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Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Titel: Hunkelers erster Fall - Silberkiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Schneider
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Lächeln entgegen. »Herr Assad Harif?«
    Sie erhob sich, langbeinig wie eine Gazelle. Er blickte kurz auf ihre Netzstrümpfe, was ihr zu gefallen schien.
    »Ich habe eine wichtige Mitteilung für Sie. Darf ich Sie auf Ihr Zimmer begleiten?«
    Kayat nickte, holte beim Concierge den Schlüssel, und gemeinsam stiegen sie hoch.
    »Ich heiße Fränzi Fornerod«, sagte sie, als er die Zimmertür hinter sich geschlossen hatte.
    »Freut mich. Nehmen Sie bitte Platz. Ich heiße…«
    »Ich weiß«, sagte sie, »Sie sind Monsieur Harif aus Syrien, nicht wahr?«
    »Bitte sehr«, sagte er mit einer leichten Verbeugung.
    Sie schaute sich um. Ihr Lächeln war verflogen, sie fühlte sich offenbar nicht wohl hier. »Eng ist es hier, anders als im Drei Könige. Nicht wahr?«
    Er sagte nichts, zuckte mit den Achseln.
    »Also.« Sie sprach jetzt plötzlich sachlich und kühl, ihr Charme war weg. »Ich soll Sie mitnehmen in meine Wohnung, sagt der Chef. Es seien einige Dinge geschehen, die einen weiteren Aufenthalt in einem Hotel unmöglich machen. Ich habe eine Zweizimmerwohnung an der Hegenheimerstraße. Eines der beiden Zimmer können Sie haben, bis Sie die Sache in Ordnung gebracht haben. Er wartet auf die Steine, lässt er ausrichten. Sie verstehen mich?«
    Kayat nickte.
    »Also. Wir sollen keine Zeit verlieren und gleich zu meiner Wohnung fahren, sagt der Chef. Ich habe unten schon über eine halbe Stunde gewartet. Also packen Sie Ihre Sachen ein, und kommen Sie mit.«
    Kayat sagte kein Wort. Er nahm seine Tasche, öffnete die Tür, ließ sie vorgehen und schloss ab. Er schaute ihr zu, wie sie voraus durch den Gang ging, auf Stöckelschuhen, und ihre Hüften hatten plötzlich wieder einen zarten Schwung.
    Erdogan Civil war wieder der Letzte unter der Dusche. Er wusste nicht, warum das immer so war. Er hatte einfach die langsameren Handbewegungen als seine Kollegen, er wusch sich gründlicher oder hatte das Wasser lieber, das über seinen Körper rann.
    An diesem Abend aber war es Absicht. Er schrubbte sich seine Stirnglatze und sein schütteres Haar, als ob er eine monatealte Schmutzkruste hätte wegwaschen müssen, er spülte immer wieder nach und ließ das Wasser über sich rauschen. Zwischendurch schaute er in den Garderobenraum hinüber, wo sich seine Kollegen anzogen und die beiden Handwerker, die die Schlösser repariert hatten, ihr Werkzeug zusammenpackten. Die neuen Schlüssel lagen bereit auf der Bank.
    Berger verließ den Raum als Letzter. »Schließ gut zu«, sagte er, »bis morgen früh.«
    Erdogan wartete eine Weile, bis er sicher war, allein zu sein. Er rieb sich trocken, erst den Kopf, dann Schulter, Rücken und Bauch, zuletzt die Zehen. Die behandelte er besonders liebevoll, sie schienen ihm mit einem Mal schön zu sein. Er grinste kurz, vor Freude, vor Stolz, denn er hatte sie alle beschissen, die Kollegen, den Vorarbeiter, die Polizisten. Nur der Mann mit der fremden Stimme, der in der Früh angerufen hatte, war noch ein Gegner. Aber auch den würde er flachlegen, er war mindestens so schlau wie der.
    Er zog sich an und schaute hinaus, ob die Luft rein war. Dann ging er schnell, aber ohne zu rennen, zu seinem Moped, nahm den Plastiksack vom Gepäckträger und kehrte in die Garderobe zurück. Er legte den Plastiksack zuunterst in seinen Kasten unter einen Pullover und schloss ab. Er sperrte die Garderobentür zu, setzte sich aufs Moped und fuhr durch den Feierabendverkehr Richtung Dreirosenbrücke. Noch immer lag Schnee auf der Fahrbahn, aber er war nicht mehr gefroren.
    Auf der Brücke war der übliche Stau. Erdogan zwängte sich rechts neben den Lastern durch. Einige Male wurde er abgedrängt in den Schneewalm hinein, kam aber nie zu Fall. Er fühlte sich stark auf seinem Moped, als wilder, kühner Reiter, als Memed der Falke.
    Vor dem Café Ankara an der Colmarerstraße hielt er an. Während er langsam den Helm vom Kopf nahm, suchte er die Umgebung ab. Einige Autos glitten vorbei, alles war normal.
    Im Schaufenster des Cafés hing eine Tafel, auf der Charterflüge in die Türkei ausgeschrieben waren. Der nächste Flug ging nach Izmir, und zwar in drei Tagen, am Samstagmorgen um 11 Uhr 30 ab Zürich-Kloten.
    Erdogan betrat das Café und setzte sich an einen der Tische, an denen Karten gespielt wurde. Einige der Männer nickten ihm zu, dann konzentrierten sie sich wieder aufs Spiel. Er war zwar bekannt hier, aber kein Stammgast mehr, seit er Erika kennengelernt hatte. Er hatte eben Glück gehabt, und das war ihm

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