Hollys Weihnachtszauber
Haus vorbeigekommen«, schnappte Tilda, »oder glaubst du, sie ist mit dem Fallschirm abgesprungen?«
»Jaja …«, meinte er entschuldigend, zwinkerte mir jedoch zu.
Auf einmal fragte ich mich, ob Alan und ich auch so weit gekommen wären, dass ich ihn herumkommandiert und er sich das gutmütig hätte gefallen lassen. Es war nicht abzustreiten, dass ich dazu neigte, Dinge in die Hand zu nehmen und anderen zu sagen, was sie tun sollten. Andererseits hingegen konnte auch er ganz schön dickköpfig sein …
»Es wäre dieses Jahr allerdings insgesamt ziemlich schwierig geworden, nachdem im letzten Januar mein armer Bruder verstorben ist und sich Jude noch dazu mit Guy zerstritten hat«, sagte Noel seufzend.
»Guy konnte nicht wirklich etwas dafür«, erklärte Tilda nüchtern, »dieses Mädel hat sich ihn einfach gekrallt.«
Ich fragte nicht, wer Guy war, denn, um ehrlich zu sein, interessierte ich mich nicht sonderlich für Leute, denen ich nie begegnen würde. Ich trank meinen Kaffee aus und stellte Tasse samt Teller ab. »Also, das war unverhofft, aber köstlich: vielen herzlichen Dank! Und jetzt sollte ich mal besser zum Haus hinauf und mich dort einrichten.«
»Sharon, die Putzfrau, sollte noch immer dort sein, lass dich also von ihr herumführen, bevor sie geht. Das wäre dann wahrscheinlich das Nützlichste, was sie das ganze Jahr über getan hat«, schlug Tilda vor.
»Ich denke, sie tut ihr Bestes. Es ist ein ziemlich großes Haus, um es alleine sauber zu halten«, meinte Noel nachsichtig. »Nicht etwa, dass Jude viel Unordnung macht, denn wenn er daheim ist, verbringt er die meiste Zeit unten in der Mühle, wo er an seinen Skulpturen arbeitet, oder in seinem kleinen Arbeitszimmer neben der Bibliothek.«
»Oh ja, ich habe gehört, er ist Bildhauer.«
»Er ist total berühmt«, sagte Jess, »und total mies drauf. Er hat Weihnachten nur deshalb abgesagt, weil er diese Verlobungsanzeige gesehen hat, und das finde ich echt fies von ihm. Ich wette, er denkt gar nicht mehr daran, dass Mum und Dad dieses Jahr nicht herkommen können und ich ganz alleine hier bin.«
»Jess, das genügt!«, befahl Tilda, und das Mädchen verstummte schmollend.
Ich stand auf. »Also, ich denke, ich gehe jetzt besser zum Haus hinauf, solange es noch hell ist, um mich zurechtzufinden.«
Noel erhob sich ebenfalls, suchte mir einen dicken Schlüsselbund heraus und zeigte auf den größten davon. »Der ist für die Eingangstür. Ich nehme an, das Übrige wirst du selbst herausfinden.«
»Ich könnte mitkommen und dir alles zeigen«, bot Jess rasch an.
»Also, Jess, du weißt doch, dass du Old Nan versprochen hast, sie heute Nachmittag zu besuchen. Du solltest dich besser fertig machen, du darfst sie nicht enttäuschen«, sagte Tilda. »Sie hat bestimmt etwas Besonderes für dich zum Tee gemacht.«
»Noch mehr Baby-Happa!«, maulte Jess angewidert.
»Und zieh etwas anderes an … etwas, das nicht schwarz ist.«
Jess stöhnte und stapfte die Treppe hinauf.
»Sie ist schrecklich enttäuscht, dass es kein Weihnachten in Old Place gibt«, flüsterte Noel vertraulich, als fürchte er, man könnte uns vom Obergeschoss aus belauschen, »und ganz egal, was sie sagt, sie liebt Jude über alles. Ich fürchte, hier wird es arg still für sie sein. Mo und Jim waren so freundlich, uns zu ihrem Weihnachtsdinner einzuladen, und das wäre wenigstens etwas gewesen.« Er seufzte erneut. »Ich bin Spezialist für Weihnachten, weißt du – ich habe ein Buch über die Geschichte des Weihnachtsfests und das ganze traditionelle Brauchtum geschrieben, von daher feiere ich es gerne so, wie es sich gehört.«
»Und das werden wir auch! Ich habe ein fettes kleines Hühnchen, das genügt vollauf für uns drei«, sagte Tilda ungerührt.
Plötzlich fragte ich mich, ob sie erwarteten, dass ich anbot, anstelle der Chirks nun das Weihnachtsdinner auszurichten, obwohl ich noch nicht mal in Old Place angekommen war, daher sagte ich rasch: »Ich feiere Weihnachten nicht.«
»Du feierst kein Weihnachten?« Noel sah mich so fassungslos an, als hätte ich irgendein abscheuliches Verbrechen gestanden.
»Nein, ich wurde als Rätselhafte Baptistin erzogen.«
»Ach – aha«, sagte er verunsichert. »Von denen habe ich gehört … und die Dame von der Agentur Homebodies – Ellen, nicht wahr? – hat erwähnt, dass du kürzlich deine Großmutter verloren hast, von daher nehme ich an, dass dir dieses Jahr nach Feiern nicht sonderlich zumute
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