Hollys Weihnachtszauber
aber ich kann in dieser verstohlenen Heimlichkeit nicht länger weitermachen und habe ihm deshalb erklärt, dass ich erst dann bereit bin, ihn wiederzusehen, wenn wir uns darauf einigen, es unseren Eltern zu sagen, und uns verloben.
April 1945
Zum Glück zog sich Coco in ihr Schlafzimmer zurück, sobald es für sie bereitstand, sodass alle anderen für einen Aperitif und um sich am Feuer zu wärmen, wieder ins Wohnzimmer konnten und mir nicht mehr im Weg standen, als ich den Küchentisch aufräumte und fürs Abendessen deckte.
Nun, da wir so viele waren, wäre es durchaus sinnvoll gewesen, das Speisezimmer zu benutzen, aber ich war zu erschöpft, um mit heißen Schüsseln hin und her zu tippeln: Nein, die Küche musste genügen. Und mit ein bisschen Glück und womöglich über Nacht einsetzendem Tauwetter konnte ich Guy und Coco am Morgen vielleicht loswerden. Schließlich war er dafür zuständig, Coco sicher nach Hause zu bringen, und ihn wollte ich auch nicht hier haben, so charmant er sein mochte.
Er war überhaupt nicht mein Typ, doch wenn Ned Martland auch nur entfernte Ähnlichkeit mit ihm hatte, verstand ich schon, warum meine arme Oma ihm verfallen war, und wunderte mich nicht, dass er anschließend offenbar sein Spiel mit ihr trieb.
Ich ging kurz nach oben, um ein wenig Make-up aufzutragen, meine Haare zu bürsten und anstelle der Jeans etwas schickere schwarze Krepphosen und eine dunkelrote Tunika mit perlenbesetztem Halsausschnitt anzuziehen. Am Abend zuvor waren Becca wie Tilda in langen Röcken zum Abendessen heruntergekommen, doch da Noel und Jess sich gar nicht umgezogen hatten, könnte das auch der Bequemlichkeit halber gewesen sein.
Wenn ich für Hausgesellschaften koche, kümmert es mich natürlich überhaupt nicht, was ich anhabe, weil ich dann nicht mit den Kunden zusammen esse. Jetzt allerdings nahmen wir die Mahlzeiten gemeinsam ein.
Als ich Sardinenpaste und French Toast als Vorspeise auf einem Tablett hinüberbrachte, war die ganze Familie im Wohnzimmer versammelt. Tilda und Becca hatten wieder ihre langen Röcke an, und Noel trug nun ein kariertes Hemd unter einem abgewetzten dunkelblauen Samtjackett, während Guy in sandfarbenem Kaschmir aussah wie eine wandelnde Reklame für exklusive Herrenbekleidung. Jess hatte einen endlosen Vorrat an schwarzen Jeans und Oberteilen, sodass man unmöglich unterscheiden konnte, ob sie sich umgezogen hatte oder nicht. Sie saß am Fenstertisch und machte irgendetwas Kniffeliges mit kleinen Papierschnipseln.
»Lass mich dir das abnehmen, es sieht ja schrecklich schwer aus«, sagte Noel und wollte schon aufstehen, als wäre ich ein zierliches Persönchen und keine eins achtzig große Amazone.
»Nein – lass mich das machen«, bot Guy mit strahlendem Lächeln an. Er setzte das Tablett auf dem Teetisch ab und fragte mich: »Möchtest du einen Drink? Sherry, Gin Tonic? Nenn mir deine Droge.«
»Nein danke, ich trinke nicht viel, schon gar nicht, wenn ich koche. Kommt Miss Lanyon zum Essen herunter?«
»Coco – belassen wir es bei ihrem Vornamen, denn mir ist ohnehin, als wären wir schon sehr vertraut miteinander, nachdem nun all unsere dreckige Wäsche vor dir ausgebreitet wurde.«
»Ganz sicher haben wir alle über eure Privatangelegenheiten heute sehr viel mehr erfahren, als wir je wissen wollten«, tadelte Tilda streng. »Also, gedenkt deine junge Dame uns heute Abend mit ihrer Gegenwart zu beehren?«
»Sie ist nicht meine junge Dame, Tilda, und ich habe keine Ahnung.«
»Ich würde es ihr durchaus zutrauen«, meinte Becca, »auch wenn wir alle ihren Anblick sicher schon reichlich satthaben. Im Grunde war ich dir dankbar, Guy, als du letztes Weihnachten mit ihr abgezogen bist – man stelle sich vor, wie schrecklich es gewesen wäre, wenn sie Jude geheiratet und sich hier niedergelassen hätte!«
»Ich glaube, hauptsächlich hat die Vorstellung, den Großteil des Jahres hier zu verbringen, sie von Jude abgebracht, bevor sie mich überhaupt ins Auge gefasst hat«, erklärte Guy leidenschaftslos. »Sie ist kein Mädchen fürs Landleben und hat ihren Blick fest auf ihre Karriere gerichtet.«
»Sofern man halb nacktes Getänzel auf einem Laufsteg als Karriere bezeichnen kann«, bemerkte Tilda bissig.
»Sie bemüht sich auch um einen Durchbruch als Schauspielerin«, antwortete er, und just in diesem Moment schwang die Tür auf, und Coco erschien: ein Bild unnahbarer, eisiger Schönheit. Sie ist so hübsch, dass es schon beinahe unwirklich
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