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Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Titel: Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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Arbeitsverhältnisse umwandelt. Es sind keine Einzelfälle! Dieselben Mitarbeiter, die heute als Angestellte auf ihrem Stuhl sitzen, sitzen am nächsten Tag immer noch dort – dann aber mit Freiberufler-Verträgen. »Wir haben zehn Prozent im IT -Bereich eingespart«, heißt es dann – während in Wahrheit nur der Staat um die Sozialausgaben geprellt wird. Und die Kosten unterm Strich ähnlich ausfallen. Wieder ein falscher Reim!
    Sogar die Zufriedenheit von Mitarbeitern soll mit Statistiken vorgegaukelt werden. Etliche Irrenhaus-Direktoren präsentieren die »Krankenquote« als Gradmesser und jubeln: »Die Quote der Krankschreibungen ist im vergangenen Jahr um 0,75 Tage gesunken. Das beweist, wie wohl sich die Mitarbeiter in unserer Firma fühlen.«
    Man braucht kein besonders feines Ohr, um die Unterstellung zu hören: Die Irrenhaus-Direktoren tun so, als könnten sich Mitarbeiter so leicht für oder gegen das Kranksein entscheiden, wie man sich für oder gegen Zucker im Kaffee entscheidet. Wer mit einer Lungenentzündung flachliegt, hat offenbar das wirksamste aller Heilmittel noch nicht entdeckt: seine eigene Motivation.
    Die Studien der Krankenkassen belegen das Gegenteil: Immer mehr Menschen schleppen sich zur Arbeit, obwohl sie krank sind. Sie schlucken Pillen, ignorieren Fieber und den Rat der Ärzte, nur um Fehltage zu vermeiden. Und warum? Weil bekannt ist, dass sich Krankschreibungen auf die Sicherheit eines Arbeitsplatzes auswirken wie Staatspleiten auf Aktienmärkte.
    Indem die Geschäftsleitung den Druck auf die Mitarbeiter erhöht, verhindert sie zwar nicht, dass Mitarbeiter krank werden  – wohl aber, dass sie sich krank melden. Wieder wird ein Reim vorgetäuscht, wo keiner ist.
    In einem anderen Fall beschreibt mir ein Assistent der Geschäftsleitung: »Ich sollte das Potential eines Marktes in Fernost analysieren. Ich habe mir Mühe gegeben, habe Fabriken besichtigt, Statistiken gewälzt, den Bedarf analysiert. Am Ende stand ein niederschmetterndes Ergebnis: Mit unserem Preisgefüge hatten wir keine Chance.«
    Doch als er diese Nachricht seinem Chef servierte, zog der ein Gesicht, als hätte er ihm eine Kröte angeboten. »Ich plane, in diesen Markt zu investieren. Sie sollten kein Plädoyer dagegen verfassen, sondern Argumente für ein Investment sammeln.«
    Also musste der Assistent den gewünschten Reim heraufbeschwören und einen Hurra-Bericht für ein Investment verfassen. Sein Chef verhielt sich wie ein Richter, der erst ein Urteil fällt und dann, da die Aussage des Zeugen in die andere Richtung geht, diese schnell noch fälscht. Nennt man das nicht Willkür?
    Dabei geht es den Irrenhaus-Direktionen nicht um große Vi­sionen, wie sie ein gewisser Thomas Watson Sr. vor Augen hatte, als er 1924 seine Firma »Computing Tabulating Recording Company« in »International Business Machines« ( IBM ) umbenannte – obwohl das Unternehmen damals noch gar keine internationalen Geschäfte betrieb! 56
    Nein, die Irrenhaus-Direktoren pressen ihre Wahrheiten durch die Schablone des kurzfristigen Pragmatismus. Das Gebäude, in dem die Firma residiert, entwickelt sich zum Lügengebäude. Und die Mitarbeiter dienen als Stützbalken. Diese Lügen liegen schwer auf ihrem Gewissen und ihrer Motivation – erst recht, wenn sie wissen, dass die Firma sich mit Fehlentscheidungen und Schwindeleien schadet. Denn wenn die Mannschaft (dauernd) verliert, muss nur in der Bundesliga der Trainer gehen. In den Firmen purzeln die Köpfe der Mitarbeiter.
    Dem Dichter, der all das gelesen hat, vergeht die Lust an der Inversion – weshalb er wieder sauber reimt:
    Â»Die Wahrheit, frei nach Management,
ist, was der Volksmund ›Lüge‹ nennt!«
    Â§ 23 Irrenhaus-Ordnung: Es gibt zwei Sorten von Zahlen: solche, die in Bilanzen stehen, und solche, die wahr sind.
    Der große Chefidioten-Test:
Arbeiten Sie für einen Irrenhaus-Direktor?
    Hat Ihr Chef noch alle Tassen im Schrank? Oder ist er längst des Wahnsinns fette Beute? Dieser Test gibt Ihnen eine Orientierung. Hier lesen Sie 40 Aussagen über Ihren direkten Vorgesetzten. Jedes Mal können Sie angeben, inwieweit Sie zustimmen oder ablehnen. Mit einer 5 drücken Sie höchste Zustimmung aus, mit einer 1 größte Ablehnung.
    Nach dem Test geht’s ans Eingemachte, denn es folgen zwei

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