Hollys Weihnachtszauber
putze, oder?«
»Ist es nicht ein bisschen kalt da draußen?«, fragte ich, und sie warf mir wieder einen dieser Blicke zu, bevor sie die Hintertür aufriss. Ein großer und altehrwürdiger grauer Lurcher, eine Kreuzung zwischen Jagdhund und Windhund, der sich auf die Treppe gekauert hatte, stand auf und kam steifbeinig herein, beschnüffelte mich höflich und trottete dann in Richtung Küche.
»Das ist Merlin. Der ist schon jenseits von Gut und Böse und gehört längst eingeschläfert.«
Ich sagte nichts, und während sie mich über den kopfsteingepflasterten Hof zu einer kleinen Scheune auf der anderen Seite führte, fügte sie hinzu: »Genau wie das Pferd – es hat schon Judes Mutter gehört und hat seine besten Tage lange hinter sich, wenn du mich fragst. Aber er will nichts davon hören.«
Wenn sie von Jude Martland sprach, schwang etwas Vertrauliches, zugleich sehr Gehässiges in ihrem Ton mit, das für mich verdächtig nach abgewiesener Frau klang. Vielleicht hatte sie sich, als sie diesen Job angenommen hatte, von ihm noch etwas mehr erhofft als die wöchentliche Lohntüte?
Jetzt sah sie mich mit verschlagenem Blick von der Seite her an. »Bist du Single?«
»Nun ja – verwitwet.«
»Na, da mach dir mal keine Hoffnungen – er steht auf magere Blondinen, unser Jude –, auch wenn sein Bruder ihm die letzte ausgespannt hat.«
»Ich bin nicht im Entferntesten daran interessiert, worauf er steht, und außerdem werde ich ihn gar nicht kennenlernen. Wenn er am zwölften Weihnachtstag zurückkommt, bin ich schon abgereist.«
»Oh – Twelfth Night, die zwölfte Raunacht einen Tag vor Dreikönig! Nimm dich in Little Mumming bloß in Acht, wenn du in der Zwölften Nacht noch hier bist! Vielleicht kennst du ja diesen alten Film ›The Wicker Man‹?«, fragte sie und lachte unangenehm.
»Na, das Wagnis werde ich wohl eingehen müssen«, entgegnete ich unbekümmert, da sie ganz offensichtlich versuchte, mir Angst zu machen. Und tatsächlich fing sie im nächsten Moment, als sie den Riegel zurückschob und eine Scheunentür öffnete, von Gespenstern und Spukgeschichten an.
Ich habe in einigen der berüchtigtsten Spukhäuser des Landes gekocht und kann nur sagen, Küche und Dienstbotenzimmer sind nicht die Orte, die von Gespenstern bevorzugt heimgesucht werden.
Als es ihr nicht gelang, mir eine Reaktion zu entlocken, sagte sie: »Deine Anweisungen, wie du dich um das Pferd kümmern sollst, sind auf dem Küchentisch in diesem dicken Aktenordner. Er hat es immer sehr mit Anweisungen, unser Jude Martland.« Sie deutete in die Scheune. »Das Pferd ist hinten am anderen Ende.«
Ich erkannte ein paar offene Stallboxen und in einer davon den hellen Umriss eines Pferdes, störte es jedoch nicht. Dafür war noch Zeit genug, nachdem ich die Anweisungen gelesen hatte.
»Tja, das war’s«, sagte Sharon, verriegelte die Tür wieder und führte mich in die Küche zurück, wo sie einen roten Mantel anzog, dessen Farbe sich heftig mit dem Magenta ihrer Haare biss, und ihre Tasche nahm. »Ich bin dann mal weg. Ich schätze, das alte Paar im Torhaus erklärt dir alles, was ich vergessen habe, und verhungern wirst du sicher nicht, denn auch schon bevor Mo und Jim all ihr Zeug angeschleppt haben, waren genug Essensvorräte da, um eine Belagerung auszusitzen.«
Als sie davonfuhr, war ich mehr als froh, sie von hinten zu sehen. Ich glaube, dem alten Hund ging es genauso, denn als ich in die Küche zurückkam und die erste Ladung meiner Sachen aus dem Auto hereintrug, wedelte er mit dem Schwanz und grinste mir mit vielsagendem Blick aus seinen Bernsteinaugen in dieser gewinnenden Art entgegen, die Lurcher so an sich haben.
»Tja, Merlin, jetzt gibt es nur noch dich und mich, Kleiner«, sagte ich zu ihm in meinem besten Humphrey-Bogart-Tonfall.
Kapitel 5
Heißer Brei
Hilda schenkte mir ein Stück gute Seife, worüber ich mich sehr freute, und Pearl ein hübsches selbst gemachtes lila Stiefmütterchen aus Filz, um es an den Mantel zu stecken. Zum Glück hatte Mr Bowman – Toms Vater und Pfarrer der hiesigen Gemeinde – mir kürzlich einige sehr schöne alte Lesezeichen mit Bibelsprüchen und Seidenquasten gegeben, sodass ich etwas zur Hand hatte, um auch sie zu beschenken.
Weihnachten 1944
Nachdem ich schließlich all meine Sachen hineingebracht, die verderblichen Lebensmittel in den Kühlschrank geräumt und meine Taschen in das Schlafzimmer hinaufgetragen hatte, das für mich bestimmt war, ließ ich mich am
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