Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
Schmerz, zu einem Krebsgeschwür werden musste, sobald die anderen Sorgen hinfällig wurden, wenn sie es jemals wurden.
    Noch immer schwatzte Bush lustig drauflos. Hornblower hörte die Worte, ohne sich ihrer Bedeutung bewusst zu werden.
    »Ha... hm«, räusperte er sich. »Sehr richtig.« Er vermochte keine Befriedigung in den schlichten Dingen zu finden, die Bush in Begeisterung versetzten: das Atmen des Meeres, das sanfte Wiegen des Oberdecks; jedenfalls nicht jetzt mit all diesen quälenden Gedanken, die sich ihm aufdrängten.
    Die Rauheit seines Tones ließ Bush mitten in seinem harmlosen und ungewohnten Geplauder innehalten und sich plötzlich straffen. Eigentlich fand Hornblower es unglaublich, daß Bush überhaupt noch Zuneigung für ihn empfinden konnte, nachdem er ihn so oft mit verletzender Rücksichtslosigkeit für seine Zwecke gebraucht hatte. Wie ein Hund war er, dachte Hornblower, der im Augenblick zu verbittert war, um seinem getreuen Begleiter Gerechtigkeit widerfahren zu lassen; wie ein Hund, der die Hand leckt, die ihn geschlagen hatte. Hornblower hegte den größten Widerwillen gegen sich selbst, als er nun zu einer langen, langen Zeitspanne einsamer und qualvoller Grübelei wieder nach vorn ging.
    Ganz schwach begann es zu dämmern. Noch handelte es sich allerdings nur um eine ins Perlgraue gehende Milderung der nächtlichen Finsternis, als Brown zu Hornblower nach achtern kam.
    »Bitte um Verzeihung, Sir, aber mir ist, als wenn ich da drüben etwas aus dem Dunst aufragen sähe. An Backbord voraus, Sir... Da, bemerken Sie's, Sir?«
    Hornblower strengte seine Augen an. Vielleicht war da tatsächlich ein noch dunklerer Kern inmitten der Finsternis, aber zuweilen schien er dem müden Blick wieder zu entschwinden.
    »Was halten Sie davon, Brown?«
    »Ich meinte, es wäre ein Schiff, Sir, als ich's zuerst sah, aber bei so diesigem Wetter...«
    Immerhin bestand eine schwache Möglichkeit dafür, daß es sich um ein französisches Schiff handelte, obwohl es ungefähr ebenso unwahrscheinlich war, als dem König selbst in einem Fischerboot zu begegnen. Eher noch konnte es ein englisches Schiff oder schließlich auch ein Handelsschiff sein. Am sichersten war es, von Luv her an den Fremden heranzukriechen, denn der Kutter, der dichter beim Wind segeln konnte als jedes größere Schiff, vermochte nötigenfalls auf dem gleichen Weg zu fliehen, auf dem er gekommen war, wobei man nur darauf rechnen musste, daß man nicht schwer beschädigt wurde, solange man sich noch in Schussweite befand.
    »Mr. Bush, ich glaube, daß da in Lee ein Segel ist. Bringen Sie bitte den Kutter vor den Wind, und halten Sie darauf zu.
    Halten Sie sich aber bereit, auf mein Kommando sofort zu wenden. Klar bei der Klüverschot, Brown!«
    Nun die Lage wieder kritisch wurde, wich alle Unsicherheit aus Hornblowers Denken. Er ärgerte sich nur über seinen beschleunigten Puls. Der Kutter drehte auf den neuen Kurs und glitt vor dem Wind liegend langsam über das vom Dunst überzogene Wasser. Hornblower versuchte mit seinen Blicken die Dunkelheit zu durchdringen. Zeitweilig lockerte sich der Nebel, um gleich wieder dichter zu werden, doch bestand kein Zweifel mehr darüber, daß man sich einem Schiff näherte. Der Fremde hatte nur die Marssegel stehen, und dieser Umstand machte es beinahe gewiss, daß es sich um ein britisches, zum Blockadegeschwader von Brest gehörendes Schiff handelte.
    Neue Nebelschwaden verhüllten es, und als sie vorübergezogen waren, hatte sich der Abstand merklich verringert. Überdies begann es nun wirklich zu dämmern. Leicht grau sahen die Segel im zunehmenden Licht aus. Nun war die› Hexe von Endor ‹nahe herangekommen.
    Plötzlich wurde die Stille von einem Anruf unterbrochen. Die hohe durchdringende Stimme wurde durch die Verwendung des Megaphons klanglich kaum verzerrt. Offenbar hatte sie sich in den Stürmen des Atlantiks zu solcher Klarheit entwickelt.
    »Kutter ahoi! Was für ein Kutter ist das?«
    Beim Hören der englischen Worte löste sich Hornblowers Spannung. Jetzt erübrigte es sich, zu wenden und Schutz suchend wieder im Nebel zu verschwinden. Andererseits aber rückten nun alle jene unangenehmen Zukunftsaussichten in beinahe greifbare Nähe. Er schluckte ein paarmal und fand nicht gleich die richtigen Worte. »Was für ein Kutter ist das?« hallte es wieder von drüben. Mochte die Zukunft immerhin Peinlichkeiten bringen, er, Hornblower, gedachte seine Flagge bis zum letzten Augenblick wehen zu

Weitere Kostenlose Bücher