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Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
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ich in Richtung Tür. Draußen hatte sich Brand aufgebaut und schaute durch das Glas der Eingangstür in den Laden. Wie lange stand er schon dort? Und wieso stand er da? War er zufällig vorbeigekommen? War er mir gefolgt?
    Egal. Meine Anwesenheit konnte ich ohne Probleme begründen. Schließlich war ich in seinem Namen unterwegs. Er würde es da schon schwerer haben. Ich wollte eben zur Tür, um meine Fragen zu stellen, da geschah das Unfassbare. Anne Klein drehte sich zu mir, zog meinen Kopf nach unten und presste ihre Lippen auf meine Lippen. Ihre Lippen bebten wie im Fieber. Nein. Küssen konnte man das nicht nennen. Es war eher ein Akt der Verzweiflung. Trotzdem konnte ich das nicht gutheißen. Ich riss mich los.
    »Was … Was soll das?« Ich rang mühsam nach Luft.
    »Machen Sie mit. Bitte.«
    »Es tut mir leid. Ich kann nicht.«
    »Machen Sie schon!«
    Na schön. Wenn sie es wollte. Vielleicht war das die beste Art, die Sache abzuschließen. Für mich auf jeden Fall. Für Brand wohl eher nicht. Mal sehen, wie er reagieren würde. Würde er das Weite oder die Konfrontation suchen? Ich nahm Anne fest in den Arm. Wunderbar. Dann küsste ich sie. Großartig. Ich drückte sie an mich. Ich drückte noch fester. Jetzt wehrte sie sich. Na und.
    »He, nicht doch. Hören Sie auf. Hören Sie auf! Sie tun mir weh!«
    Sie stemmte beide Hände gegen meine Brust. Kein Problem. Ich erhöhte den Druck. Lass los, du Blödmann, sagte eine Stimme in mir. Mach weiter, nutze deine Chance, kreischte eine zweite. Ich schloss die Augen. Verdammt, was machte ich hier? Was war mit meinem Gehirn los? Was war überhaupt los?
    »Nimm deine dreckigen Pfoten weg, du Penner.«
    Eine Hand legte sich auf meine linke Schulter. Ich wurde herumgerissen.
    »Haben Sie nicht gehört, was die Dame gesagt hat?«
    Ich tauchte wieder auf. Blöde Hormone.
    »Verzeihung. Ich wollte nicht …«, sagte ich in Richtung Anne Klein.
    »Was wollten Sie nicht?« Brand stand vor mir. Er hatte sich für die Konfrontation entschieden. Ich hatte ihm die Entscheidung leicht gemacht.
    Brand grinste jetzt. Na warte. Er kannte seine Abschlussrechnung noch nicht. Brand grinste stärker. Es roch förmlich nach Schleim.
    Wie würde er die Geschichte erzählen? Wahrscheinlich so:
    »Ich war auf dem Weg zur Arbeit und brauchte für eine Artikelrecherche noch das Buch ›Abseits des Parteiendschungels‹. Daher beschloss ich, bei Wolf reinzuschauen. Schon von draußen sah ich, dass etwas nicht stimmte. Frau Anne Klein, die Verkäuferin, stand mit dem Rücken gegen das Regal gepresst, der Angreifer, ja ich kenne ihn, er heißt Siegfried Gass und gibt sich gern als Privatdetektiv aus, er spielte schon beim Kinobrand eine zwielichtige Rolle, stand direkt vor ihr und bedrängte sie. Ein Verkaufsgespräch sieht anders aus, dachte ich. Außerdem glaubte ich im Gesicht der Verkäuferin Angst zu erkennen. Ich trat näher und schaute durch das Glas der Eingangstür. Ich sah, wie Herr Gass sich auf die Verkäuferin stürzte und diese zwang, ihn zu küssen. Ich konnte erkennen, wie er versuchte, eine Hand unter ihr T-Shirt zu bekommen. Frau Klein wehrte sich, kam aber gegen den Angreifer nicht an. Der wurde immer aggressiver und zudringlicher. Ich konnte nicht länger zusehen und stürzte hinein, um Frau Klein beizustehen. Den Rest kennen Sie ja.«
    Vielleicht hatte er mit seiner Version nicht mal unrecht. Zumindest aus seiner Sicht. Wahrscheinlich übertrieb er deshalb den Auftritt maßlos. In seiner Rechten tauchte eine Pistole auf. Völlig überflüssig, aber es passte zu Brand. Es hätte auch zu ihm gepasst, wenn er ohne Vorwarnung abgedrückt hätte. Aber er drückte nicht ab. Noch nicht.
    Die Pistole kam mir bekannt vor. Zuletzt hatte sie unter einer Badewanne und zuvor in den Händen eines toten Mannes gelegen. Jetzt war die 22er auf mich gerichtet. Üble Sache. Ich musste die Initiative an mich reißen.
    »Wo haben Sie die 22er her, Herr Brand?«
    Er schaute auf das Teil in seiner Hand.
    »So, das ist also eine 22er.«
    »Ja, eine Smith & Wesson . Sportsman Stainless .«
    »Oh.«
    »Modell 2213. Taschenpistole. 8 Schuss, 76 mm langer Lauf, 510 g schwer, starre Visierung.«
    Er schaute noch eine Spur interessierter.
    »Mit dieser 22er wurde letzten Freitag ein Mensch ermordet.«
    »Ach. Tatsächlich.« Er schaute jetzt die 22er fast zärtlich an.
    »Geben Sie die Waffe her! Das ist ein Beweisstück.«
    Ich streckte die Hand aus und trat auf ihn zu.
    »Stehen bleiben! Keine

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