Hornblower 07 - Unter wehender Flagge
daß es sich um die Befehle handelte, die den Zusammentritt des Kriegsgerichts betrafen.
»Herein!« rief er, aber dann humpelte Bush auf seinem Stelzfuss herein. Er strahlte, seine Arme waren mit allerlei Paketen beladen. Beim Anblick dieses ihm so vertrauten Gesichts verflog Hornblowers seelische Bedrückung ins Nichts.
Er merkte sogar, daß er ebenso froh lächelte wie Bush, dessen Hand er immer wieder von neuem schüttelte. Er nötigte ihn, auf dem einzigen Stuhl Platz zu nehmen, wollte etwas zu trinken kommen lassen und ließ in der Heftigkeit seiner Gefühlsreaktion alle Zurückhaltung außer acht.
»Oh, danke, mir geht es ausgezeichnet, Sir«, erwiderte Bush auf Hornblowers Fragen. »Und dies ist die erste Möglichkeit, Ihnen meinen Dank auszusprechen für meine Beförderung.«
»Danken Sie mir nicht«, lehnte Hornblower ab, und ein Unterton der Bitterkeit machte sich wieder in seiner Stimme bemerkbar. »Seiner Lordschaft müssen Sie danken.«
»Ich weiß aber dennoch, wer der eigentliche Urheber ist«, beharrte Bush bei seiner Meinung. »Noch diese Woche wollen sie mich zum Kapitän zur See machen. Ein Schiff bekomme ich allerdings nicht - kein Wunder, mit diesem Holzbein -, aber Werftdirektor in Sheerness werde ich. Ohne Sie hätte ich niemals diesen Rang erreicht, Sir.«
»Unsinn«, brummte Hornblower. Die rührende Dankbarkeit Bushs war ihm peinlich.
»Und wie steht es mit Ihnen, Sir?« fragte der ehemalige I. O. der Sutherland und sah ihn dabei aus seinen blauen Augen teilnahmsvoll an.
Hornblower zuckte die Achseln. »Ganz leidlich.«
»Ich war so sehr betroffen, als ich das von Mrs. Hornblower hörte, Sir.«
Das war alles, was zu diesem Fall gesagt zu werden brauchte.
Beide Männer kannten einander zu gut, um viele Worte zu machen.
»Ich nahm mir die Freiheit«, fuhr der Besucher hastig fort, »Ihre Postsachen mitzubringen. Es lag da eine ganze Menge für Sie.«
»So?«
»Dieses große Paket enthält zweifellos einen Degen, Sir.«
Bush wusste, wie er Hornblowers Aufmerksamkeit am besten zu fesseln vermochte.
»Na, dann wollen wir's gleich aufmachen«, sagte Hornblower nachgebend.
In der Tat handelte es sich um einen Degen, der reich mit goldenen Beschlägen verziert war, und als Hornblower ihn aus der Scheide zog, kam die bläuliche Klinge zum Vorschein, die eine mit Gold eingelegte Inschrift trug. Es war ein Ehrendegen im Werte von hundert Guineern, der ihm von der Vaterländischen Vereinigung für die Versenkung der Natividad verliehen worden war und den er Duddingstone, dem Inhaber des Plymouther Geschäfts, als Pfand für die Versorgung der Kapitänskajüte hinterlassen hatte, als er die Sutherland in Dienst stellte.
»Bisschen zu viel Geschriebenes für meinen Geschmack«, hatte Duddingstone damals beim Anblick der Klinge gemeint.
»Wollen mal sehen, was er jetzt dazu sagt«, murmelte Hornblower und riss das Briefchen auf, das dem Paket beigefügt worden war.
Sir, mit großer Ergriffenheit las ich heute die Nachricht, daß Sie den Klauen des Korsen entkommen sind, und die Worte fehlen mir, Ihnen meine Genugtuung darüber auszudrücken, daß sich die Meldung von Ihrem vorzeitigen Tod als falsch erwies, wie es mir auch nicht möglich ist, Ihnen meine Bewunderung zu schildern, die Ihre Taten als Kommandant der Sutherland und später in mir erregten. Ich vermag es nicht mit meinem Gewissen zu vereinbaren, den Degen eines so hervorragenden Offiziers in meinem Besitz zu behalten, und somit habe ich mir gestattet, Ihnen die Waffe beifolgend wieder zuzustellen, dabei der Hoffnung Ausdruck gebend, daß Sie ihn demnächst tragen werden, wenn Sie Britannien die Seeherrschaft erkämpfen.
Stets gerne zu Ihren Diensten
Ihr gehorsamer und ergebener Diener
J. Duddingstone
»Donnerwetter!« sagte Hornblower.
Er ließ Bush das Begleitschreiben lesen. Bush war ihm jetzt dienstlich gleichgestellt und obendrein sein Freund. Er durfte daher ruhig erfahren, zu welchen Hilfsmitteln er damals hatte greifen müssen, als er zum Kommandanten der Sutherland ernannt wurde. Als Bush nach der Lektüre des Briefes zu ihm aufsah, lachte Hornblower etwas verlegen.
»Unser Freund Duddingstone muss allerdings tief beeindruckt worden sein, daß er das Pfand für bezogene Waren im Werte von vierzig Guineen aus den Händen gab.« Er sprach ein wenig spöttisch, um seinen Stolz nicht merken zu lassen, aber in Wirklichkeit war er so gerührt, daß ihm fast die Tränen in die Augen getreten wären.
»Mich
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