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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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seinem dritten Anruf an diesem Abend, schaltete sich das Band ein und lieferte dieselbe Entschuldigung: »Hey, hier ist Kid. Tut mir leid, daß ich im Moment nicht erreichbar bin, aber ich bin bald wieder zurück. Hinterlassen Sie Ihren Namen und Ihre Nummer, und ich rufe zurück, sobald ich kann. Bye-bye.«
    Diesmal sagte Jack etwas: »Hier ist Jack, Kid, und du steckst tief in der Scheiße. Du solltest lieber eine überzeugende Entschuldigung für dein Nichterscheinen haben. Eine verdammt gute. Ich bin in Kürze wieder zu Hause. Ruf mich an, sobald du zurück bist.« Er zögerte und fügte dann, aus Zorn, hinzu: »Danke für den schönen Abend.« Er drückte auf den »OK«-Knopf und unterbrach die Verbindung. Dann steckte er das Handy zurück in die Hosentasche und machte sich zu Fuß auf den Heimweg. Er ging etwa zwanzig Blocks weit, ehe er spürte, wie seine Beine müde wurden. Mittlerweile war er weit genug vom Garden entfernt, um ein Taxi zu finden. Zehn Minuten später begrüßte er knapp und geistesabwesend den Portier, Ramon, ebenfalls ein Fan der Knicks. Dabei war Jack viel zu sehr damit beschäftigt, sich zu ärgern und zu überlegen, was zum Teufel passiert sein konnte, um zu bemerken, daß jemand ihn beobachtete.
    Dieser Jemand befand sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite und stand im Schatten der kleinen Birke an der Ecke. Es war jemand, der darauf gewartet hatte, daß er nach Hause kam. Und der darauf vorbereitet war, so lange zu warten, wie es nötig war.
    Jemand, der sehr lang auf das gewartet hatte, was geschehen würde.

Neunundzwanzig
    Patience McCoy hatte während der vergangenen zwölf Jahre eine ganze Menge schlechter Tage und Nächte gehabt.
    Da war zum Beispiel der Abend, an dem Carmen Maria Mendez, ein völlig harmloser Transvestit, dessen/deren richtiger Name Alonzo Jorge Mendez lautete, es geschafft hatte, sich seine/ihre Hoden abschneiden und sich in den Mund stopfen zu lassen. McCoy war dem Ruf mit ihrem Partner, einem Neuling namens Johnny Johnson, einem athletischen, harten weißen Burschen, gefolgt, und als sie am Tatort unter der Hochstraße ankamen, warf Johnny einen Blick auf sein erstes Mordopfer und kotzte auf die Leiche.
    Das war schlecht.
    Es war auch kein besonders toller Tag gewesen, als sie den Telefonanruf eines Angestellten in einer kleinen Börsenmaklerfirma in der Wall Street, Pettit and Bandier, angenommen hatte. Er meldete, daß ein unzufriedener Kunde im Büro mit einer Pistole herumfuchtelte und damit drohte, jeden umzubringen, der mit seinem letzten Geschäft zu tun gehabt hätte, bei dem er 265 000 Dollar verloren hatte. Als McCoy dort eintraf, war der Kunde noch ungemütlicher geworden. Er hatte auf vier Makler geschossen, drei von ihnen getötet und den vierten schwer an der rechten Schulter verwundet, ehe er die Waffe auf sich selbst gerichtet und sich das Hirn aus dem Schädel geblasen hatte.
    O ja. Sie konnte auch nicht vergessen, wie sie mal unten in der Hudson-Street vor dem Sporting Club die Folge einer TV-Krimiserie aufnahmen. Einer der Hauptdarsteller spielte mit einer Filmpistole herum, die ein Komparse ihm gegeben hatte. Er steckte sich den Lauf in den Mund, die ganze Zeit lachend, und betätigte den Abzug. Als McCoy dort eintraf, lachte er nicht mehr. Er war mausetot, da die Sprengladung der Platzpatrone stark genug gewesen war, in seinen Rachen einzudringen und im Nacken wieder herauszukommen.
    Nun, es war genau in dieser Gegend.
    Zum einen hatte sie ihrem Mann an diesem Abend ein romantisches Abendessen versprochen, nur sie beide. Elmore würde die Steaks grillen, sie sorgte für den Salat und den Nachtisch. Sie hatte sich bereits entschieden, daß es zum Nachtisch einen Apfelkuchen geben würde – sie backte einen hervorragenden Apfelkuchen mit viel Zimt in der Kruste und zerstoßenen Kaffeebohnen, die für ein ganz besonderes Aroma sorgten, dessen Ursprung niemand identifizieren konnte – sowie selbstgemachtes Schokoladeneis. Sie hatte sich soeben eine dieser aufwendigen italienischen Eismaschinen angeschafft, die sie sich für den Sommer gewünscht hatte. Sie hatte ein Vermögen gekostet, aber was sollte es, sie hatten keine hohen Ausgaben, verdienten beide ganz gut und wußten gutes Speiseeis zu schätzen. Nun, heute Abend gäbe es kein Eis. Kuchen oder Steaks auch nicht. Elmore würde sich nicht gerade freuen, ganz bestimmt nicht.
    Das war das.
    Und dann war da noch die Tatsache, daß sich vor ihren Füßen eine einzige blutige

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