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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Pilgerschaft der Gnade begann in Lincolnshire. Ihre Anführer wurden hingerichtet, und andere ebenso. Aber der Geist, der Geist lebt weiter! Der Anblick zerstörter Klöster versetzt sie in Raserei. Sie wollen …«
    »Bei Gott!« Mir platzte der Kragen. »Ich habe Cromwell hinrichten lassen. Ja, aber genau das war doch eine ihrer Forderungen! Ich habe der Allianz mit Kleve und den deutschen Protestanten abgeschworen und eine Braut genommen, die so katholisch und aus alter Familie ist, wie sie sie nicht hätten erfinden können: Was können sie jetzt noch wollen?«
    »Sie wollen das Alte wieder haben.«
    »Was – und vielleicht wollen sie als Nächstes, dass das Römische Imperium wieder aufgerichtet werde, damit sie den Schutz einer freundlichen Garnison in York genießen können wie vor tausend Jahren? Vielleicht würde es ihnen auch gefallen, wenn der Hadrianswall wieder repariert würde – als ob der je einen Schotten aufgehalten hätte!«
    »Eure Majestät«, protestierte er, »ich spreche nicht im Namen der Schotten. Ich will den Rat vor möglichen Schwierigkeiten warnen.«
    »Ja, und das weiß ich zu schätzen. Eure Warnung habe ich wohl vernommen. Meine Schwierigkeiten kommen also aus dem Norden und nicht von jenseits des Ärmelkanals?«
    »Das ist auch meine Meinung«, warf Brandon honigsüß ein. »Wenngleich ich lieber auf dem Kontinent kämpfe.«
    »Ah, Eure Namen passen gut zu Euch. Norfolk für den Norden, Suffolk für den Süden.« Meine getreuen Kämpfer. Aber sie wurden alt. Wie lange würden sie meine Truppen noch in die Schlacht führen können? Norfolk war achtundsechzig, Brandon sechsundfünfzig.
    »Im Augenblick halten die Schotten Ruhe«, sagte ich nachdenklich. »Ich habe Alister MacDonald als Geisel, sozusagen. Das ist der junge Laird: Die Garantie dafür, dass sein Vater uns keine Schwierigkeiten machen wird. Aber der Lord der Inseln im Westen ist nicht das Gleiche wie die Regierung – was immer es da für eine Regierung geben mag.«
    Cranmer ergriff das Wort. »Im Norden hat man Euch nie gesehen«, sagte er einfach. »Für die Leute dort seid Ihr nur ein Name. Wenn sie Euch nur einmal leibhaftig sehen könnten …«
    Das stimmte. Es gab ein besonderes Band zwischen Menschen, die einander in die Augen geschaut hatten, und ich hatte dieses Band zwischen mir und meinen Untertanen schon am ersten Tage geknüpft, als ich zum Tower geritten war. Sie hatten mich angeschaut und gesehen, dass ich sie liebte, und nun waren sie mein. Aber meine Untertanen im Norden hatten mich nie gesehen. Die Londoner, die Menschen in Kent, ja, sogar die Franzosen hatten mich gesehen. Aber die in Lincolnshire, in Northumberland, in Yorkshire, in Schottland – die nicht.
    »Nun, dann werde ich hinfahren«, sagte ich, beinahe selbst erstaunt.
    »Eine Staatsreise«, drängte Bischof Gardiner. »Eine große Staatsreise, um Euch den Schotten zu zeigen, wie Ihr Euch einst den Franzosen gezeigt auf dem Felde des Goldenen Tuches.«
    Ja. Natürlich. Ich war verloren in dieser Vision, betäubt von den Möglichkeiten, die sie barg. Mit einem Schlag wären alle Probleme gelöst.
    Als wir den Ratssaal verließen, nahm ich Lord Clinton beim Arm. »Ihr werdet uns beherbergen«, sagte ich. »Ihr werdet uns die Gastfreundschaft des Nordens zeigen.« Er machte ein erfreutes Gesicht. »Und Lady Clinton? Ich hoffe doch, ihr wird es recht sein?«
    Wir sprachen von Mann zu Mann; die Tatsache, dass wir dieselbe Frau geliebt hatten, verband uns. »Bessie ist krank«, sagte er nach einer Pause. »Vielleicht bekommt ihr der Norden doch nicht gar so gut.«
    Unwillkürlich empfand ich Mitleid mit den Frauen; immer war es ihr Los, an Orten zu leben, die ihre Männer nach Lust und Laune erwählten. »Ist es …?«
    »Die Lunge.«
    Ja. Mir war aufgefallen, dass sie schwindsüchtig aussah, aber ich hatte diese Tatsache aus meinen Gedanken verdrängt. »Ich verstehe.« Es war unnötig, zu sagen, dass sie schon wieder gesund werden würde. Für die Schwindsucht gab es keine Heilung. Ich musste an Dr. Butts Worte denken, der gesagt hatte, sie habe sich offenbar die Tudors zu ihren Opfern auserkoren. Unversehens kam mir das Beingeschwür, wenn es tatsächlich ein Ersatz sein sollte, geringfügig vor.
    »Ich bin betrübt«, sagte ich schließlich und drückte ihm die Hand. Er nickte und wandte sich gesenkten Blicks ab.

    Bessie würde also in ihr Lincolnshire zurückkehren und einen letzten Sommer dort verleben. Hoffentlich würde es ein warmer

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