihre Handtasche, um ihren Schlagring herauszuholen und überzustreifen.
Doch in diesem Moment ergriff Fletcher das Wort. „Mir scheint, dass ich nun endlich meine neueste Erfindung ausprobieren kann. Einen Praxistest musste sie bisher nämlich nicht bestehen.“
Kate fragte sich, was ihr vermeintlicher Onkel mit seinen Worten meinte. Jedenfalls knöpfte Fletcher nun schnell seinen Gehrock auf und holte darunter ein etwa unterarmlanges Metallgerät heraus, das einen großen Trichter aufwies. Dieser befand sich an dem einen Ende eines Rohrs, das mit einem elektrischen Akkumulator verbunden war. Von einem solchen hatte Kate einmal eine Darstellung in der Zeitung gesehen.
Die Apachen begannen schallend zu lachen, als Fletcher ihnen den Trichter entgegenstreckte. Doch dann begann der Apparat zu arbeiten.
Aus dem Trichter sprühte ein rötlich schimmerndes Funkenfeuerwerk. Außerdem entluden sich unsichtbare Energiewellen, die Kate sogar bemerkte, obwohl das Rohr nicht auf sie gerichtet war. Kate musste ihre Muskeln anspannen, um überhaupt auf den Beinen zu bleiben.
Den Verbrechern gelang das nicht.
Leclerc, Serpent und sämtliche Apachen gingen innerhalb von Sekunden zu Boden. Die meisten von ihnen verloren ihre Waffen, die sie in den Händen hielten. Ihre Arme und Beine zuckten krampfhaft, aber zu gezielten Bewegungen waren sie offenbar nicht in der Lage. Für Kate war es am Unheimlichsten, dass die Kerle ausnahmslos verstummten und nicht einen einzigen Laut der Angst oder des Todes von sich gaben. Nach wenigen Augenblicken rührten sie sich nicht mehr.
„Grundgütiger Gott! Hast du die Kanaillen umgebracht, Onkel Phineas?“
Benson war es, der diese Frage stellte. Er hatte offenbar genauso Probleme damit, aufrecht stehen zu bleiben. Der Erfinder schüttelte den Kopf.
„Keineswegs. Meine neuartige
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