Hornjäger (German Edition)
Junge!« Mit einem Rumsen warf der Pförtner das Türchen ins Schloss, so dass das gesamte Tor, in das das Türchen eingelassen war, wackelte.
Euphena und Helwyr folgten ihm über den Innenhof zu den Aufenthaltsräumen der Dienstboten. Die Residenz der Gräfin war schlicht gehalten. Außer den grünen Fensterläden gab es keine farblichen Akzente nur in der Mitte des Hofes, lag zwischen all den Steinplatten ein kleines Fleckchen Garten mit einer wilden Mischung aus Feldblumen und Ziersträuchern.
Vorsichtig hielt Helwyr Euphenas Hand. Durch die dicken Mauern waren sie gekommen, aber jetzt hieß es diesem Seach schnellstmöglich klarzumachen, dass er sie nicht auffliegen lassen durfte. Sonst konnten sie die nächsten Hinweise vergessen und würden wie blind durch die Länder ziehen müssen.
Der alte Pförtner betrat eine schmale Stube, in der zwei Männer um einen Holztisch saßen und leise miteinander sprachen.
»Seach. Du hast Besuch, mein Junge.«
Ein schlaksiger Bursche mit rotem Gesicht und blonden Locken blickte auf. Der andere Mann, der mit ihm am Tisch saß, lehnte sich gemütlich zurück und holte sich seinen Humpen in Reichweite. Da die hohen Herrschaften nicht im Schlosse weilten, bezweifelte Euphena stark, dass darin auch nur eine Spur von Wasser zu finden war.
»Ja bitte?« Seach sah sie ein wenig verwundert an und stand auf.
Euphena machte einen großen Schritt auf ihn zu. »Seach, mein lieber Freund! Wie schön dich endlich wiederzusehen!« Angriff war noch immer die beste Verteidigung!
»Ich ... freue mich ... auch?« Sein fragender Blick sprach Bände.
»Aber natürlich tust du das! Wir kommen direkt von Jyrsin. Er sagte du würdest dich freuen, uns das Schloss zu zeigen.« Euphena schenkte ihm einen eindringlichen Blick aus ihren dunklen Augen und betete gleichzeitig zu den Göttern, dass er verstehen würde. Der alte Pförtner mochte zwar keine Kraft mehr haben, jedoch konnte er Zeter und Mordio schreien und darauf würde wiederum die Schlosswache hören.
»Ist das nicht eine Freude, mein Junge?« Der Pförtner sprach, als würde er ein gekochtes Möhrchen mümmeln. »Alte Freunde wiederzusehen?«
»Natürlich ... eine Freude!« Seach blickte unsicher unter seinen Locken hervor. Ihm war bereits klar, dass dieser Besuch nur allzu leicht in Scherereien enden konnte. Euphena war gespannt, wie er sich weiter verhalten würde. Jetzt musste er sich entscheiden, stieg er darauf ein oder wollte er mit der Sache nichts zu tun haben.
»Von wo kennt Ihr meinen lieben Jungen denn eigentlich, Fräulein?«
»Nun. Das ist eine lustige Geschichte.« Sie räusperte sich verlegen. »Meine Mutter und Seachs Mutter waren befreundet, als sie noch kleine Mädchen waren, dann heiratete meine Mutter und zog weg. Und dann ... tja dann ...«, Euphena stockte. Was sollte sie jetzt bloß sagen? Es musste glaubwürdig klingen und ihr einen Grund liefern Seach gerade jetzt zu besuchen. Sie spürte, wie ihr die Röte in die Wangen schoss.
»Nach vielen Jahren wollten wir zufällig auf einem Markt, dasselbe Schweinchen kaufen und sind inmitten unseres Streitgespräches draufgekommen, dass unsere Familien schon seit langer Zeit eng verbunden sind.« Seach hatte besonders ruhig und sachlich gesprochen. Euphena war erstaunt. Er war der perfekte Lügner.
»Genau«, rief sie erleichtert aus. »Und seitdem besuchen wir einander! Bevor ich es vergesse Seach, recht schöne Grüße von meiner Mutter!«
»Danke. Ich werde sie zu Hause umgehend ausrichten!« Er deutete eine Verbeugung an.
»Eine wunderbare Geschichte, meint Ihr nicht auch?«, flüsterte der alte Pförtner und lehnte sich zu Helwyr, der bis jetzt unbeteiligt in einer Ecke gestanden hatte.
»Ja, ganz wunderbar.« Helwyr richtete sich zu voller Größe auf. »Wenn Ihr uns nun auch noch das Schloss zeigen könntet, Seach, wäre meine Welt vollkommen.« Der sarkastische Unterton in seiner Stimme stach hervor, wie ein rostiger Nagel aus der Festungsmauer. Entschlossen wandte er sich zum Gehen und schob den Jungen zur Tür hinaus.
»Ja geht nur Kinder. Und viel Spaß!« Der Alte winkte noch, als sie die Tür zum Aufenthaltsraum hinter sich ins Schloss warfen.
Helwyr bugsierte Seach geradewegs über den Hof in ein schattiges Eckchen und stellte ihn mit dem Rücken gegen die Wand.
»Zwei Dinge: Erstens, wir brauchen Informationen über das vergessene Volk! Wo finden wir sie? Wie viele von ihnen gibt es noch? Sind sie wehrhaft und so weiter. Zweitens, wir haben
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