Ich, Heinrich VIII.
trübseligen Reihen auf kahlen Dezemberästen hockten.
Dann kamen die »alten Männer«, allesamt strahlend in üppigen Farben und reichen Stoffen. Norfolk, als hoher Peer Englands, trug natürlich Samt; Suffolks Gewand war aus Brokat; auch Gardiner, der Bischof von Winchester und Anführer der kirchlichen Traditionalisten, und Wriothesley, sein Jünger, waren bunt gekleidet.
Endlich waren alle eingetroffen und hatten Platz genommen, um sich den Tagesgeschäften zu widmen. Da der König niemals persönlich an den Sitzungen des Staatsrates teilnahm, wussten sie, dass die Tagesordnung keine gewöhnliche sein konnte.
Ich erhob mich. »Meine guten Ratsherren und Diener« – ich betonte »guten« und »Diener« –, »ich bin hier, um Euch in eine geheime Angelegenheit meines Herzens einzuweihen.«
Sie schauten unbehaglich vor sich hin.
»Ja« – ich zog die Erklärung aus ihrer Hülle –, »nachdem ich guten Glaubens eine Ehe eingegangen bin und mich voll guter Absicht einer feierlichen Trauung unterzogen habe, stelle ich nun fest, dass meine Ehe keine wahre Ehe ist in den Augen Gottes und nach dem Gesetz der Menschen.«
Ich schaute ihnen in die Gesichter. Sie waren versteinert. Gut.
»Die Lady Anna von Kleve hatte, so scheint es, nicht die Freiheit, eine solche Ehe einzugehen. Sie wurde schon in ihrer Kindheit durch einen Vertrag dem heutigen Herzog von Lothringen versprochen. Dieser Vertrag ist offenbar in jeder Hinsicht verbindlich.«
Jetzt kam der schwierige Teil. Gott, wie war es mir verhasst!
»Unsere Leiber aber erkannten dies und weigerten sich, die Vereinigung einzugehen. Wir sind keusch geblieben und haben einander nicht erkannt.«
Der Graf von Southampton kicherte. Dann fielen die Übrigen ein, so sehr sie sich auch bemühten, ihre Heiterkeit zu unterdrücken. Je mehr sie versuchten, sie zu ersticken, desto stärker wurde sie.
Zum Teufel mit ihnen!
»Wünscht Ihr die genauen Einzelheiten zu hören?«, fragte ich in scharfem Ton. Es wurde so still, dass man es kaum hätte glauben mögen. »Also gut!« Tu es nicht, bat ein Teil meiner selbst. Doch, tu es nur!, höhnte ein anderer. Übertriff sie noch an Vulgarität und stürze sie in Verlegenheit. »Als ich das erste Mal ins Bett der Lady Anna kam, da fühlte ich an ihren Brüsten, dass sie keine junge Maid war; ihre Schlaffheit und das lose Fleisch an ihrem Bauch trafen mich in meinem Herzen, sodass ich weder den Willen noch den Mut aufbrachte, den Rest zu erkunden.«
Es war mehr, als sie erwartet hatten, und mehr, als sie wissen wollten.
»Und so habe ich ein Zeichen empfangen, und auch sie hat eines empfangen«, schloss ich ruhig. Ich legte zwei Stöße von Pergamenten auf den Tisch, den einen mit der linken, den anderen mit der rechten Hand.
»Dieses Papier hier« – ich klopfte auf die unter meiner Linken – »soll der Lady Anna zugestellt werden, die sich zurzeit in Richmond aufhält. Es umreißt die Vereinbarung, die ich mit ihr zu schließen wünsche. Schließlich ist sie eine Ausländerin in unserem Land und hat zweifellos Angst. Die Bedingungen sind äußerst großzügig, ihr Herren.« Und ich erläuterte sie – Rang, Privilegien, Einkommen. »Ich beauftrage Euch, Brandon, und Euch, Wyatt, ihr das Dokument noch am heutigen Tage zu überreichen.«
Bevor sie Zeit hatten, beklommene Gesichter zu machen, klopfte ich auf die Papiere unter meiner Rechten. »Dies sind Kirchenangelegenheiten«, erläuterte ich. »Sie sollen der Konvokation unterbreitet und von ihr gebilligt werden. Selbstverständlich wird die Kirche von England die Ehe für nichtig erklären, sodass wir beide frei sind, wieder zu heiraten.« Ich nickte Cranmer zu, und dieser kam, um die Papiere zu holen. Oh, welch ein Unterschied zu den Tagen Wolseys mit dem Legatsgericht und Campeggio und der Dekretskommission. Wie sauber und einfach heute alles war. Bei Sonnenuntergang wäre alles geschehen!
Sie schlurften hinaus, und einige verharrten kaum merklich für den Fall, dass ich mich noch mit ihnen beraten und ihnen ausführlicher darlegen wollte, was ich eben gesagt hatte. Ausführlicher darlegen? Ich hatte ihnen mehr gesagt, als ich jemals gewollt hatte, hatte mehr gesagt, als ein Mann, der bei Sinnen war, je würde sagen wollen.
Das alles war für Catherine, dachte ich. Für Catherine hatte ich mich so erniedrigt, mich zum Gegenstand von Lächerlichkeit und Spekulation gemacht. Aber die Liebe war eine grausame und wahnsinnige Herrin. Ich hatte gespürt, dass ich keine
Weitere Kostenlose Bücher