Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
aufgeweckter junger Kerl, und ich weiß aus eigener Anschauung, dass Sie motiviert, fleißig und ein wenig disziplinierter sind, als Sie zugeben möchten. Ja …« – sie grinste träge – »… wenn ich’s mir recht überlege, dann sind Sie selber ein klein wenig wie Lester Tourville, nicht wahr, Commander? Nach außen hin ein schillernder Draufgänger … aber Sie lassen Worten auch Taten folgen.«
Tremaine sah sie nur an. Was sollte er ihr auch darauf antworten?
Truman lachte leise. »Das hoffe ich wenigstens sehr für Sie, Scotty, denn genau so jemanden brauche ich. ›Fliegerasse‹ hat Jackie euch genannt. Solche Leute brauche ich für die LAC-Besatzungen … und als neuer Chef des LAC-Geschwaders von HMS Hydra haben Sie die Aufgabe, mir noch mehr solche Asse heranzuziehen!«
8
»Herzogin Harrington ist da, Sir Thomas«, meldete der Schreibersmaat, trat zur Seite und zog die altmodische, handbediente Tür weit auf. Honor trat hindurch und trug dabei eine Miene zur Schau, mit der sie ihre nicht unbeträchtliche Beklommenheit zu verbergen suchte. Hinter dem landefeldgroßen Schreibtisch erhob sich ein Mann mit tonnenförmiger Brust zur Begrüßung.
»Hoheit«, sagte er und streckte Honor die Hand hin. Sie verbarg ein mattes Lächeln, während sie das helle, holzvertäfelte Büro durchschritt. Das Protokoll zwischen ihr und Admiral Caparelli war ein wenig problematisch, und sie fragte sich, ob der Erste Raumlord sich fachlichen Rat eingeholt hatte oder sich einfach aus dem Augenblick heraus entschied, wie er ihr begegnen wolle.
In jeder Hinsicht außer einer – nein, genau genommen außer zweien – war sie diesem Mann nun übergeordnet. Im Jelzin-System galt dies schon sei T-Jahren, denn dort trug sie den Titel der Gutsherrin von Harrington. Nun aber war sie auch im Sternenkönigreich eine Hochadlige, die Herzogin Harrington. In ihrem gesunden Auge blitzte reine, unverfälschte Schadenfreude auf, die nicht etwa Caparelli galt. Nein, Honor schmunzelte einmal mehr über die sauren Gesichter, die sich edle Lords und Ladys verkneifen mussten, als die Frau, die sie des Oberhauses verwiesen hatten, als neuste Herzogin des Sternenkönigreichs wieder in ihrer Mitte Platz nahm – und nun mehr als neunzig Prozent des Hochadels übergeordnet war. Wenngleich Honor noch immer große Zweifel hegte, ob es wirklich klug gewesen war, ihren neuen Titel anzunehmen, musste sie zugeben, dass sie den Ausdruck auf den Gesichtern von Stefan Young, dem Zwölften Earl von North Hollow, und Michael Janvier, dem Neunten Baron von High Ridge, bis ins hohe Alter als Lieblingserinnerungen bewahren würde – falls sie denn ein hohes Alter erreichte.
Auch die Willkommensansprachen der Oppositionsführer würde sie niemals vergessen. Sie hatte aufmerksam und mit ernstem Gesicht zugehört, während Nimitz unbeholfen zusammengeringelt auf ihrem Schoß lag und sie beide die wahren Gefühle hinter den überaus aufrichtig klingenden Stimmen spürten. Es war keine schöne Erfahrung gewesen, so unmissverständlich zu sehen, wie sehr die Sprecher sie hassten; sie schwadronierten über ihr ›Heldentum‹ und ihren ›Mut‹, ihre ›Entschlossenheit‹ und ihren ›unerschöpflichen Erfindungsreichtum‹, und die Art, in der sie das taten, weckte in Honor leichte Übelkeit. Trotzdem kam sie damit zurecht. Sie und Nimitz wussten genau, was die Sprecher wirklich empfanden, und sie war milde überrascht, dass High Ridge nicht einen Schlaganfall erlitt und auf der Stelle starb. Die Gräfin von New Kiev war nicht viel besser, nur dass ihr zähneknirschender Zorn sich nicht gegen Honor persönlich richtete, sondern gegen das Hindernis, das die Herzogin Harrington für ihre Pläne bedeutete; von dem Hass eines High Ridge oder North Hollow war bei ihr wenig zu spüren gewesen.
Und schließlich gab es wenigstens genauso viele Lords und Ladys – wenn nicht sogar mehr, verdammt! –, die meine Bestallung aufrichtig genossen haben , sagte sie sich.
Herzogin war sie erst seit drei Wochen, und die neuen Würden kratzten und schabten Honor noch immer.
Bei manchen Leuten in ihrer Umgebung weckten sie vermutlich ein ebenso großes Unbehagen wie bei ihr selbst. Sir Thomas Caparelli hatte jedes Recht, sich zu den Betroffenen zu zählen. Seit den ersten Kriegstagen, als Honor noch ein dienstjüngerer Captain of the List gewesen war, hatte er das Amt des Ersten Raumlords inne. Eben noch bekleidete sie in manticoranischen Diensten nur den Rang eines
Weitere Kostenlose Bücher