Hollys Weihnachtszauber
und selbst wenn, wäre es unmöglich gewesen, das offen zu sagen. Ich hoffte nur, sie hatten recht, dass Hunde mit in den Pub durften. Jess ging ihren Mantel holen, der natürlich schwarz war, und Tilda sorgte dafür, dass sie eine Pudelmütze aufsetzte und Handschuhe anzog. Zudem bekam sie zu ihrem grenzenlosen Entsetzen einen bootförmigen Weidenkorb in die Hand gedrückt, in dem drei in Folie gehüllte Päckchen lagen.
»Käsestangen«, vertraute Jess mir an, als wir die Straße hinuntergingen. »Omi macht die andauernd, weil sie babyeinfach gehen, aber sie schmecken nach nicht viel, und schon gar nicht nach Käse. Sie sind für die Altchen in den Altenteil-Cottages.«
»Ach ja, das ist das frühere Kindermädchen …«
»Alle nennen sie Old Nan – sie ist schon dingsundneunzig.«
»Und der Pfarrer im Ruhestand?«
»Richard, Richard Sampson. Der ist auch ganz schön alt, aber er läuft weite Strecken zu Fuß, auch wenn er ein bisschen schusselig ist und manchmal vergisst, wieder umzukehren und heimzukommen. Dann rufen Leute von meilenweit weg bei Onkel Jude an, und er muss hinfahren und ihn mit dem Auto abholen.«
»Dann wollen wir hoffen, dass er bei diesem Wetter zu Hause bleibt, bis dein Onkel wieder da ist! In dem anderen Haus wohnt der Gärtner Henry, nicht wahr?«
»Ja, aber der ist auch recht rüstig, und obwohl er im Ruhestand ist, ist er ständig in Old Place droben.«
»Ja, der ummauerte Garten und der Generator sind offenbar seine Lieblingsreviere. Er klang diesbezüglich ganz schön besitzergreifend.«
»Seine Tochter wohnt im Dorf und hält ein Auge auf ihn – im Sommer arbeitet sie im Hofladen der Weasel Pot Farm. Aber Old Nan und Richard haben keine Verwandten mehr, dafür sind sie viel zu alt, von daher sind sie es gewöhnt, zum Weihnachtsessen ins Herrenhaus hochzukommen. Keine Ahnung, was sie dieses Jahr machen – ich bin nicht mal sicher, ob sie überhaupt schon kapiert haben, dass gar keine Feier stattfindet.«
Wieder spürte ich diese störenden Gewissensbisse – die gar nicht gerechtfertigt waren, da ich ja für nichts von alledem auch nur im Entferntesten verantwortlich war!
»Nun, wo Jude weg ist, wünschte ich, Edwina wäre noch da, die Haushälterin von Omi und Opa, ich glaube nämlich, dass Omis Weihnachtsessen eine mittelgroße Katastrophe wird«, sagte Jess rundheraus. »Außerdem übertreibt sie total. Ich glaube nicht, dass sie dem Ganzen wirklich gewachsen ist.«
»Mr Martlands Abwesenheit scheint insgesamt große Schwierigkeiten aufzuwerfen. Ganz schön egoistisch von ihm, einfach zu verduften, wo er doch wissen muss, wie sehr alle von ihm abhängig sind!«
»Ja, er ist echt eine Egosau«, bestätigte sie mit einem Seufzer. »Selbst das Weihnachtsessen mit Mo und Jim war etwas, worauf man sich hätte freuen können, aber jetzt ist alles endöde, und ich war schon froh, gestern auch nur Tante Becca zu sehen.«
»Magst du sie nicht?«, fragte ich überrascht. »Ich fand sie sehr nett.«
»Ich mag sie schon, aber sie redet immer nur über Pferde, Angeln und Jagdgeschichten, außerdem ist sie höchstens ein paar Minuten geblieben, weil der Wind zu kalt war, um Nutkin draußen lange stehen zu lassen.«
»Sie war mir eine große Hilfe, weil sie mir erklärt hat, wie mit Lady umzugehen ist. Ein Pferd zu versorgen, ist eine ziemlich große Verantwortung, wenn man keine Übung darin hat.«
»Sie hat gesagt, du bist patent und tüchtig, und sie kann sich nicht vorstellen, dass es irgendwelche Schwierigkeiten gibt.«
»Nein, ich auch nicht, aber falls ein Problem auftaucht, ist es gut zu wissen, dass ich mich an jemanden wenden kann, der von Pferden deutlich mehr versteht als ich.«
»Tante Becca hat erzählt, dass Mo und Jim dir den riesigen Truthahn und die ganzen Sachen für unser Weihnachtsdinner dagelassen haben«, bemerkte Jess und warf mir unter ihrem Pony hervor einen Seitenblick zu. »Könntest du nicht an ihrer Stelle kochen, Holly?«
Ihre Direktheit überrumpelte mich. »Du hast das nicht etwa mit deinem Onkel Jude besprochen, wie?«
»Nein, ich fand es nur einfach eine gute Idee.«
»Nun, aus deiner Sicht vielleicht schon, aber von so etwas stand nichts im Vertrag, als ich diesen Job übernommen habe! Ich hüte Häuser, um mich von der Kocherei während des restlichen Jahres zu erholen«, erklärte ich bestimmt, und sie machte ein enttäuschtes Gesicht. »Außerdem erinnerst du dich vielleicht, dass ich Weihnachten sowieso nicht feiere. Vielmehr gebe
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