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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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glaubte Clarkson
und seinen Versprechungen, hatte aber das Gefühl, nicht mitkommen zu können.
Wenn ich zurück nach Afrika fuhr, würde ich meine Tochter und meinen Mann
niemals wiedersehen, und so schweiften meine Gedanken ab, während der
Lieutenant immer noch weiter fortfuhr, sodass ich ein oder zwei der Fragen und
Antworten verpasste, die ich doch aufschreiben sollte. Da war der Traum meines
Lebens endlich in Reichweite, und ich schien die Chance nicht ergreifen zu
können.
    Nach der Versammlung
hob der Lieutenant Daddy Moses auf seinen Karren, und die beiden Männer kamen
mit mir in meine Hütte. Wir aßen Äpfel, gebuttertes Brot und Käse, den mir Theo
McArdle zur Feier des Tages geschenkt hatte. Dazu tranken wir meine eigene
heiße Mischung aus Minze, Ingwer und Honig.
    »Mein lieber Mann«,
sagte Clarkson, »das fegt einem aber die Nase sauber, wie?« Er warf einen Blick
auf den Herd, auf dem ich kochte und mit dem ich heizte, sah zu den Utensilien
an der Wand und beugte sich zu den Büchern auf meinem Regal.
    »Die sehen gut gelesen
aus«, sagte er.
    Ich sagte, ich hätte
jedes Einzelne von ihnen schon viele Male gelesen.
    »Ist Lesen nicht eine
fabelhafte Flucht aus der Welt?«, sagte er.
    Ich lachte, weil mich
seine Offenheit überraschte.
    »Sagen Sie mir nicht,
Sie kennen Gullivers Reisen «, sagte er.
    »Ich weiß nicht, wie
oft ich das Buch schon gelesen habe.«
    » Liliputaner ,
was für ein wunderbares Wort«, sagte er. »Wo um alles hat Swift nur so einen
Namen her?«
    »Sie mögen ja klein
sein, aber sie richten ziemlich was an«, sagte ich.
    »Klingt ganz nach den
Engländern.«
    Daddy Moses und ich
lachten, und ich schüttete Clarkson noch ein heißes Getränk ein.
    »Was hielten Sie davon,
meine Assistentin zu werden?«, fragte mich Clarkson. »Ich brauche jemanden, der
sich Notizen macht, mit den Negern redet und mir hilft, das Abenteuer zu
organisieren.«
    »Das mache ich gerne,
aber ich kann nicht mitkommen.«
    »Vielleicht kann ich
helfen, falls Sie in einem Vertrag stecken oder Schulden haben«, sagte
Clarkson.
    »Ich bin frei und habe
keine Schulden«, sagte ich. »Aber ich warte auf meinen Mann und meine Tochter
und kann ohne sie hier nicht weg.«
    Clarkson fragte, wie
ich das meinte. Er hörte aufmerksam zu und legte die Finger aufeinander, als
ich ihm von Chekura und May erzählte.
    »Ich weiß nicht, was
ich zu Ihrer Tochter sagen soll«, meinte er. »Da die Witherspoons wohlhabend zu
sein scheinen, können sie May in alle möglichen Städte mitgenommen haben. Aber
reden wir von Ihrem Mann. Sie sagen, das Schiff hieß Joseph ?«
    »Ja.«
    »Und es sollte nach
Annapolis Royal segeln?«
    »Ja.«
    »New York City hat es
am 10. November 1783 verlassen?«
    »Richtig.«
    »Dann müsste ich es in
den Unterlagen finden, wenn ich wieder in Halifax bin. Ich werde sehen, was ich
tun kann.«
    Wir kamen überein, dass
er mir drei Schillinge pro Tag zahlen würde, zuzüglich Unterkunft und
Verpflegung. Clarkson sagte, er brauche mich bis zur Abfahrt nach Afrika Tag
und Nacht, werde ein Zimmer im Water’s Edge Inn in Shelburne für mich mieten,
und in ein paar Tagen führen wir nach Halifax, um die Dinge dort zum Abschluss
zu bringen.
    »Könnte ich noch etwas
von dem Tee bekommen?«, sagte er. »Das ist wirklich ein wunderbares Getränk.«
    Vielleicht, dachte ich,
werde ich ihm eines Tages davon erzählen, wie ich mit meinem Vater in Bayo
Pfefferminztee getrunken habe. Aber fürs Erste wollte ich mehr über die Männer
erfahren, die der Sierra Leone Company vorstanden.
    Er sagte, zur Company
gehörten einige der führenden Abolitionisten Londons, unter anderem auch sein
Bruder Thomas Clarkson. Sie wollten eine profitable Kolonie in Afrika schaffen,
in der Schwarze arbeiten und in Ehren leben könnten und von der aus sich für
England ein ertragreicher Handel mit dem Rest der Welt treiben ließe – ein
Handel, der nicht vom Übel der Sklaverei abhing.
    Jede wache
Stunde widmete sich John Clarkson den Einzelheiten der Registrierung.
»Notwendige Höflichkeit« nannte er es, als wir dem Bürgermeister von Shelburne
einen Besuch abstatteten, obwohl wir doch wussten, dass er ein Gegner des
Abenteuers war. Der Bürgermeister sagte, die Neger würden auf der Überfahrt
sterben, von tropischen Krankheiten dahingerafft werden oder die naiven Europäer
verspeisen, die sie nach Guinea brächten.
    John Clarkson hörte in
den fünf Tagen, während derer sich die Bewohner von Birchtown für die

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