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Hunde wuerden laenger leben, wenn

Hunde wuerden laenger leben, wenn

Titel: Hunde wuerden laenger leben, wenn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ziegler
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weitergegeben und halten sich
hartnäckig.
Bei Sandrina zeigt sich bereits im Welpenalter, dass etwas nicht in Ordnung ist. Sie ist
von Anfang an stark überdreht und unfähig,
sich zu konzentrieren. Irgendetwas scheint
sie einfach nicht zu vertragen. Dass die
künstliche Nahrung die Verursacherin der
Verhaltensprobleme ist, kommt erst ans
Tageslicht, als Sandrina endlich auf
artgerechte Nahrung umgestellt wird und
ihre Symptome sich in wenigen Wochen so
stark bessern, dass Sandrina heute eine
zwar lebhafte, aber nicht mehr hysterische
Hundedame ist. Sandrina kann heute mit
ihrer Familie spazierengehen, auch ohne
Leine. Sie reagiert jetzt auf die Kommandos
ihrer Familie, kann also normal mit ihrer
Familie kommunizieren. Sie läuft nicht
mehr davon und ist leinenführig.
    Aber alles der Reihe nach: Wie ist das
plötzlich möglich? Familie B. stellt nach
dreiwöchiger
Verabreichung
des
Beruhigungsfutters kaum eine Besserung
fest. Sandrina ist zwar zu Hause etwas ruhiger, im Freien aber ist ihr Verhalten nicht
anders als vorher. Sie gebärdet sich hysterisch und springt an der Leine wie ein Ziegenbock. Weil keine grundlegende Besserung zu bemerken ist, erhält Sandrina wieder
das gewohnte Futter, dazu aber jetzt täglich
ihre Beruhigungspille »Reconcile«. Mit
dieser Pille versorgt, ist der Hund den ganzen Tag apathisch. Wie von einem anderen
Stern, denkt sich Frau B.
    In diesem Zustand bekomme ich Sandrina
das erste Mal zu Gesicht. Sie ist eine wunderschöne Hündin. Das auffälligste für mich
ist die totale Nichtansprechbarkeit des Tieres. Es ist ihr vollkommen egal, ob man sie
anschreit oder anderweitig versucht, ihre
Aufmerksamkeit zu erregen. Sie reagiert in
keiner Weise. Der Vergleich mit einem autistischen Kind, das nicht in der Lage ist,
seine Umgebung wahrzunehmen, liegt hier
sehr nahe. »Reconcile« erhält Sandrina, als
sie mir vorgestellt wird, seit circa einem
Monat. Das Medikament mit dem schönen
Namen (es enthält den gleichen Wirkstoff
wie das bei Menschen eingesetzte »Prozac«,
in Europa unter dem Namen »Fluctin«
bekannt) greift in den Hirnstoffwechsel ein
und sorgt dafür, dass die Konzentration des
Botenstoffs Serotonin an den Kontaktstellen
des Gehirns erhöht bleibt. Speziell für
Hunde adaptiert und mit Geschmack nach
Rindfleisch versehen, wurde das Mittel der
Pharmafirma »Eli Lilly« von der US-Food
and Drug Administration (FDA) zugelassen.
    Die Meinung der Tierärzte über den Einsatz von Prozac / Reconcile ist gespalten. So
meinen die einen, Psychopharmaka für
Hunde sollten nur in Notfällen eingesetzt
werden, wie etwa an Neujahr der Raketenknallerei wegen oder in anderen
außergewöhnlichen Belastungssituationen.
Andererseits plädieren vor allem Tierärzte,
die sich auf Verhaltensstörungen spezialisiert haben, für deren generellen Einsatz. Sie
argumentieren, mit »Reconcile« würden in
der Verhaltenstherapie bei ängstlichen Hunden Zerstörungswut, Trennungsangst und
dauerndes Heulen vermindert werden.
    Das Wirtschaftsblatt »The Economist«
schätzt, dass der US-Psychopillenmarkt für
Tiere einen Umsatz von jährlich einer Milliarde Dollar erreicht. Mittlerweile werden
10–20 % aller amerikanischen Hunde auf
Psychopharmaka gesetzt, weil sie im Falle
des Allein-gelassen-Werdens die Wohnungseinrichtung zerstören, Kot und Urin hinterlassen und dauerhaft bellen. Diese Symptome lassen sich mit »Reconcile« angeblich
gut unterdrücken. Der herstellende Pharmakonzern hat für Haustiermedikamente
gleich eine eigene Abteilung gegründet. Hier
werden eigentlich für den Menschen
gedachte Medikamente auf das Tier adaptiert. Früher gab es keinen Markt für derartige Medikamente. Heutzutage aber ist
eine immer größer werdende Zahl an Leuten
bereit, für ihre Tiere größere Beträge auch in
Psycho-Medikamente zu investieren. Die
Pharmafirmen haben das natürlich
postwendend erkannt.
    Mittlerweile gibt es natürlich auch einen
Fettkiller für Hunde – das »Slentrol« des
Unternehmens Pfizer. »Slentrol« wurde
ursprünglich für den Menschen entwickelt,
wegen seiner starken Nebenwirkungen aber
nicht zugelassen. Meistens werden übrigens
für Haustiere bereits bestehende Wirkstoffe
einfach in anderer Form wieder zusammengesetzt, es werden aber auch Mittel in
Originalzusammensetzung wiederbelebt,
wie eben hier das »Slentrol«, die den Testprozess am Menschen nicht überstanden
haben. Auch Eli Lillys Haustierabteilung
will in Zukunft ihre große Palette an Wirkstoffen prüfen, um vor allem

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