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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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in den Akten des Jahres 1535.«
    »Aha!«, sagte Cromwell. »Aber Ihr habt keine Abschrift bei Euch?«
    »Nein, leider nicht. Wir können aber eine herschicken lassen.«
    »Das wird Wochen dauern«, sagte Cromwell betrübt. »Und die Hochzeit – die natürlich ohne dieses Dokument nicht stattfinden kann – ist für diese Woche angesetzt. Ihr begreift, dass dies die Situation ändert. Es kann die Vermählung nicht feierlich begangen werden, wenn …«
    »Das ist kein Problem.« Sie redeten sogar einstimmig.
    »Ich fürchte doch.« Cromwell zeigte sich kalt.
    »Wir werden uns selbst als Sicherheiten für die Dokumente zur Verfügung stellen. Bindet uns, werft uns in den Kerker, sperrt uns ein, bis die Dokumente sicher in Eurer Hand sind. Wir sind Euer, und Ihr mögt mit uns tun, was Euch beliebt.«
    Diese Schwachköpfe! Ich wandte mich an Cranmer und den Bischof von Durham. »Was sagt Ihr dazu?«
    Ich erwartete, dass sie mir beipflichteten, aber sie schüttelten betrübt die Köpfe. »Nach unserer Ansicht besteht kein Hinderungsgrund für die Hochzeit.«
    »Es ist ein Hinderungsgrund, dass wir uns mit den ketzerischen Fürsten der Schmalkaldischen Liga verbünden«, verkündete Cromwell und wandte sich damit gegen sein eigenes Werk.
    »Weil der Papst dies sagt?«, fragte ich leise und offenbarte damit den schwachen Punkt dieses Arguments. Wahrlich, wir waren in einer Ecke gefangen, in die wir uns selbst zurückgezogen hatten. »Gibt es denn kein Mittel«, rief ich aus, »als dass ich mich unter das Joch beuge?« Ich fühlte mich wie ein Tier in der Falle, wie ein Opferstier.
    »Ich bin nicht gut beraten«, murmelte ich und schaute allen nacheinander ins Gesicht. »Nein, man hat mich nicht gut beraten in dieser Sache.«
    Will:
    Diese ominösen Worte markieren den Beginn von Cromwells Niedergang. Heinrich war jetzt davon überzeugt, dass sein oberster Minister die protestantische Allianz aus eigenen, heimlichen Gründen arrangiert hatte. Von da war es nur ein kleiner Schritt zu dem Glauben, Cromwell sei ein protestantischer Verschwörer, der die Kirche von England protestantisch machen wolle. Cromwell war zu schlau, als dass er sich im Falle Annas derart tölpelhaft hätte in die Irre führen lassen; folglich musste ein größerer Plan dahinterstecken.
    Heinrich VIII.:
    Anna war unter einem Vorwand (den gleichfalls Cromwell erdacht hatte) in Dartford aufgehalten worden, doch nun gab es keinen Grund mehr, weshalb sie ihre Reise nach London nicht fortsetzen sollte. Verdrossen gab ich die Anweisung, sie möge sich auf den Weg machen. Die großen Feierlichkeiten, die ich geplant hatte, dräuten jetzt höhnisch vor mir. Ich sollte mit einem Pferd verheiratet werden, in einer glitzernden öffentlichen Zeremonie und zu Schwindel erregenden Kosten. Ich sollte besagtes Pferd auf einer Heidewiese in der Nachbarschaft des Palastes zu Greenwich empfangen; goldene Zelte sollten dort aufgestellt werden und Pavillons aus Seide; ja, in diesem Augenblick ritt ein Herold in London umher und rief aus, dass alle, die ihren Herrn, den König, liebten, sich am zehnten Tag des Weihnachtsfestes nach Greenwich verfügen möchten, um die Lady Anna von Kleve dort zu sehen und ihr die Ehre zu geben, denn bald würde sie ihre Königin sein.
    Zu Zehntausenden folgten sie der königlichen Aufforderung; in hellen Scharen strömten sie in die Gegend von Greenwich und auf die freien Felder, die für den Empfang meiner vierten Braut bereitgemacht worden waren.
    Ich hatte seit zwei Nächten nicht mehr geschlafen und suchte nach einer rechtmäßigen Möglichkeit, diesen Albtraum zu verhindern. Aber es gab keine, und folgte ich auch den obskursten Argumentationen. Und wäre die Ehe erst geschlossen, wäre sie noch schwerer zu beenden, wie es ja leichter ist, ein unvollendetes Bauwerk zu verlassen, als ein fertiges abzureißen. Die Möglichkeit aber, mit Anna verheiratet zu bleiben, war undenkbar. Ich wollte es einfach nicht.
    Aber die Stunde rückte näher, da ich sie würde empfangen müssen.
    Der Morgen graute schon: Ich hörte auf, so zu tun, als sei noch Hoffnung auf Schlaf, und stieg steifbeinig die Stufen am Bett hinunter; ich achtete behutsam darauf, den armen Culpepper nicht zu wecken, der auf seinem Lager am Fuße des Bettes schlummerte. So leise es die Dunkelheit erlaubte, begab ich mich in meinen Gebetswinkel. Aber was mit einem Aufschrei zu Gott, Er möge mich von dieser Prüfung erlösen, begann, endete damit, dass ich Ihn bat, mir Seinen

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