Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
Vom Netzwerk:
Diener … verzeiht mir, aber ich kann nicht …«
    »Ihr könnt Eurem König kein Nachtlager bieten?« Ich sprach mit leiser und sanfter Stimme. »Mehr will ich nicht. Meine Königin und ich sind müde, und wir möchten unsere verzweifelte Reise nach London unterbrechen. Wir verlangen nicht mehr als ein Bett und zwei kleine Mahlzeiten. Unsere Gesellschaft ist klein« – ich deutete auf meine Begleiter –, »und wenn sie hier nicht bequem untergebracht werden können, werden sie im Dorfe Platz finden.«
    »Nein, nein …« Er sprang auf und ab und wedelte mit den Armen. »Es ist reichlich Platz hier.«
    »Der Ärmste«, flüsterte Kate. »Eure königliche Gegenwart bringt ihn völlig aus dem Häuschen.«
    »Mein Lord Kämmerer Sandys hat dieses Haus erbaut«, sagte ich. »Oft bat er mich, zu kommen und bei ihm abzusteigen, aber ich bin nie dazu gekommen. Betrachtet es als eine Schuld, die ich einem loyalen Diener entgelte – eine Schuld, die ich zu lange vernachlässigt habe. Es ist eine persönliche Sache zwischen ihm und mir; sie betrifft Euch gar nicht.«
    Er verbeugte sich nervös. Ich wusste, was er mir zu sagen versuchte. Die unerwarteten Ereignisse stellen uns am härtesten auf die Probe. Ich legte den Finger auf meine Lippen. »Wir tun, was wir können. Und wenn wir das tun, ist es dem allmächtigen Gott genug.« Und jedem anderen auch, fügte ich bei mir hinzu. Was mich betraf, so war die größte Gunst, die er mir erweisen konnte, Stillschweigen und ein Bett.
    »Ja. Ja.« Er hörte nicht auf, sich zu verbeugen.
    Der Mann hieß Geoffrey Hornbuckle und war ein Kaufmann. Er importierte Stahlnägel und führte Pelze aus; William Sandys hatte er von frühester Kindheit an gekannt. Das ganze Dorf war stolz gewesen, als Sandys ausgezogen war, sein Glück bei Hofe zu machen; mehr Geld hatte allerdings Hornbuckle verdient, indem er in Basingstoke geblieben war. Aber das Volk kümmerte so etwas nicht; ein Vermögen, das bei Hofe erworben wurde, war immer etwas Magisches und besser als eines, das man daheim verdiente. Sandys Haus war der Neid des ganzen Dorfes gewesen. Und dann plötzlich stand es zum Verkauf, und Sandys lag in seinem Grab in der Pfarrkirche. Hornbuckle hatte das Anwesen gekauft, und dann hatte er sich verpflichtet und schuldig zugleich gefühlt. Sein Freund war tot; wie konnte er seinen Besitz übernehmen, in seinen Schuhen umhergehen? Aber zuzulassen, dass ein anderer es tat, erschien wie ein noch größerer Verrat. Schließlich hatte er sich zögernd erlaubt, das Anwesen in Besitz zu nehmen, wenngleich er sich noch jetzt eher wie ein Verwalter fühlte, wie der Bewahrer einer Erinnerung.
    »Ihr seid kein junger Mann«, antwortete ich ihm unverblümt. »Es kann sein, dass Euch der Luxus nicht vergönnt ist, Sandys Erinnerung noch jahrelang Eurem eigenen Leben vorzuziehen. Dieses Haus gehört jetzt Euch. Das müsst Ihr glauben.«
    Er lachte – immer ein Zeichen dafür, dass einer nichts hören will. »Möchtet Ihr gern die Kapelle sehen? Es gibt unglaubliche Buntglasfenster dort … zu Ehren der Tudors …«
    Ich lächelte und wedelte mit der Hand – ein Zeichen tiefsten Desinteresses. »Das Licht schwindet«, sagte ich, »und wir sind müde. Ich glaube, ich begebe mich lieber zur Ruhe. Würdet Ihr Eure Küche beauftragen, uns einige Erfrischungen zu schicken? Leichte Speisen nur. Dann wollen wir schlafen.«
    Er machte ein enttäuschtes Gesicht. Jetzt, da er sich an unsere Gegenwart gewöhnt hatte, wollte er auch, dass wir uns königlich benahmen und seinem Hause unseren Segen gaben.
    Wir waren in einem schönen Gemach im oberen Stockwerk untergebracht. Zu meiner Überraschung sah ich mein eigenes Wappen unter der Decke. Sandy hatte es dort zum Zeichen seiner Loyalität anbringen lassen.
    Aber ich war wirklich zu müde und zu krank im Herzen, als dass mir an diesem Hause etwas hätte liegen können. Meine Mary Rose war (nicht von Menschenhand) versenkt worden, und mein Reich wurde überfallen. Es schien, dass Gott mir wieder einmal Sein erzürntes Antlitz zeigte. Und diesmal wusste ich wirklich nicht, wo und wie ich Ihm Anstoß gegeben hatte.
    Erschöpft und ratlos kroch ich in das große, mit Schnitzereien verzierte Bett und schlief unverzüglich ein, obwohl es draußen immer noch dämmerte.
    Die Fenster gingen nach Norden, und so fiel keine Morgensonne herein. Trotzdem erwachte ich in aller Frühe, erregt und voller Unbehagen. Kate schlummerte noch friedlich an meiner Seite (denn der Kaufmann

Weitere Kostenlose Bücher